Schäfer-Gümbel und Schild sind die beiden Neuen
In ihrer mittelhessischen Heimat haben sich Thorsten Schäfer-Gümbel und Armin Schild schon längst einen Namen gemacht. Schäfer-Gümbel von der Pike auf, schon als Student in Gießen politisch aktiv, Schild hat sich einen Namen als Gewerkschafter in der IG Metall gemacht. Die Wurzeln ihrer Arbeit liegen in einer Region, die sich zum einen mit einer deutschlandweit überdurchschnittlich hohen Studentendichte schmücken kann, zum anderen aber immer wieder mit ihrer Arbeitslosenzahl auch wieder über dem üblichen Schnitt lag und liegt. Noch etwas anderes kennzeichnet diese Region: Eine hohe Medienkonzentration mit vier Tageszeitungen, Studios öffentlich-rechtlicher und privater Sender, diversen Anzeigenblättern, aufs überwiegend studentische Publikum zugeschnittenen Magazinen im klassischen journalistischen Bereich sowie unterschiedlich ausgerichteten Projekten freier Publizisten und Journalisten. Vor diesem Hintergund gewinnen die neue Initiative D64 und das Thema Vorratsdatenspeicherung eine ganz spezielle Note – nicht nur aus mittelhessischer Sicht.
Im hessischen Landtagswahlkampf von 2008 zählte Schäfer-Gümbel noch zum Umfeld der damaligen hessischen SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti und damit eindeutig zum linken Flügel der Partei. Ypsilantis Politikkurs und ihr damit verbundenes Scheitern als Nachfolgerin Roland Kochs im Amt des Ministerpräsidenten veranlassten Schäfer-Gümbel indes auf Distanz zu ihr zu gehen.Jetzt, mit Blick auf die hessischen Landtagswahlen 2013/14 hat Schäfer-Gümbel allerdings die Position der SPD als „mitte links“ beschrieben. Sie sei jetzt dort, wohin sie gehöre. Gernot Grumbach, der ebenfalls zum engeren Flügel Ypsilantis gehörte und aus dem Finanzplatz Frankfurt stammt, konnte sich bei den aktuellen Wahlen zum Bundesvorstand nicht durchsetzen. Offiziell wird dies mit einer Verkleinerung des Vorstands begründet.
Mit Armin Schild zieht ein Mann in den SPD-Bundesvorstand ein, der aufgrund seiner Vita durchaus als eng mit der Wirtschaft verbundener Mann gelten kann.
Beide, Schäfer-Gümbel und Schild, kommen zu einer Zeit, in der die SPD sich gleich an mehreren Fronten dagegen wehren muss, weiter zu abzuschmelzen. Zwar haben die jüngsten Landtagswahlen der SPD wieder Stimmen gebracht. Nur: Aktuell bewegt sich die Mitgliederzahl knapp unter einer halben Million. So tief wie noch nie seit rund 100 Jahren.
Könnte ein Mann wie Schild als Vertreter des klassischen Wählerpotenzials der SPD gesehen werden, so könnte „TSG“ , wie Thorsten Schäfer-Gümbel auch genannt wird, mit seinem Engagement für den Ausbau erneuerbarer Energien der Mann für potentielle Grünenwähler sein.
Auch wenn es ums Internet und seine Möglichkeiten geht, dürfte TSG der richtige Mann sein. Zumindest sein Wahlkampf, den er unter anderem mit Twitter geführt hatte, brachte ihn in die Schlagzeilen. Und gemeinsam mit Twitter und Facebook gehören diese beiden Werkzeuge interaktiven Auftretens im Internet auf seiner offiziellen Homepage zum Standard. Hinzu mag kommen, dass gerade im Landkreis Gießen, seinem Heimatkreis, gerade ein Pilotprojekt zum Ausbau der schnellen DSL-Leitungen gefahren wird, das nicht nur in Hessen Aufmerksamkeit erregt. Das Mittelhessenblog hatte darüber am 17. September berichtet. Sprich, sowohl Schäfer-Gümbel und Schild könnten das Zeug haben, gerade auch in diesem Punkt zu Schwergewichten im Vorstand ihrer Partei zu werden.
Angesichts aktueller politischer Vorhaben der SPD bleibt abzuwarten, wie beide den Kurs der ältesten demokratischen Partei Deutschlands werden beeinflussen können. Aus Sicht freier Journalisten, vieler freiberuflich tätiger kreativer Menschen in Deutschland bleibt abzuwarten, inwieweit TSG und Armin Schild es schaffen könnten, einen drohenden Angriff auf das Urheberrecht abzuwehren. Das Netzwerk, das Schäfer-Gümbel sich inzwischen geschaffen hat oder in das er im Laufe seiner politischen Arbeit hingewachsen ist, könnte Schäfer-Gümbel zumindest diese Möglichkeit bieten.
Denn mit der Initiative D64 gibt es den Versuch, das deutsche Urheberrecht völlig umzukrempeln und an Verhältnisse anzupassen, wie sie etwa auf dem US-Amerikanischen Markt bekannt sind – unter dem Schlagwort „Fair Use“. Und hier könnte TSG sein Netzwerk im Sinne der unzähligen freien Journalisten, Autoren, Künstler, kurz jedes Kreativen nutzen, der auf die Einkünfte aus der Verwertung seines Urheberechts zwingend angewiesen ist. Mit Valentina Kerst, Inhaberin und Geschäftsführerin einer Internetberatungsfirma gehört eine Parteigenossin zu D64 – als stellvertretende Vorstandsvorsitzende. Kerst gehört, so klärt ihr Profil bei D64 auf, auch zum Gesprächskreis Netzpolitik des SPD-Parteivorstands. Also dem Organ, in das TSG nun mit Schild hineingewählt wurde. Für die beiden also eine Chance, den Einfluss des neu gegründeten Lobbyistenvereins gar nicht erst so stark werden zu lassen – Wie ehedem als unter der Regierung Schröder Gesetze faktisch immer mehr dem Einwirken der Lobbyisten ausgeliefert waren. Dass Schröder zumindest als „Pate“ für den Einfluss der Lobbyismusverbände auf den Gesetzgeber gelten darf, belegt unter anderem die Plattform Lobbypedia.
Die Hauptkritik an der Initiative, die damit auch deren Glaubwürdigkeit in Zweifel zieht, richtet sich gegen die personelle Zusammensetzung. Denn zum Gründungskreis gehört die Führungsriege unter anderem von Facebook und Google, wie sowohl das Freienblog des DJV wie auch Felix Schwenzel auf wirres.net melden.
Geht man von dem Einfluss aus, den Pressesprecher haben können, passt die Einordnung in die Führungsriege. Geht es um Unternehmen, deren Geschäft die Vermarktung von Daten und Informationen ist, gilt dies erst recht. Geht es um Unternehmen wie Facebook und Google, umso mehr. Deswegen kann man mit Fug und Recht behaupten, dass sich mit diesen Personenkreis durchaus Mitglieder einer Internetelite an der Gründung des Vereins beteiligt haben. In dieser Auffassung ist sich allerdings Vera Bunse in ihrem Blog kaffeebeimir zur Zeit noch nicht sicher.
In ähnlicher Weise wie die SPD hatten die Grünen einen Vorstoß auf ihrem Delegiertentag in Kiel gewagt. Die entsprechende Passage aus dem vorläufigen Beschluss des Bundesdelegiertentages kann hier abgerufen werden.
Weiterführende Links: Armin Schild, Thorsten Schäfer-Gümbel, Initiative D64 , Medienkonzentration in Mittelhessen
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