Was haben der Club of Rome, ein Stau in Gießen und der Frankfurter Flughafen miteinander zu tun? Eine ganze Menge. Das Buch, das von Club-of-Rome-Forscher Ugo Bardi jetzt vorlegt wurde, noch mehr. Wer es eilig hat, kann den Titel am Ende dieses Artikels lesen. Wer sich Zeit nimmt, liest diese Zeilen und nähert sich damit ein wenig den Grundgedanken Bardis.
Die Straßenbaustellen rund um Gießen und auf der A 5 Richtung Frankfurt machen es deutlich: Sobald etwas den gewohnten Verkehr blockiert, bilden sich zu den Stoßzeiten schnell Staus. Aus den 140‑, 170- oder auch 200-PS-Fahrzeugen werden urplötzlich überdimensionierte Schnecken. Fast-Stehzeuge. Macht man einen Abstecher zum Frankfurter Flughafen, reicht ein Viertelstundenaufenthalt, um zu erleben, in welcher Taktung Flugzeuge starten und landen: Maximal zwei Minuten. Aber plötzlich keine Autos und keine Flugzeuge mehr. Ein Abstecher nach Gießen oder Marburg wird dann wieder zu einer tagesfüllenden Beschäftigung: Mit dem Fahrrad oder der Kutsche? Fernreisen finden dann wieder mit dem Schiff statt? Es wäre eine einschneidende Entwicklung.
Doch keine „Spinnerei“?
Spinnerei oder in absehbarer Zeit greifbare Entwicklung? Die Versuche, Alternativen zum fossilen Treibstoff zu entwickeln sind bekannt. Große Hoffnungen setzte man beim Auto erst auf den Biodiesel. Im Hochtaunuskreis und im Landkreis Gießen entstanden Ende der 90er Jahre und mit dem beginnenden neuen Jahrhundert die ersten Biodieseltankstellen und wer die Warnungen der etablierten Autohersteller in den Wind schlug, traute sich an Pflanzenölmotoren heran. Das war einmal und klingt wie ein Märchen aus 1000-und-1-Nacht. Es war vor der Zeit, als die Grünen vorschlugen, der Liter Benzin sollte fünf Mark kosten. Nun, umgerechnet auf Euro, ist man von dieser Grenze bald nicht mehr weit entfernt. Und ein ehemaliger hessischer CDU-Landwirtschaftsminister, Wilhelm Dietzel, machte sich zu einer Zeit für alternative Energien stark, als er dafür auch von seinen Parteifreunden als „Spinner“ abgetan wurde. Inzwischen gibt es keine Biodieseltankstellen mehr, stattdessen eine generelle 7‑Prozent-Beimischung im Normaldiesel. Im Internet geistern die Biodieseltankstellen dagegen weiter herum (etwa Mandler in Heuchelheim). Inwieweit diese Beimischung tauglich für moderne Dieselmotoren ist, das ist eine andere Frage.
Die Grundlagen für derartige „Spinnereien“ wurden zu einer Zeit gelegt, als die meisten, die diese Zeilen hier lesen, vermutlich noch nicht oder gerade geboren waren oder bestenfalls gerade den Sprung aus der Grundschule in eine weiterführende Schule geschafft hatten: Es waren die Gründer des Club of Rome, die 1972 mit einem Report Schlagzeilen machten: „Die Grenzen des Wachstums“. Die meisten ihrer Vorhersagen sind inzwischen eingetroffen. Die aktuellen Hochwasser im Osten und Süden Deutschlands sind ein Teil dieser Entwicklung, vor der der Club of Rome gewarnt hatte. Die Frage ist nur, wie ernst werden diese Anzeichen genommen? Die Stürme Wiebke (1990), Lothar (1999) und zuletzt Kyrill (2007) haben es in die Liste der flächendeckenden Wetterphänomene mit weitreichenden Folgen bei Wikipedia geschafft. Kyrill selber veranlasste etwa die hessische Forstwirtschaft, den Wald anders zu planen. Kyrill hatte im Januar zugeschlagen. Wenige Monate später im Mai zog wieder ein Sturmfront über Deutschland hinweg.
In der mittelhessischen Region sorgten zwei Tornados in den Jahren 2008 und 2010 für Verwüstungen
Damals hieß es: „Die Fichte passt nicht mehr in unsere Region. Sie anzubauen, war ohnehin ein Fehler. Die Fichte kommt mit den veränderten Bedingungen nicht mehr zurecht. Wir nehmen jetzt Douglasien“. Heute, sechs Jahre danach, wird in Waldschauen der Bevölkerung erklärt, wieso man doch wieder zur Fichte zurückkehre: Sie sei wirtschaftlicher als die Douglasie. Vor sechs Jahren wurde noch kritisiert, die Vorgängergeneration der Forstverwaltung sei nur an der schnellen Aufforstung interessiert gewesen und habe so der Monokultur Vorschub geleistet, mit allen bekannten Folgen einschließlich falscher Standortwahl. Heute nun also wieder die Rückkehr. Wer hat nun Recht. Die Mahner um den Club of Rome, die Anfang der 70er vor den heute eingetretenen Fehlentwicklungen warnen, Klimaforscher wie der Frankfurter Professor Christian Schönwiese. Oder diejenigen, die sagen:„Alles viel zu hoch gehängt. Die aktuellen Klimaschwankungen sind weitestgehend nicht menschengemacht sondern haben etwas mit den natürlichen langfristigen Klimaveränderungen auf der Erde zu tun?“
Nun legt der Club of Rome also nach. Mit einer neuen Brandschrift, die aufrütteln soll. Es geht darum, dass unsere Rohstoffe zur Neige gehen in absehbarer Zeit, einer Zeit, die wohl die heute 40‑,50‑, und 60-jährigen noch erleben dürften. Von der Kinder- und Enkelgeneration ganz zu schweigen. Das Prinzip „Die Sintflut nach mir“ dürfte da nicht mehr funktionieren. Denn anders als beim Klima kann man sich nicht auf natürliche normale Langzeitentwicklungen zurückziehen.
Nur noch zehn Jahre Zeit?
Nun hat der italienische Wissenschaftler Ugo Bardi mit „Der geplünderte Planet“ in Berlin den 33. Bericht an den Club of Rome vorgelegt. Darin skizziert der Chemiker und Analyst den Rückgang der Metalle und Bodenschätze, die das Rückgrat unserer modernen industriell geprägten Zivilisation bilden. Die Zeitspanne, in der sich bei aktuellen Konsumgewohnheiten die Verfügbarkeit dieser Rohstoffe (Phosphat, fossile Brennstoffe, Uran, Kupfer, seltene Erden) reduzieren wird, umfasst rund zehn Jahre. Bardi spricht nicht davon, dass diese Rohstoffe gänzlich zur Neige gehen. Aber er spricht davon, dass sich bei den derzeitigen Bedingungen die Gewinnung dieser Rohstoffe immer weiter verteuern würde, so dass sie irgendwann einfach zu teuer würden. Damit könne es passieren, dass im Prinzip die gesamte Menschheit sich wieder auf ein vorindustrielles Niveau entwickeln würde. Bardi schließt, um den gewohnten Standard zu erhalten, einen radikalen Umbau und Verzicht auf liebgewonnene Bequemlichkeiten nicht aus. So sei es durchaus vorstellbar, dass man auf Auto und Flugzeug verzichten müsse, dafür aber mit der konsequneten Umstellung der Stromerzeugung auf andere als die fossilen Energieträger etwa das Internet, Kommunikation über Ferndistanzen oder sichere Ernährung bewahren könne.
Presseerklärung des Club of Rome zu „Der geplünderte Planet“
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