Sie ist lila und duftet in ihrer Blüte buchstäblich honigsüß. Wer dieser Tage durch Mittelhessen fährt, hat vielleicht Glück, sie zu sehen: Phacelia. Vor einigen Jahren noch leuchteten einem die Felder entgegen. Heute eher ein Seltenheit. Doch rund um das mittelhessische Dörfchen Oberweidbach, mitten im Lahn-Dill-Bergland, konzentrieren sich die Phacelia-Felder auf einer Fläche von rund drei Hektar. Eine Fläche so groß wie drei Fußballfelder. Was es damit auf sich hat und warum es eigentlich wieder mehr Phacelia-Felder geben sollte, das steht hier.….
„Ist das dort ein Lavendelfeld?“ schoss ein Gedanke durch den Kopf während der Fahrt auf der L 3047. Oberhalb des Bischoffener Ortsteils Oberweidbach blitzte auf einmal ein leuchtendes Lavendellila ins Auto. Was wie ein Lavendelfeld leuchtete, war stattdessen ein Phaceliafeld. Groß, duftend und voller Bienen an diesem Augusttag. Noch vor einigen Jahren waren diese Felder keine Seltenheit hier im mittelhessischen Kernland. Sollte jetzt wieder eine Renaissance anstehen? Um Näheres zu erfahren, begann die „Jagd“ nach dem Eigentümer – in der Größenordnung konnte es kein Hobbygärtner sein. Antwort und Auflösung kamen in dem Augenblick von einem älteren Mann, der gerade über einen holprigen Feldweg von irgendwo aus dem Wald hinter dem Feld zu kommen schien. Es war allerdings nicht der Eigentümer, sondern ein Imker, Hans Bastian.
„Die Wiese ist für uns Imker eigentlich ganz gut. Aber richtig freuen kann ich mich nicht“, sagt der Imker. Denn er habe zwei Völker in diesem Jahr verloren. Er macht die Varroa-Milbe dafür verantwortlich. Ob allerdings immer die Varroa-Milbe für den Verlust von Bienenvölkern verantwortlich sein kann, darüber streiten sich die Imker-Geister, wie Diskussionen im Imker-Forum zeigen . Doch was die Phacelia betrifft, sei die tatsächlich gut für die Bienen. Was es mit dem Feld allerdings weiter auf sich habe, könne er nicht sagen. „Am besten Sie fragen mal Erich Ströher, der wohnt auch hier im Dorf“, empfiehlt er. Der sei Landwirt oder habe auf jeden Fall etwas mit Landwirtschaft zu tun. Auf jeden Fall würden ihm das Feld und noch ein paar andere gehören.
„Landwirtschaft findet bei uns eigentlich nur noch im Nebenbetrieb statt, zusammen mit unserem Sohn Thorsten“, bestätigt Ströher beim bald vereinbarten Ortstermin. In ganz Bischoffen gebe es gerade noch einmal zwei Vollerwerbslandwirte und ansonsten seien es alles Nebenerwerbler. Auch in Oberweidbach. Ausschlaggebend für den Wechsel vom Vollerwerb zum Nebenerwerbsbetrieb seien seinerzeit die niedrigen Roggenpreise gewesen. „Es ist nicht besonders sinnvoll, wenn man am Ende den Erlös verrechnet und dann das Geld dafür weggeht, das Getreide zum Müller zu fahren und den Aufwand der Ernte zu haben“, sagt Ströher.
Stichwort Phacelia. „Na die gehört schon lange als Zwischenfrucht dazu“, lacht Ströher. Seit den 80’ern säe er Phacelia als Zwischenfrucht an. Dafür gebe es gleich mehrere Gründe. Der, der auf der Hand liege und deutlich sichtbar sei, sei das Bienengewusel auf den blühenden Feldern. „Für die Bienen ist das ein Geschenk. Eigentlich wäre es doch sinnvoll, wenn sich Landwirte und Imker hier gemeinsam arbeiten“, schlägt Ströher vor. Zumindest auf dem Papier wird diese Zusammenarbeit auch vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) in Kassel gefordert. Über die Website des Landesbetriebs können dazu einschlägige PDF-Informationen heruntergeladen werden. Dass diese Zusammenarbeit stärker vorangetrieben werden sollte und dies wünschenswert wäre, unterstreicht auch Bruno Binder-Köllhofer. Der Fachberater für Bienenzüchter hat seinen Dienstsitz in Bieneninstitut Kirchhain. Das Institut ist eine LLH-Außenstelle. Binder-Köllhofer ist für rund 7000 Imker in Hessen zuständig. Wie der Fachberater sagt, habe es zwar an verschiedenen Stellen, so in Grünberg im Landkreis Gießen, bereits Veranstaltungen mit Landwirten gegeben, die auch gut besucht gewesen wären. Insgesamt aber wäre es wünschenwert, wenn dieser Kontakt noch weiter vorangetrieben werden würde. Wie er sagt, sei es eher selten dass eine Landwirt auch noch Imker sei, das ginge schon wegen der Arbeitsbelastung nicht.
Was Landwirt Ströher zur Phacelia sagt, bestätigt Binder-Köllhofer. Nur dass der Anbau der Zwischenfrucht in den vergangenen Jahren sehr zurückgegangen sei. Gerade zu Zeit der Flächenstillgeungsprämien sei der Phaceliaanbau so stark angestiegen, dass es sogar eigenen Phacelianektar gegeben habe. Das war in den 90’ern, eher gegen Ende der 90’er des vergangenen Jahrunderts der Fall gewesen. Doch inzwischen gibt es die Prämie nicht. Und seither sei der Phacelia-Anbau zurückgegangen. „Eigentlich könnte meine Kollegen hier im Ort auch Phacelia säen, aber sie brauchen wohl jeden Quadratzentimeter für die Produktion“, vermutet Ströher. Ein Blick auf mittelhessische Felder zeigt jedenfalls, dass die Phacelia-Felder bei Oberweidbach gegenwärtig eher eine Seltenheit in der mittelhessischen Acker-und Wiesenlandschaft sind. Für Binder-Köllhofer gibt es noch eine andere Erklärung: „Der Ernterhytmus hat sich in diesem Jahr verschoben. Möglicherweise ist es auch einfach zu spät geworden, Phacelia noch zu säen.“ Im Falle von Erich Ströher trifft das allerdings nicht zu. Er hat seine etwas mehr als drei Hektar Phaceliafelder rund um Oberweidbach von vornherein nicht als Ziwschenfrucht gesät, sondern bewusst als Bienenweiden. Mit der lila Pflanze mit der charakteristischen Blüte hat es noch etwas anderes auf sich : Sie ist eine von 7000 Pflanzen, die sich auf der Website von „Plants for a Future“ , auf Deutsch „Pflanzen für die Zukunft“ wiederfindet. Das Besondere an diesen Pflanzen: Sie sind entweder selten oder auf besondere Weise nützlich für den Mensch. Besonders ist sie noch in anderer Hinsicht: Sie ist wie die Herkulesstaude eine Einwanderin, allerdings eine, die nicht so gefährlich ist. Ihr ursprüngliche Heimat sind die USA. Und dort heißt Phacelia wegen ihren besonderen Blütenform denn auch „Fiddleneck“ – Geigenhals.….
Schreibe einen Kommentar