Die Situation ist vergleichbar: Während das potentielle Kommunalwahlvolk, gegebenenfalls Landes- und Bundeswahlvolk über die steigende Abgaben- und Steuernlast stöhnt, stöhnen Bürgermeister, Landräte und Oberbürgermeister in seltener Harmonie über die Kürzung staatlicher Gelder aus dem Finanzausgleich. In Hessen sollen es gar 400 Millionen Euro sein, die das Land den Kommunen kürzen will. Im mittelhessischen Landkreis Gießen protestierten dessen Landrätin Anita Schneider gemeinsam mit ihrem Amtskollegen Wolfgang Schuster vom Lahn-Dill-Kreis und ihrem Wetterauer Kollegen Joachim Arnold gegen die Folgen des angedrohten Sreichkonzerts. Zur Erinnerung: Mit der Operation „Sicher Zukunft“ hatte das Bundesland in der Mitte Deutschland schon einmal den Rotstift inder Landesverwaltunmg angesetzt. Dieses mal hat Finanzminister Weimar scheinbar Kommunen und Landkreise im Visier.
Wären die Kommunen und Landkreise privatwirtschaftlich geführt hätten sie längst Insolvenz anmelden müssen: Dass Geld in den Kassen der Kommunen jetzt schon fehlt, ist offensichtlich: Marode Bürgerhäuser, Schlaglöcher sammelnde Kommunalstraßen nach dem harten Winter. Es kann aber notfalls noch härter kommen, wenn die Notrufe der Kommunen und Landkreise in Wiesbaden nicht gehört werden. „Wir könnten bei der Wohngeldzahlung ansetzen und zum Beispiel den Vermietern erst einmal das Geld nicht mehr zahlen.“ Das machte der Wetterauer Landrat Joachim Arnold in der Gießener Kreisverwaltung deutlich.Dort hatte er sich mit seiner Gießener Amtskollegin Anita Schneider und seinem Kollegen im Lahn-Dill-Kreis Wolfgang Schuster getroffen um vor eimem großen Journalistenaufgebot zu zeigen, wie leer die kommualen Haushalte sind und dass Landkreise und Kommunen von der hessischen Landesregierung erwarten, dass sie zur Erfüllung von Aufgaben, die von Bund und Ländern auf die Kommunen abgewälzt werden, entsprechende finanzielle Ausstattungen erwarteten und keine weiteren Kürzungen.
„Wir sind auf den kommunalen Finanzausgleich angewiesen“, markierte Anita Schneider die Bedeutung des Geldes, dessen Verwendung in der hessischen Landesverfassung geregelt ist. Dort heißt es wörtlich: „Artikel 137 Abs. 5 Hessische Verfassung verpflichtet das Land Hessen, den Kommunen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Geldmittel im Wege des Lasten- und Finanzausgleichs zu sichern. Die Einzelheiten sind im Finanzausgleichsgesetz geregelt. Mit dem Kommunalen Finanzausgleich wird auch die unterschiedliche Finanzkraft der Kommunen zu einem beträchtlichen Teil ausgeglichen. Der Kommunale Finanzausgleich fällt mit Ausnahme der Zuweisungen aus dem Landesausgleichsstock in den Aufgabenbereich des Hessischen Ministeriums der Finanzen“. Und genau an dieser Bestimmung machen die drei Landräte ihre Kritik fest: „400 Millionen Euro weniger, das sind 13,6 Prozent weniger. Wir sehen ja ein, dass Abstriche gemacht werden müssen. Aber besser wäre doch ein Kompromiss. 3,5 Prozent Kürzungen würden wir ja noch hinnehmen“, sagt Arnold.
Was die Reise ins kommunale Defizit bedeutet, macht Landrätin Schneider an den Gießener Zahlen deutlich: „Wir haben für 2011 ein Defizit von 33,7 Millionen Euro errechnet. Kommt jetzt noch die geplante Kürzung dazu, sind es vier Millionen mehr.“ Die Gießener Zahlen seien in vergleichbarer Weise auch auf die anderen Kreise übertragbar, auch wenn im Einzelfall durch unterschiedliche Einwohnerzahlen die Zahlen etwas abweichen könnten. Schuster bemüht ein noch drastischeres Beispiel: „Wenn ich die ganze Verwaltung einschließlich Landrat in unserem Landkreis abschaffen würde, würden wir 20 Millionen Euro sparen.“
Die Landräte machen noch etwas anderes deutlich: Die Stimmung, dem Land Paroli zu bieten, sei über Parteibücher und Institutionen vom Landkreistag, den Städte- und Gemeindebund bis hin zum Städtetag von „seltener Harmonie“, stellte Schneider fest. In Hessen, so Schuster, sei die Verschuldung der Kommunen und Landkreise deutschlandweit am höchsten. Selbst die bisher recht wohlhabenden landkreise Hochtaunus und Main-Taunus würden defizitäre Haushalte aufweisen..
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