Wäre es nach ihr gegangen, trüge ihr Buch den Untertitel „Wie Ideologen bestimmen, was gut und böse ist“. Das verriet Judith Sevinc Basad im Interview bei der Welt. Doch der Frankfurter Westend-Verlag entschied sich für die heute weit verbreitete Form der Genderschreibweise.
Das Buch ist im März 2021 erschienen und ist letztlich eine Abrechnung mit linken Aktivisten, die den Weißen Scham anerziehen wollen.
Weiß sein: Du bist ein Rassist
Eine Scham, die nicht gerechtfertigt ist, denn sie beruht allein auf der Tatsache, dass jemand weiß geboren sei. Natürlich, das stellt die Philosophin und Germanistin fest, Diskriminierung gibt es. Rassismus gibt es. Auch bei der Gleichberechtigung gibt es noch einiges zu tun. Aber eben nicht mit den Methoden der „Social-Justice-Warriors“.
Basad wirft den Social-Justice-Warriors vor, es gehe ihnen nicht um Aufklärung, sondern im Kern um einen Rassismus.. Sie liefert hierfür die Begründung: Die Social-Justice-Warriors leiten ihre Weltsicht von den Abgrenzungsmechanismen des Postkolonialismus ab. Die Identität des Westens, im wesentlichen geprägt durch die Ideen der französischen Revolution (Liberalismus, Menschenrechte, Freiheit) sei nur durch den abwertenden Blick der Kolonialmächte auf die unterworfenen Völker zustande gekommen.
Die Social-Justice-Warriors gehen nun hin und sagen, dass Weiße sich als „Normalität“ verstünden und Schwarze damit zu „den Anderen“ herabstufen. Dafür haben sie, so Basad, nun einen Begriff: „Othering“. Tatsächlich könne ein postkolonialer Ansatz richtig sein, um die Kultur vergangenener Jahrhunderte zu durchforsten. Wann Schwarze in Literatur und Kunst als unziviliserte Wilde, triebgesteuerte „Neger“ dargestellt wurden, welche Verbrechen hinter dem Bild des Indianers stehen.
Nur, hinzugehen, ein pauschales Bild des brutalen Weißen zu zeichnen, der allein durch die Tatsache, dass er weiß sei, schon rassistisch sei – dagegen wehrt sich Basad in ihrem Buch. Sie kritisiert, dass mit öffentlichen Geldern eine solche Ideologie gefördert werde. Denn die entsprechenden Passagen stünden in einem „Ratgeber über den Umgang mit LGBTQs“, der von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes gefördert worden sei.
Die Sache mit dem toxischen Mann
James Bond ist toxisch. Rocky Balboa auch. Und John Wayne dürfte vermutlich auch in die Liste der toxischen Männer gehören, vor denen der heutige weiße Mann beschützt werden müsse. Wenn es nach den Social-Justice-Warriorn geht. Dass Netflix zum Beispiel schon längst mit den Hollywood-Klischees gebrochen hat, gehe an den Aktivisten vorbei, mahnt Basad. Die American Psychological Association (APA) habe einen Ratgeber mit Richtlinien (Guidelines) für die psychologische Praxis im Umgang mit Jungen und Männern herausgebracht. In dem heiße es, typisch männliche Eigenschaften wie Dominanz, Aggression und Konkurrenzdenken trieben Männer ins Gefängnis, Krankenhaus oder koste sie das Leben. Und seien deswegen schädlich. Das geschehe ihnen dann recht, könnte man denken.. Aber, so Basad, der APA geht das nicht weit genug: Es müsse schon der gesamte Mann abgeschafft werden. Basad wirft den Aktivisten vor, dass sie sich nicht damit zufrieden geben, ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen wollen, sondern ihre Ideologie „allen anderen“ auch vorschreiben wollen. In ihrer Logik müsse der alte weiße Mann ‚komplett von den Bildschirmen verschwunden sein“. Als Erfolg sieht sie, dass erst in den USA und schließlich auch in Deutschland 2020 (Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein) in der Filmbranche Diversity-Checklisten eingeführt wurden. Solche Vorschriften hält Basad für „fatal“. Denn letztlich leidet darunter die Kunstfreiheit. In Hamburg und Schleswig-Holstein werde vor allem jungen Regisseuren die finanzielle Unterstützung versagt, wenn sie in ihren Werken Frauen, queere Menschen oder Dunkelhäutige nicht als „ausgebeutete Opfer“ zeigen wollen. Basads Kritikpunkt: So erreiche man keine Diversität, sondern eine „gleichgeschaltete Opfer-Kultur, aus der Männlichkeit, Heterosexualität und Weißsein verbannt werden sollen“.
Basads Buch ist eine auf 224 Seiten geballte Mahnung, auf dem Weg zu mehr Gleichberechtigung, dem Kampf gegen Diskriminierung und Rassismus nicht über das Ziel hinaus zu schießen. Den Weg der Social-Justice-Warriors hält sie für gefährlich. Er drohe am Ende die Gesellschaft zu zerreißen.
Das Buch kostet 18 Euro und ist im Westend-Verlag Frankfurt erschienen.
Notiz: Das Thema Identitätspolitk ist inzwischen, je nach Medium, hoch im Kurs. Das Mittelhessenblog präsentiert hier eine Auswahl Buchbesprechungen und Interviews mit Judith Sevinc Basad zu ihrem Buch „Schäm Dich“. Die jeweilige Position (zustimmend, neutral, ablehnend) ergibt sich:
Der Freitag, taz, SWR1, WELT, Ruhrbarone, Inforadio (rbb),
Heise, Buchkomplizen,
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