KOMMENTAR
Liebe Mittelhessenblogleser: Gerade ist in Essen der Verbandstag 2010 des Deutschen Journalistenverbands zu Ende gegangen. Über den Twitter gab es die Möglichkeit, diesen Verbandstag über die Kommentare und Nachrichten der diversen Delegierten zu verfolgen. Das Bild, das sich aus diesen Kommentaren zusammensetzt, ist nun Anlass für diesen Kommentar im Mittelhessenblog. Zur Erklärung, der Sitz des Mittelhessenblogs, mithin des freiberuflichen Journalisten, der hinter dem Blog steht, ist in Hessen. Hessen wiederum gehört, was Medienkonzentrationen betrifft, zu einem heiß umkämpften Pflaster. Gleichzeitig gehört Hessen auch zu einem der Bundesländer, in denen gerade freie hauptberufliche Journalisten einen schweren Stand haben, was die angemessene Honororierung ihrer Arbeit angeht. Dies gilt insbesondere für den Zeitungsmarkt. Auf Stundenlöhne umgerechnet, sind Sätze von 3 oder 4 Euro keine Seltenheit. Seit Februar 2010 nun gibt es eigentlich eine bundesweit gültige gemeinsame Vergütungsregelung zwischen dem DJV und dem Bund der Deutschen Zeitungsverleger, der genau diese Situation ändern soll. Getan hat sich nichts. Umso schärfer ging der Blick deswegen nach Essen. Aber auch hier hat sich außer heftigen Wortbeiträgen anscheinend nichts getan.
Das Internet ist aus unserem heutigen Leben nicht mehr wegzudenken. Das weltweite Netz hat in den vergangenen zehn Jahren eine rasante Verbreitung hinter sich gebracht. Heute gehören die neuen Kommunikationsmöglichkeiten wie sie Facebook oder Twitter bieten, zunehmend ebenfalls immer mehr zu einer selbstverständlich werdenden Form des Informationsaustausches. Diese Entwicklung hat inzwischen auch Auswirkungen auf die Entwicklung des Journalistenberufs. Wer es neben dem Heddesheimblog inzwischen auch erfolgreich vormacht, ist die Rhein-Zeitung mit ihrem Chefredakteur Christian Lindner an der Spitze. Was sich allerdings kaum oder im schlimmsten Fall seit gut 20 Jahren nicht geändert hat, ist die Art und Weise wie journalistische Arbeit im Falle von fest angestellten Journalisten immer drückender geworden ist und die Stagnation der Honorierung der Arbeit freier Journalisten. Der DJV setzt sich heute aus mehr als 60 Prozent freier hauptberuflich tätiger Journalisten zusammen. Zeit also, dieser Entwicklung Rechnung zu tragen.
Das Mittelhessenblog hat dazu einen Thesenvorschlag entwickelt und bittet um rege Kommentierung. Auch junge Blogleser sind gefragt. Denn in der Luft liegt das Gerücht, dass gerade junge Leser heute wieder Wert auf Qualitätsjournalismus setzen, der soll aber kostenlos bleiben. Ob das wirklich so ist und welche Vorschläge kommen, wie dann die Arbeit der Journalisten bezahlt werden soll, die Kommentare werden vielleicht Ideen liefern
Thesenvorschlag:
1. Der DJV sollte der Veränderung seiner Mitgliederschaft endlich Rechnung tragen und im Namen eher den berufsverbandlichen Charakter ausdrücken – mit dem Hinweis, dass die Interessen der festangestellten und arbeitnehmerähnlichen Kollegen mit vertreten werden.
2. Ungeachtet der Tatsache, dass der Beruf des Journalisten oder des Redakteurs kein reglementierter Beruf ist, sollte politisch für die Einführung einer verbindlichen Honorarordnung gekämpft werden, wie sie bei Ärzten, Anwälten und den Angehörigen anderer freien Berufe üblich ist.
3. Ein Weg dies zu untermauern, wäre dem Beruf des Journalisten einen verfassungsmäßigen Rang als publizistische Kontrollinstanz über die Einhaltung der verfassungsmäßig garantierten Grundrechte und demokratisch legitimierten Gestaltungselemente (Gewaltenteilung) unserer Gesellschaft einzuräumen.
3a. Dies würde allerdings bedeuten, dass Journalisten zumindest eine grundlegende Kenntnis über politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Mechanismen nachweisen sollten.
3b. Da Sprache das zentrale Werkzeug des Denkens, der Verständigung und der Wissensvermittlung ist, sollte mit als Grundlage für die hauptberufliche Tätigkeit eines Journalisten definiert werden, dass diese Sprache klar und unmißverständlich sein sollte.
4. Aus 3 und 3a ergibt sich zwangsläufig eine Reaktion auf den Wandel des rein beobachtenden Journalisten hin zum kommentierenden, moderierenden Journalisten. Gerade dieser Wandel fordert umso mehr eine klare Sprache, die gegebenenfalls das Gegenüber ebenfalls zu einer klaren Sprache zwingt (Praxisbeispiel: Politikersprache im Verhältnis zu normalem Alltagshochdeutsch).
5. Die Tatsache, dass sich die Bürgerschaft immer mehr in die politische Gestaltung aktiv einmischt, bietet dem Journalismus neue Möglichkeiten, der allerdings das gewohnte Meinungsprägebild zum Schwanken bringen könnte:
Zusammenhänge nach journalistischen Grundsätzen zu recherchieren und aufzubereiten könnte dazu führen, dass „Geschichten“ nicht mehr in den klassischen etablierten Zeitungen stattfinden, sondern auf und in den diversen Online-Plattformen. Die Bezahlung könnte hierbei aus der Mitte der Bürgerschaft geschehen.
Dass könnte wie im Fall der Ruhrbarone dazu führen, dass plötzlich aus einem reinen Onlinemedium auch ein gedrucktes Medium wird.
Insgesamt würde diese Entwicklung jedenfalls wieder mehr echte publizistische Vielfalt bedeuten und den vielfältigen Meinungs‑, Gedanken- und Überzeugungsbildern in einer pluralistischen Gesellschaft wieder eher gerecht werden.
Schlussbemerkung:
Hierin liegt die eigentliche Chance für einen modernen zeitgemäßen Journalismus und den Journalistenberuf. Diejenigen Journalisten, die das verstehen und angehen, werden in absehbarer Zeit einen besseren Stand haben als diejenigen, die sich an die überkommenen Verhaltensmuster klammern ohne sie anpassen zu wollen.
Was zählt, sind Ehrlichkeit und Unbestechlichkeit. Dies dürfte von einer misstrauisch gewordenen Bürgerschaft am ehesten anerkannt und honoriert werden.
Die offiziellen Pressemitteilungen des DJV zum Verbandstag 2010 finden sich hier: DJV (Stand 11. November 2010)
Ein ebenfalls lesenwerter Blogkommentar zum Verbandstag findet sich hier : JaKBlog
Hier geht es ab zum Heddesheimblog und zur Rhein-Zeitung
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