Der Gürtel im Lahn-Dill-Kreis muss enger geschnallt werden. Notfalls bis zur Schmerzgrenze. Laut Landrat Wolfgang Schuster (SPD), hat der Kreisausschuss des Lahn-Dill-Kreises notwendige Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung beschlossen, damit der Kreis unter den kommunalen Schutzschirm schlüpfen und rund 65 Millionen Euro Entschuldungshilfe vom Land Hessen erhalten kann. Schmerzhafte Einschnitte sind nötig. Am 4. Februar 2013 wird der Kreistag darüber abschließend entscheiden.
Um massiv überschuldeten Kommunen zu helfen, hat das Land Hessen bis zu 2,8 Milliarden Euro zur Entschuldungshilfe sowie Zinsverbilligungen von rund 400 Millionen Euro bereitgestellt.
Um in den Genuss dieser Mittel zu kommen, müssen die antragstellenden Kommunen dem Land Hessen jedoch Maßnahmenkataloge vorlegen. Diese Kataloge müssen konkrete und realistische Einsparanstrengungen erkennen lassen. Weil der Lahn-Dill-Kreis mit über 300 Millionen Euro in der Kreide steht, gut die Hälfte davon teure Kassenkredite, gibt es große Probleme, den laufenden Betrieb aufrechtzuerhalten.
Um die Sparmaßnahmen, insbesondere um Schulschließungen und Zusammenlegungen wurde lange zwischen Politik und Bevölkerung gestritten. Proteste unter anderem wegen drohender Schulschließungen bestimmten die Debatte. Nun gibt es eine Einigung, bei der aber Federn gelassen werden müssen, wenn der Kreistag so beschließen wird. Der Protest auf den Webseiten betroffener Schulen läuft allerdings weiter. (Red. Anmerkung zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung dieses MHB-Artikels).
Wo soll gekürzt werden?
Jährlich ein Prozent weniger bei:
- Unterhaltungs- und Bewirtschaftungskosten für Kreisliegenschaften
- allgemeine Verwaltungskosten.
Zehn Prozent weniger Trägerzuschuss für
- Lahn-Dill-Akademie und Musikschule
Der Personalaufwand soll trotz anwachsender Aufgabenfülle für vier Jahre auf dem für 2013 zu erwartenden Bedarf festgeschrieben werden.
Schulen müssen bluten
Am härtesten wird es jedoch das Schulwesen treffen: Die Grundschule im Lahnauer Ortsteil Atzbach soll geschlossen werden. Die Atzbacher Kinder sollen dann die benachbarte Schule in Waldgirmes besuchen. Erwartete jährliche Einsparungen: 700000 Euro. Dagegen stehen 1,7 Millionen Euro Investitionskosten zum Erhalt der Atzbacher Grundschule. In der Kreisstadt selbst würde es die Ludwig-Erk-Schule (Grundschule) und die Kestnerschule (Kooperative Gesamtschule) treffen. Von der Schließung der Ludwig-Erk-Schule erwartet der Landkreis 175000 Euro Einsparungen. Sie zu erhalten, würde laut Schuster rund 3,8 Millionen Euro kosten. Weitere drei Millionen Euro Investitionskosten sollen mit der Zusammenlegung der Kestnerschule in Dahlheim mit der Eichendorffschule in Wetzlar erreicht werden. Dort allerdings wird gegen die Zusammenlegung protestiert. Einer der Hauptgründe: Eine Schule verteilt auf zwei Standorte widerspräche dem Konzept des sozialen und kulturellen Lernens.
Die Zusammenlegung der Scheldetalschule in Niederscheld mit der Schelderwaldschule in Oberscheld soll jährlich 114000 Euro einsparen. Durch die Zusammenlegung der beiden Grundschulen würden Investitionen in Höhe von 2.7 Millionen entfallen. Weitere jährliche 73000 Euro sollen durch die Zusammenlegung der Schule am Brunnen (Grundschule) mit der Goldbachschule (Haupt- und Realschule) in Frohnhausen eingespart werden. An Investitionskosten würden 2, 8 Millionen Euro entfallen.
Während die Schließungs- oder Zusammenlegungspläne die betroffenen Lehrer und Eltern aufbringen, argumentiert LDK-Landrat Schuster mit den sinkenden Schülerzahlen und der demographischen Veränderung. Laut Schuster sei es unsinnig, Leerstände zu finanzieren, anstatt die Schulen an die Veränderung in der Gesellschaft anzupassen. Von der Zusammenlegung würde die jeweils übernehmende Schule wegen der damit verbundenen Standortsicherung profitieren. Wie Schuster weiter sagt, müssten alle Investitionsvorhaben über weitere Kredite finanziert werden, welche wiederum unter Einzelkreditgenehmigungsvorbehalt der Aufsichtsbehörden ständen. Diese aber hätten schon signalisiert, keine Genehmigungen mehr zu erteilen, wenn Alternativen vorhanden wären.
Förderverein kämpft für den Erhalt von Zeltlager in Lenste
Auch der Förderverein Lenste kämpft weiter um den Erhalt des Zeltplatzes, der dem Konsolidierungsprogramm zum Opfer fallen soll. Das Zeltlager an der Ostsee ist seit bald schon ewigen Zeiten ein beliebter Ferienort für Kinder und Jugendliche. Nicht nur aus dem Lahn-Dill-Kreis. Seit dem der Landkreis Gießen schon wesentlich früher sein Zeltlager auf bei Sankt Peter Ording in Nordfriesland aufgegeben hatte, wurde Lenste auch für viele Kinder und Jugendliche aus dem Landkreis Gießen ein beliebtes Ziel.
Auf der Website des Vereins wird Sabine Dampf aus Gießen mit ihren Erinnerungen zitiert. Sie wolle mit allen Mitteln dafür kämpfen, dass Lenste erhalten bliebe. Es würden viel zu viele gute Erinnerungen daran hängen. Der Verein selber hatte 11000 Unterstützerunterschriften gesammelt und sagt, es passe nicht zusammen, wenn der Kreis hier den jährliche Zuschuss von 380000 Euro spare und auf der anderen Seite, 23,8 Millionen Euro für ein neues Verwaltungsgebäude ausgäbe und überdies, um den Fraktionsfrieden zu wahren, eine völlig unnötige vierte Dezernentenstelle für 25o.000 Euro schaffen würde. Für die Kinder bedeute die Schließung Lenstes den Verlust, kostengünstig Ferien verbringen zu können. Schuster trat diesen Befürchtungen allerdings mit der Feststellung entgegen, dass es auch weiterhin Freizeiten geben würde. Nur eben nicht nach Lenste, sondern dann eben an wechselnde Orte.
Dem Vorwurf des Fördervereins, an der falschen Stelle zu sparen hält Landrat Wolfgang Schuster entgegen, dass die Zusammenlegung der verschiedenen Verwaltungsstellen an einem Standort in Wetzlar zu erheblichen Kosteneinsparungen führen werde, gerade auch beim Energieverbrauch. Zudem sei das ehemalige Sparkassengebäude am Karl-Kellner-Ring ein „Totalschaden“, wenn es um Brandschutz und die Energiekosten gehe. Das Gebäude sei nur noch für kurze Zeit zu benutzen..
Für die Beschwerden des Fördervereins Lenste bringt Schuster zwar Verständnis entgegen, was ihn aber bisher in der Sache hart bleiben lässt. Er sagte, die Gelegenheit sei günstig wegen des Ausscheidens des Pächterehepaars und die Aufgabe Lenstes sei überdies diejenige mit der größten wirtschaftlichen Tragweite.
Beim Konsolidierungspaket gehe es jedoch nicht nur Ausgabenkürzungen. Auch Einnahmesteigerungen würden mit eingerechnet. So wolle der Bund kurzfristig gänzlich die Kosten für die Grundsicherung übernehmen, an denen er sich bisher nur beteiligte. Ebenfalls werden erwartete Steuermehreinnahmen durch den kommunalen Finanzausgleich mit eingerechnet. Beide Einnahmesteigerungen dürften außer zur Haushaltskonsolidierung nicht anderweitig verwendet werden.
Ausführliche Informationen zu dem Themenkomplex Kommunale Rettungsschirme finden Sie auf der Webseite von, Detlef Grau aus Borken
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