Timo Deckert zeigt auf die Boote, die neben ihm liegen und an der Anlegestelle festgemacht sind. Seit Ende Mai ist die Welt für den Bootsverleiher aus Staufenberg wieder in Ordnung. Denn: Auch Tretboote darf er seit Ende Mai wieder vermieten.
Inzwischen sei die Saison wieder „verhältnismäßig gut“ angelaufen, sagt Deckert. Er ist Inhaber des Staufenberger Bootsverleih Loganatours. Vor allem an den Wochenenden kämen die Leute. Die meisten mieten die Tretboote für eine halbe oder eine Stunde, um entweder Richtung Marburg oder Richtung Gießen zu fahren. Wobei der Wasserstand der Lahn entscheidend sei. Bis Ende Mai habe er coronabedingt die Tretboote nicht vermieten dürfen. Kanus dagegen schon. Der Grund: „Kanu wurde als Sportart bezeichnet. Tretbootfahren gilt dagegen als Freizeitaktivität. Wir haben uns zwar daran gehalten. Aber die Regelung haben wir damals nicht verstanden und heute nicht. Beides ist Bewegung und beides findet draußen statt“, wundert sich Deckert immer noch.
Nach den ergiebigen Regenfällen, die vor allem in der Eifel zur Hochwasserkatastrophe geführt hatten, hatte auch die Lahn mehr Wasser als üblich. Doch inzwischen habe sich der Pegel wieder normalisiert. Das Hochwasserlagezentrum beim Regierungspräsidium Gießen verweist auf seiner Website auf die Nebengewässer der Lahn, deren Werte automatisch erfasst werden. Dort, für den 30. Juli 2021 zumindest, ist die Lage ruhig. Der Pegel gleichbleibend.
Solange die Lahn so viel Wasser führe, gehöre etwas Geschick zum Tretbootfahren. „Halten Sie sich rechts, dann ist die Strömung nicht so stark. Und unter der Brücke gegen die Strömung? Das würde ich nicht empfehlen. Ich bin selber kaum durchgekommen“, rät Deckert.
Ein Selbstversuch
Was dann kommt, ist ein Selbstversuch: Mit dem Flamingotretboot auf die Lahn. Fünf bis sechs Zentimeter über normal führt sie an diesem Mittwoch. So lautet jedenfalls die Information, die Deckert mit auf den Weg gibt. Man glaubt es auch ohne diese Zusatzinformation: Dort, bei der Brücke zwischen Odenhausen und Friedelhausen, schießt die Lahn leicht gurgelnd der Anlegestelle entgegen. Das Wasser verteilt sich zwar schnell im schnell wieder breiter werdenden Flussbett. Aber eben die Passage, die man sonst mit etwas Schwung schafft, sieht an dem Tag nicht so aus, als ob man mit dem Riesengefährt Flamingotretboot die Passage einfach durchfahren kann.
Die Entscheidung wird einem abgenommen: Flussabwärts geht es.. Richtung Gießen. Gespannt, wie weit die Strömung den Flamingo treibt. Natürlich unterstützt durch zwei Beinpaare. Die Strecke rund 1,6 Kilometer. An Land eigentlich keine Entfernung. Aber zu Wasser? In einem Tretboot? Von der Anlegestelle in Odenhausen bis kurz hinter dem Campingplatz Lahnblick trägt uns die Strömung relativ flott. Knapp 25 Minuten dauert es, bis die Brücke zwischen Ruttershausen und Lollar in Sichtweite kommt. Rechter Hand zieht ein Angler schnell seine Leine ein. Mit einem Boot hat er nicht gerechnet. Mit einem Tretboot schon mal gar nicht.
Dann ist der Campingplatz Lahnblick erreicht. Die Flussseite wirkt idyllisch. Die Landseite ist Geschmackssache. Aber die Mehrzahl der Wohnwagen und Zelte hat ihre offene Seite zur Lahn. Durch die kurzgeschnittenen Uferweiden, deren Triebe wieder nachwachsen, wirkt die Szene nahezu mediterran: Die Weiden wirken auf den ersten Blick wie Palmen.
Unser Flamingo ist an diesem späten Mittwochnachmittag dann auch das einzige Boot. Mal abgesehen von der Galerie an Tretbooten, die wir dann an den diversen privaten Anlegestellen entdecken. Wie es scheint, haben sich doch etliche ihre eigenen Tretboote angeschafft, um bei gutem Wetter und vielleicht etwas weniger Strömung unterwegs zu sein.
Der Rückweg wird dann doch ein gewisse Herausforderung. Weniger dort, wo die Lahn schön breit ist, sondern an den schmaleren Stellen. Die einzige Brücke auf dem Weg, die Mittelbrücke, stellt dann das Haupthindernis dar. Link und rechts geht es nicht. Zweige reichen dicht aufs Wasser oder es wird zu flach. Und im Fluss selber gibt es ein, zwei Stellen, bei denen man dann in die Mitte fahren muss, will man nicht von einem Blätterdach ins nächste. Was mit dem hochaufragenden Flamingokopf zum unkalkulierbaren Abenteuer würde. Schließlich schaffen wir es doch wieder zurückzukommen..
Heute, zwei Tage später, fließt die Lahn wieder wie gewohnt. Und man kann auch wieder Richtung Marburg lahnaufwärts mit dem Tretboot paddeln.
Tipp: Wer die Lahn bei Nacht erleben will, kann zehn Euro investieren und sich einen Platz in einem Boot sichern. Am 7. August bietet Loganatours ab 20 Uhr Nachtpaddeln auf der Lahn an. Die Strecke führt von Odenhausen nach Ruttershausen. „Wir paddeln im Hellen los und die Rückfahrt findet dann später statt, wenn es dunkel geworden ist“, erklärt Timo Deckert. Die Veranstaltung könne bis 23 oder 24 Uhr dauern.
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