Mit ein, zwei Mann kann man unmöglich bei einer Wahl alle Einzelergebnisse von 110 Kommunen „wuppen“, auch nicht die aller Wahlkreise in Mittelhessen. Das ist aber auch nicht Sinn und Zweck eines Projektes wie das Mittelhessenblog eines ist. Das MHB, wie es kurz heißt, ist nachwievor ein netzwerkbetontes flexibles Hintergrundmagazin, betrieben von freien Journalisten zu Themen rund um Umwelt, Politik und Wirtschaft. Wenn aber Landtagswahlen anstehen, in denen es auch um die Geschicke der Region vor der erweiterten eigenen Haustür geht, gibt es so etwas wie sportlichen Ehrgeiz. Warum, das steht hier.
Warum ich das auch schreibe: Schneller und quasi im Minutentakt berichten ist nicht unbedingt immer besser. Weder Online noch gesendet. Als ich heute morgen die diversen Onlineausgaben bekannter überregionaler und regionaler Medien und soweit verfügbar, auch deren Druckversion verglich, fiel eines auf: Die Nachricht vom Ausscheiden der FDP war draußen, einschließlich der Reaktionen betroffener FDP-Politiker. Schließlich ab ca 8 Uhr, 9.30 Uhr begann dann das Bild sich zu drehen: Die Meldungen über das ungläubige Staunen und eine „Wahl wie keine andere“ nahmen zu. In den gedruckten Ausgaben war aber noch der alte Stand zu lesen. Wer in eine Suchmaschine seiner Wahl „FDP 5 Prozent Landtag Hessen“ eingibt, kann sich anhand der zeitlich gekennzeichneten Suchaufträge selber einen Eindruck verschaffen.
1.) Ein wichtige, nicht von allen geliebte Behörde
Was das Regierungspräsidium für eine Region bedeutet, dass über Sinn und Zweck einer solchen Behörde immer wieder gestritten wird, ist unter Experten bekannt und taucht anlassbezogen ebenfalls immer wieder in den Medien auf. Meistens dann, wenn die Absicht besteht, durch eine Umgestaltung Gelder einzusparen. Dem Thema hat inzwischen das Online-Nachschlagewerk Wikipedia ein eigenes Kapitel gewidmet. Die Quintessenz dieses Wikipedia-Artikels: Diese Behörde mag von vielen nicht geliebt sein, wir brauchen sie aber, da es unbestreitbare Vorteile gibt. Etwa deren Stellung als vermittelnder, in der Regel umfassenderer informierter Beobachter und Mittler zwischen Landes- und regionaler Politik als es eine Kreis- oder Kommunalbehörde sein könnte.
Werkzeuge für die Themen- und Wahlrecherche:
2. Die Wikipedia
Wer sich zur Seriösität dieser Quelle Gedanken macht, der sei unter anderem auf den leitenden Redakteur des Newsletters Netzwerk Recherche, Albrecht Ude, hingewiesen. Zuletzt auf dem Fachkongress Besser Online 2013 des Deutschen Journalistenverbands in Mainz hatte Ude erklärt, dass sich Wikipedia für die Suche nach qualitativ hoch stehenden Belegen eignet . Die Seriösität der Wikipedia selber wurde in der Vergangenheit zwar immer wieder einmal angezweifelt, aber sowohl die Welt wie etwa die Wissenswerkstatt hatten bereits vor mittlerweile sechs Jahren auf die steigende Qualität des Onlinelexikons hingewiesen. Dass die Wikipedia inzwischen als Recherchequelle auch in Schulen „state of the art“ ist, mag aus diesem Beitrag im Onlinemagazin schnell.jung.seriös von Andreas Weinzierl hervorgehen.
3. Der Liveticker des Landeswahlleiters
Kurzum: Nicht zuletzt die umfassende Beschreibung in der Wikipedia und die spezielle Situation des RP Gießen als heimliches RP Mittelhessen waren der Grund, die Landtagswahl nicht aus der Distanz zu betrachten, sondern gezielt nach möglichen Auswirkungen zu fragen. Und dafür war es wichtig, quasi „druckfrisch“, das Ergebnis des Landeswahlleiters pünktlich auf den Tisch zu bekommen. Da die Ergebnisse im Liveticker veröffentlicht wurden, war die Hauptinvestition: Zeit, Geduld und fortwährendes Beobachten des Tickers. Sich detaillierten Einzelreaktionen an Ort und Stelle zu widmen, wie dies dem klassischen Lokaljournalismus entspricht, wäre für diesen Zweck nicht gegangen.
4.) Das Ergebnis
Mitten in der Nacht lag schließlich per Liveticker um 2.25 Uhr das vorläufig amtliche Ergebnis vor. Die Ergebnis wurde in den schon vorbereiteten Hintergrundartikel eingebaut. Via Twitter und Facebook, die das Mittelhessenblog für das „Drumherum“ begleiten, wurde die Meldung kurz nach Bekanntwerden des vorläufigen amtlichen Ednergebnisses als Einzelnachricht verbreitet. Um 3.36 Uhr schließlich wurde der Hinergrundartikel zu den Auswirkungen der Landtagswahl dann online gestellt.
5) Zu frühes Veröffentlichen kann teuer werden
Was nicht stattfand: Fortwährende Wasserstandsmeldungen mit der schließlich „nachhaltig“ verbreiteten Nachricht vom Aus für die hessische FDP auf der Grundlage von Hochrechnungen. Wozu zu große Eile führen kann, nannte nun der Medienbranchendienst Kress im Zusammenhang mit der Bundestagswahl 2013 : Der Nordkurier in der Uckermark und ein junger Radiovolontär aus Bayern müssen nun mit einem Strafgeld von 50000 Euro rechnen: Sie hatten bereits vor dem Schließen der Wahllokale um 18 Uhr erste Ergebnisse der Wahlen veröffentlicht. Der Bundeswahlleiter Roderich Egeler hatte bereits 2009 in einer Pressemitteilung vor dieser vorzeitigen Veröffentlichung der so genannten Exit Polls gewarnt, ganz gleich ob Medien, Parteien oder Meinungsforschungsinstitute, die die Wahl auswerten.
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