Um die Milch geht es den Bauern in Brüssel. Darum, dass sie bessere Erzeugerpreise bekommen. Ein Anliegen, dass etwa auch von den Grünen in aller Form unterstützt wird. Doch anscheinend spielte ein anderes Agrarprodukt ebenfalls eine Rolle beim Protestzug mehr als 2500 Bauern auf rund 1000 Schleppern; begleitet von Kollegen auf Pickups und in Bussen: Bier. Der Gerstensaft soll bei diversen Zugteilnehmern dafür gesorgt haben, dass nicht nur die Schlepper voll getankt waren, sondern offensichtlich auch Bauern „getankt“ hatten. Nicht nur Frust, sondern eben auch zuviel Alkohol. Diese Beobachtung übermittelten Leser des Mittelhessenblog kurz nach der Veröffentlichung des Mittelhessenblogartikels über den Protestzug in Kommentaren im sozialen Netzwerk Facebook Mit diesen Vorwürfen konfrontiert, stellte der hessische Vorsitzende des Bundes Deutscher Milchviehhalter, Stefan Mann im Gespräch mit der Mittelhessenblog-Redaktion fest: „Das ist sicherlich bedauerlich. Aber soweit es die deutschen Bauern betrifft, die zum größten Teil mit ihren Schleppern unterwegs sind, kann ich nur diszipliniertes Verhalten bestätigen. Es ist aber wohl so, dass sich einige der belgischen und französischen Kollegen Mut angetrunken hatten. Wir haben es sicherlich auch mit unterschiedlichen Mentalitäten zu tun.“
In einer aktuellen Pressemitteilung (zu finden auf der Seite „Zugesandte Pressemitteilungen“, Überschrift: Schlepperfahrt der europäischen Milchbauern nach Brüssel – Demonstrationen in Brüssel halten noch an)
spricht der BDM von Bauern aus Italien, Österreich, der Schweiz, den Niederlanden, Polen, Frankreich, Dänemark und anderen europäischen Ländern, die zum Protest nach Brüssel gereist waren.
Kommentar: Der Druck ist groß auf der Bauernschaft. Bei den Milchbauern wird es offensichtlich. Sie haben mit niedrigen Erzeugerpreisen und hohen Investitionskosten zu kämpfen. Mancher ist schon nicht mehr Herr auf dem ehemals eigenen Hof. Dank der Technisierung ist die Landwirtschaft dabei, dass die Zahl der Landwirte immer geringer wird, während die Flächen größer werden. Sprich: Dass es den Bauern im Dorf gibt, ist ohnehin ein seltener Anblick geworden. Höchstens dort, wo der Anblick aus touristischen Gründen gesellschaftlich noch akzeptiert wird. Oder dort, wo Schulbauernhöfe selbst Landkindern inzwischen das nahe bringen sollen, was es heute „im Regal gibt“.
Pöbelnde Bauern: Sicherlich ärgerlich. Ärgerlich mag auch die Wahrnehmung sein, dass die Bauern in Brüssel die Milch verspritzen. Nur: Politik und Gesellschaft müssen sich dies fragen lassen: Wollt ihr bei den Sonntagsreden bleiben und klammheimlich dabei zu sehen, wie die regionale Vielfalt hinter Marken und Namen verschwindet, hinter denen tatsächlich nur noch einige wenige Konzerne stehen – die das, soweit es um Molkereien geht, mit notwendigen Konsolidierungen begründen? Oder wollt Ihr der Regionalität, der echten, wieder auf die Beine helfen? Wo die Milch in Mittelhessen etwa tatsächlich aus Mittelhessen kommt und nicht erst 500 Kilometer durch Deutschland gekarrt wird. Oder meinetwegen auch aus Südhessen nach Nordhessen und umgekehrt? Die gleiche Frage könnte man in Belgien, Frankreich, Dänemark stellen, jedem Milcherzeugerland in Europa. Und es geht dabei schon längst nicht mehr nur um die Milch, sondern buchstäblich jedes Stück Brot, jeden Apfel, nahezu jedes Stück Fleisch, das Ihr esst. Egal ob Politiker, Vorstandsvorsitzende® oder einfache Malocher. Wenn Ihr das wollt, dann ärgert Euch über die pöbelnden Bauern ‑aber denkt daran, dass es vielleicht nur so öffentlich wird. Mit bravem Händeschütteln und netten Flaggenbildern wird das vermutlich nichts .
Schreibe einen Kommentar