Liebe Mittelhessenblogleser: Wissen, was hinter wohlgesetzten Pressemitteilungen, Imagefilmen oder anderen Mitteilungen steckt, die nur eines im Sinn haben: Ihren Leser oder Zuhörer dazu zu bringen, möglichst von der Botschaft mitgerissen und zum Kauf eines Produktes angeregt zu werden. Das geht Ihnen vermutlich jeden Tag so. Martin Sonneborn ging das auch so. Er dürfte vermutlich nicht jeden Mittelhessen kennen, dafür dürften ihn jene Mittelhessen, die treue Fans der Heute-Show geworden sind, umso besser kennen. Ob ihn aber auch ZDF-Programmchef Thomas Bellut auch noch weiter kennen will, ist fraglich. Macht nix. In Mittelhessen kennen ihn bisher auch nur ein paar wenige. Vielleicht ändert sich das ja jetzt. Wie das geht? Und was das mit Pressefreiheit zu tun hat? Das geht so:
Sie gehen in eine Apotheke Ihres Vertrauens. Weil Sie Husten, Schnupfen, Allergien, Rheuma oder sonstige lästige Piesackereien haben. Oder Sie bekommen vom Arzt Ihres Vertrauens ein Rezept verschrieben. Wenn Sie nicht ohnehin das Medikament selber bezahlen, weil das mit der Kostenübernahme mit der Krankenkasse so eine Sache ist. Den Ärger wollen Sie sich sparen. Also überlegen Sie, wo bekomme ich für mein Geld die möglichst beste medizinische Versorgung, sprich in dem Fall Medikament her. Da kommt dann schnell der Name DocMorris ins Spiel. Oder es geht um den Wirkstoff A, der sowohl im Medikament B wie auch im Medikament C enthalten ist. Diese Nachbauten, die billiger sind, die nennt man dann Generika.
So. Nun kommt Martin Sonneborn ins Spiel. Titanicleser werden ihn kennen. Sonneborn war in Frankfurt, was bekanntlich im erweiterten mittelhessischen Vorortbereich liegt, dort Chefredakteur. Bis er dann über den Main hüpfte und bei der Heute-Show vorstellig wurde. Um was zu tun? Als Außenreporter unterwegs zu sein und nicht ganz so offensichtliche Dinge offensichtlich zu machen. Das wollte er auch im Pharmabereich. Ein Markt, in dem immer noch, trotz oder vielleicht gerade in der Wirtschaftskrise milliardenschwere Umsätze gemacht werden.
Nun hatte Sonneborn den vagen Verdacht, dass die Sendung „heute“ und „heute journal“ von den Kollegen mitunter genutzt werden, um der Pharmaindustrie zu dem einen oder anderen kostenlosen Werbeauftritt zu verhelfen – verpackt in ein nachrichtliches Format. Sie können sich noch an den Rummel rund um die Vogelgrippe erinnnern? Am Ende kam heraus, dass alles aufgebauscht worden und die Länder mit der Abnahme von zu viel Impfdosen von der Pharmaindustrie schlichtweg über den Tisch gezogen worden waren. Nun ja, derlei muss Sonneborn auch durch den Kopf geschossen sein, als er sich auf zum Interview mit Peter Schmidt machte. Schmidt ist Geschäftsführer des Verbandes „ProGenerika“
Misstrauisch war übrigens noch ein anderer. Professor Dietrich Grönemeyer. Der Mediziner, der auch Vorsitzender des Bereichs Medizintechnik im Verein Deutscher Ingenieure ist, hatte schon 2009 gesagt, „Dass es schwarze Schafe auch in dieser Branche gibt, ist unbestritten. Man denke nur an den Fall einer Schweinegrippe-Impfstoff produzierenden Firma, die das Risko der “des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung des Pandemie-Impfstoffs” auf die Länder übertragen will, um sich selbst damit “gesamtschuldnerisch frei von Schadensansprüchen” zu stellen. Ein solcher Vorgang zerstört Vertrauen in Politik und Industrie.“ Dieses Zitat stammt aus einem Beitrag Grönemeyers im Medizin-Blog jameda. Mit anderen Worten, die Kritik am Druck der Pharmaindustrie auf die öffentliche Meinung ist nichts, was Sonneborn allein schon ausgegraben hatte. Sonneborn hatte es aber fertig gebracht, dass Schmidt auf seine Vorschläge einging, Informationen über Generika so darzustellen, dass die Nachricht „positiv“ beim Zuschauer draußen ankommt. Mit Fragen wie „Wollen Sie das jetzt wirklich sagen“, brachte er Schmidt dazu zu sagen, was in der Öffentlichkeit auf gar keinen Fall draußen kursieren sollte.
Mit dieser Art der Recherche, die die Wahrheit hinter einer Nachricht zutage förderte, zog Sonneborn nun den Ärger des Programmchefs auf sich. Schmidt hatte sich beschwert, er habe geglaubt, einen Beitrag für eines der beiden Nachrichtenformate zu geben. Sonneborn darf nun nicht mehr in der Art arbeiten. Das ist schade. Glaubte man doch, dass ein mit Gebühren finanzierter öffentlich-rechtlicher Sender gerade deswegen mehr Mut zur nachfragenden und aufdeckenden Recherche hat. Im übrigen fällt eines noch auf. Der Sendetermin der Heute-Show ist seit geraumer Zeit mehr gen Mitternacht verlegt. Statt 22.30 Uhr jetzt 23.15 Uhr. Ob kritische Satire wohl nicht genehm ist. Und sie deswegen nach hinten geschoben wird.…
Thomas meint
Um ehrlich zu sein, in der Pharma und Medizin Branche liegt noch einiges im Argen. Hoffe das ändert sich zusehendst.