Randall Evan Recknagel sitzt im Garten in der Albertstraße in Wetzlar. Reihenhäuser prägen das Bild. In Laufnähe Werksgelände von Buderus, der Globusbaumarkt. Recknagel ist froh, gegenwärtig überhaupt ein Dach über dem Kopf zu haben. Das war einmal anders. Und könnte wieder anders sein. Wenn, wie der gebürtige US-Amerikaner sagt, man ihn nur ließe. Stattdessen kämpft der heute 61jährige um sein Recht, in seiner Wahlheimat Wetzlar bleiben zu dürfen. Mit einer unbegrenzten Aufenthaltsgenehmigung. Im Internet sammelt Recknagel um Unterstützung auf OpenPetition
„Wenn ich aus den USA hierher fliege, dann komme ich nach Hause“, sagt Recknagel während eines Videorundgangs durch „meine Altstadt“. Die Wetzlarer Altstadt. Besonders drei Orte sind es, die ihn direkt, physisch, mit der Stadt verbinden: ein denkmalgeschütztes Haus direkt neben dem Säuturm in der Turmstraße, die Café- und Tapasbar Gaudi am Schillerplatz und das Bistro am Dom.
Rund 750000 Euro aus seinem Privatvermögen hatte Recknagel in die drei Gebäude investiert. Im ersten wohnte er, die beiden anderen waren jeweils Gastronomebetriebe. Die Tapas-Bar am bis dahin eher tristen Schillerplatz sei eine der ersten, wenn nicht die erste Tapas-Bar überhaupt in Deutschland.
Bis 1806 wurden am Reichskammergericht in Wetzlar die Streitfälle des damaligen Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation verhandelt, über die sich niedrigere Instanzen nicht einigen konnten oder wo damalige Bürger ihre Rechtsstreitigkeiten direkt an höchster Stelle durchfechten mussten.
Recknagel hofft, dass es in seinem Fall nicht soweit kommen wird und sein Fall bis in höchste Instanzen getrieben werden muss. Politisch fällt sein Fall in eine interessante Zeit. Denn gegenwärtig werden im Bundestag die Bedingungen für ein neues Zuwanderungsgesetz verhandelt. Am 2. Juli sagte denn auch Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maiziere, dass „gut integrierte Ausländer“ ein dauerhaftes Bleiberecht verdient hätte. Gemessen an den Tatsachen dürfte Recknagel diese Worte Maizieres erfüllen.
Nur, bis das neue Zuwanderungsgesetz gilt, gelten die bisherigen Bestimmungen. Aber auch nach diesen, so verweist Recknagel auf Anmerkungen aus der landespolitischen Ebene, hätte die Stadt Wetzlar Recknagel nicht die Aufenthaltserlaubnis entziehen dürfen.
Geschehen war dies letztlich, weil Recknagel aus privaten familiären Gründen (um seiner damaligen Frau und seinem Sohn zu helfen) in die USA gereist war. Als er von dort wieder nach Deutschland zurückgekehrt war, sah er sich plötzlich ohne Existentgrundlage und Dach über dem Kopf wieder. „Zum Glück gab es damals und gibt es heute Freunde, die mir helfen“, sagt Recknagel.
Der neue Rechtsamtsleiter der Stadt Wetzlar, Tobias Wein, ist letztlich zwiegepalten. „Es ist natürlich dadurch, dass Herr Recknagel einen anderen Weg gewählt hat, um dieses Problem zu lösen, nicht einfacher geworden. So wird jetzt auch von anderer Stelle geguckt, was wir entscheiden werden“, so der Jurist. Mit dem anderen Weg meint Wein Recknagels Gang an die Öffentlichkeit.
Um ihre Position zu bekräftigen, war die Stadt Wetzlar vor das Verwaltungsgericht in Gießen gezogen. Dieses hatte einen Vergleich vorgeschlagen. Da Recknagel aber das Recht auf seiner Seite sieht, hatte er den Vergleich abgelehnt. „Das verstehe ich offen gestanden nicht“, so Wein. Aktuell hat Recknagel nun eine sechste Fiktionsbescheinigung erhalten, womit die beabsichtigte Abschiebung erst einmal aufgeschoben ist. Fiktionsbescheinigung bezeichnet im Juristendeutsch die Bestätigung eines vorläufigen Aufenthaltsrechts. Für den Zeitraum, in dem geprüft wird, ob ein Antragsteller in Deutschland bleiben darf oder sein Aufenthalt verlängert wird. Arbeiten darf Recknagel aber damit immer noch nicht. Eine Situation, die ein wenig an den Hauptmann von Köpenick erinnert. Nach Weins Auffassung wäre eine Duldung besser gewesen, dann hätte Recknagel bis zu einer endgültigen Entscheidung auch arbeiten können.
Kommentar zum Thema: Kurzgucker: Wetzlar und Chemnitz: „Wie werden wir unsere gut integrierten Ausländer wieder los?”
anner griem meint
guter und richtiger beitrag!
da wiehert nicht nur ein amtsschimmel, sondern da wiehert ein ganzes gestüt, unfassbar!
bleibt die frage, wann, wenn schon nicht diese integrierungslegende ausreichend ist, ein mensch in D (oder hessen, landkreis, stadt wetzlar) integriert ist und sich willkommen und angenommen (auch von den behörden) fühlen und sich in diesbezüglicher sicherheit wiegen darf.
ich hoffe und wünsche für randall einen guten ausgang!
Randall Evan Recknagel meint
Ein Vergleich oder eine Duldung mit Erwerbstätigkeit gestattet, habe ich nie von der Stadt Wetzlar oder sonst jemand bekommen.
Mittlerweile, habe ich seit 2017, wieder ein 3 jähriges Aufenthalt die heute abläuft bekommen.
Kam nie wieder in meinem Arbeit wieder rein. Bin zurzeit in Berlin und bekomme keine von Stadt Wetzlar oder LDK Ausländerbehörde ans Telefon.