Liebe Mittelhessenblogleser: Nun ist sie also mitten unter uns, die Terrorgefahr. Die vorsorgliche Bewaffnung wird hochgefahren, mit maschinenpistolenbewaffneten und durch kugelsichere Westen geschützten Bundespolizisten. Gleichzeitig bestimmt die Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung die Schlagzeilen. Innenminister Thomas de Maiziere, vor kurzem noch für seine laxe Haltung gescholten nach der vor dem Bundeskanzleramt abgefangenen Paketbombe, hat nun die Tonart geändert. Und die Innenminister der Länder beraten, was zu tun sei. In Mittelhessen, genauer gesagt in Gießen, gab es Anfang der 90-er Jahre ein ähnliches Szenario. Insgesamt aber gab es die Grundstimmung für eine Einschränkung der Bürgerrechte zur „inneren Gefahrenabwehr“ aber schon: Seit 1958 und spätestens seit 1968.
Lange vor dem 9. September 2001 war es der erste Golfkrieg, der die US-Streitkräfte einen Terroranschlag auf Einrichtungen der US-Armee in Europa fürchten ließ. Ein mögliches Ziel war das US-Depot in Gießen. Plötzlich bestimmten Zäune um die Wohnbereiche der US-Armee, bis auf die Zähne bewaffnete Soldaten und gepanzerte Truppenfahrzeuge das Gießener Straßenbild. Auswirkungen auf die Beschneidung von Bürgerrechten waren dafür, jedenfalls was den deutschen Teil der Bevölkerung betraf, offiziell nicht bekannt.
Geht der Blick weiter in die Geschichte, in die der alten Bundesrepublik Deutschland, gibt es allerdings einen Zeitpunkt, der einen jähen Einschnitt in Bürgerrechte bedeutete: Das Jahr 1968. Den älteren Lesern des Mittelhessenblogs dürfte diese Zeit sicher bestens bekannt sein: Die Studentenunruhen aus Frankreich überschwappend waren in Westdeutschland angekommen. 1968 war die Zeit der Kaufhausbrandstiftungen, eines Sternmarschs auf Bonn wegen der befürchteten Einschränkung der im Grundgesetz garantierten Bürgerrechte, unter anderem auf die Unantastbarkeit der Wohnung, des Fernmeldegeheimnisses und der Freizügigkeit (dem Recht, sich frei und ungehindert zu bewegen) sowie der Versammlungsfreiheit.
Damals wurden gegen die Stimmen der FDP und Teile der SPD von der damaligen Großen Koalition die Notstandsgesetze verabschiedet, die unter anderem im Fall des inneren Notstands die weitestgehende Einschränkung der Bürgerrechte und den Einsatz der Bundeswehr und des Bundesgrenzschutzes zur inneren Gefahrenabwehr vorsehen. Näheres hierzu verraten einschlägige Fundstellen in der Wikipedia oder im virtuellen Haus der deutschen Geschichte.
Die Forderungen nach einer Verschärfung der Gesetze wurden im Zuge der RAF-Attentate lauter, führten teilweise auch zu einer Veränderung des Strafrechts und des Strafprozessrechts.
Nun, angesichts der Entwicklung seit dem 11. September 2001, den verschiedenen Attentaten, die seither Islamisten zugeschrieben werden, beschäftigt die Diskussion um die Einschränkung der Bürgerrechte erneut die Debatte. Vorratsdatenspeicherung und die sogenannten Körper-Scanner sind die prominentesten Beispiele dieser Diskussion. Dass etwas getan werden muss, um eine mögliche Gefahr für die innere Sicherheit abzuwehren, ist offensichtlich. Was allerdings stutzig macht: Die zeitliche Parallelität dieser Diskussionen und das Bekanntwerden gerade eben noch verhinderter Attentate oder Attentatsvorbereitung. In diesem Punkt tauchen unter dem Aspekt der Erhaltung einer demokratischen und freiheitlichen Grundordnung westlicher Lesart in der Tat mehr Fragen auf als plausible und ehrliche Antworten aus der Politik kommen.
Das Mittelhessenblog behält sich an dieser Stelle vor, einen Fragenkatalog zu formulieren und diesen als offenen Brief an den Bundesinnenminister und das Bundeskanzleramt zu dokumentieren.
buch leser meint
Wenn man die Terrorwarnungen unserer Regierung Ernst nimmt, dann darf man dieses Jahr wohl keinen Weihnachtsmarkt mehr besuchen. Auch grössere Ansammlungen von Menschen soll man meiden. Wie in spiegel online zu lesen ist, kennt man wohl die Hintermänner, z.B. liest man da: In seinem Versteck in Waziristan stapelten sich Sprengstoffwesten, sein Netzwerk reicht bis nach Europa: Der Pakistaner Ilyas Kashmiri gilt als möglicher Hintermann der Terrorpläne, vor denen die Bundesregierung warnt. Ich frage mich, warum man dies zulässt, auf der einen Seite zahlen wir da soviel Entwicklungshilfe und sonstige Unterstützung und trotzdem lässt man zu, dass die dortige Regierung solche Leute agieren lässt. Das verstehe ich nicht.