Mit Kunst gegen Leerstände: Sie war über 50 Jahre eine direkte Nachbarin des Wetzlarer Doms: Die Buchhandlung Kunkel. Ihre Inhaberin Angelika Kunkel war im September in den Ruhestand gegangen und hatte das Geschäft aufgelöst, weil sich kein Nachfolger fand. Was dagegen folgte, war Leerstand. Der gehört momentan der Vergangenheit an. Denn: Vor wenigen Tagen haben Künstler aus Wetzlar und Umgebung das Geschäft für sich entdeckt, um ihre Kunst direkt an den Mann oder die Frau zu bringen.
TAG oder Temporäre AutorenGalerie nennt sich die Initiative um Werner Krauß und Andreas Hild. Ihr Ziel: Leerstände bis zu einer weiteren Nutzung sinnvoll nutzen. Damit reihen sie sich in Projekte ein, wie sie bereits in Gießen oder Weilburg stattfinden.
Am 6. Dezember nun wollen Andreas Hild und seine Mitstreiter an zwei Standorten in der Wetzlarer Innenstadt, eben der ehemaligen Buchhandlung Kunkel Entengasse 2 und im Geschäftsraum des ehemaligen Feinkosthändlers Estragon (Eisenmarkt 6) zum Besuch der ersten Ausstellung der TAG-Initiative einladen. Im Mittelhessenblog-Clip erklärt der ausgebildete Grafiker und Designer Einzelheiten zu den Beweggründen und zur Entstehung dieser Initiative. In beiden „TAG“-Lokalen beginnen die Ausstellungen ab 11 Uhr, wie Hild am Freitag sagte.
Was steckt hinter der Idee? Zeitgleich mit dem Aufbau der Redaktion für Wetzlar meine kleine Stadt trafen sich in lockeren Gesprächen immer wieder sonnabends Schrifsteller, Maler, Grafiker, Designer und Fotografen aus dem heimischen Raum pendelnd zwischen der Hauptwache und der Galerie/Werkstatt am Dom. Im Zuge dieser Gespräche wurden viele Gedanken gefunden, wieder verworfen, wie denn am besten die heimische Bevölkerung auf das vielfältige bunte Kreativenleben direkt vor ihrer Haustür hingewiesen werden könnte, wie andererseits davon auch die durch zunehmende immer mehr stehende Geschäfte die immer trister werdende Wetzlarer Innenstadt im besten Sinn des Wortes wieder aufgemöbelt werden könnte. Aus der Idee schließlich sei dann der Gedanke geboren worden, in leer stehenden Geschäftsräumen, solange bis diese wieder vermietet werden, vorübergehende Galerien einzurichten. Dass dabei die Geräusche von Umgestaltungsarbeit wie jetzt in dem alten Stirnhaus, in dem die Buchhandlung Kunkel bisher war, in den Kunstraum auf Zeit dringen, unterstreicht den temporären, den vorübergehenden Charakter dieser Initiative.
Bereits vor inzwischen fünf Jahren war in Gießen aus diesem Grunde die Kümmerei entstanden. Ein Projekt, das sich im Namen der Stadt vor allem um die Nordstadt kümmern sollte, mit „Kulturwirtschaft“ als Motor der Stadtentwicklung. Inzwischen sind aus diesem Projekt zahlreiche weitere Iniativen entstanden, wie etwa die Kü-Ché oder die Hausbesuche. Kü-Ché richtet sich dabei vorwiegend an junge kunst- und kulturbegeisterte Studenten, bei den Hausbesuchen öffnen kreative Köpfe aus der lokalen Kulturszene ihre Haustüren und lassen den Blick hinter die Kulisse zu.
Auch in Weilburg, wo inzwischen in der Innenstadt nahezu jedes zweite Ladengeschäft leer steht oder wie etwa gegenüber dem Hotel Lahnschleife eine ganzer Straßenzug langsam aber sicher zu verfallen droht (Standort ehemalige Hark-Filiale), hatte sich um Werner Röhrig eine Künstlerinitiative gebildet, um diesem Verfall mit Kunstaktionen entgegen zu wirken. Nur aufhalten lasse sich der langsame Niedergang derzeit wohl nicht ‑auch nicht durch den Einzug von Discountketten aus dem Mode- und Drogeriehandel. Dass mitunter auch schlichte Geldgier von Vermietern die Ursache für längeren Leerstand sein kann, berichtete eine Limburgerin, die der Mittelhessenblog-Redaktion namentlich bekannt ist. So habe unter anderem ein gutgehendes Bäckereigeschäft in zentraler Innenstadtlage Knall auf Fall den Vertrag gekündigt, als der Vermieter die Monatsmiete auf 10000 Euro erhöht habe. Danach habe das Haus gut ein Jahr leer gestanden, bis ein Filialist, ebenfalls aus dem Bäckereigewerbe die Räume wieder angemietet habe.
Ansprechpartner für das Projekt rund um die Wetzlarer Temporäre Autoren Galerie sind Caspar Jüttner und Andreas Hild. Künftig sollen die beiden Galerie-Standorte dienstags bis freitags von 12 bis 18 Uhr und sonnabends von 10 bis 16 Uhr geöffnet sein. Sondertermine können auf Wunsch vereinbart werden. Caspar Jüttner ist über 06441/81478 und über c.juettner@t‑online.de zu erreichen, Andreas Hild über 06446/889900 oder a.hild@hild-design.de
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