KULTUR/UMWELT/POLITIK und WIRTSCHAFT
Noch fünf Jahre und die Zivilisation wie wir sie kennen, gibt es nicht mehr. Bäume sind größtenteils verdorrt, verendete Tiere prägen das Landschaftsbild und nur irgendwo hoch in den Bergen gibt es vielleicht noch Wasser: Der Plot, den Nachwuchsregisseur Tim Fehlbaum hingelegt hat, spielt in einer nicht mehr allzufernen Zukunft. In dem Film versuchen die vier Hauptakteure Marie, Leonie, Tom und Philipp zu überleben, irgendwie.
Fehlbaums Film lohnt die Ausgabe, sich ins Auto zu setzen und Geld für den Kinobesuch auszugeben. Wer ihn im mittelhessischen Kerngebiet sehen will, hat Glück, wenn er in Marburg wohnt. Denn dort ist das einzige Kino, was ihn derzeit zeigt. Ansonsten ist Autofahren oder ÖPNV angesagt.
Endzeitopern sind in der Regel bisher aus Hollywood bekannt. Und in der Regel handeln die Stoffe in doch sehr phantastischen Szenarien. Etwas die Mad Max II-Erzählung des Australiers George Miller aus den 80’ern des vergangenen Jahrhunderts. Damals gab das Drehbuch vor, dass Treibstoffvorräte knapp geworden waren und sich die Protagonisten Kämpfes ums knapp gewordene Benzin liefern. In Kevin Costners Waterworld (Mitte der 90’er Jahre) sorgen die abgeschmolzenen Polkappen für Kinovergnügen nach Hollywoodmanier und 1990 lässt Russell Mulcahy mit Christopher Lambert als Highlander Connor McLeod und Sean Connery als Ramirez in „Highlander II – Die Rückkehr“ in den Kampf um die Rettung der Erde ziehen. Der Plot: 1994 wird die schützende Ozonschicht zerstört, viele Menschen sterben und ein künstlicher Schutzschild sorgt 50 Jahre bis 2024 für die Fortsetzung des normalen menschlichen Lebens.
In Fehlbaums Film bietet die Zerstörung der Umwelt durch eine viel zu heiße Sonne allerdings „nur“ den Rahmen für eine ausgefeilte psychologische Studie, die nur am Anfang etwas holprig daher kommt. Denn in den ersten Szenen tritt ein verunglücktes französisches Paar, das in seiner Originalsprache mit deutschen Untertiteln auftritt. Beide Darsteller spielen in der weiteren Handlung keine Rolle mehr. Was sie im Film suchen, außer dass noch für eine französische Mineralwassermarke heimlich Werbung getrieben wird, bleibt ein Rätsel. Kein Rätsel bleiben allerdings die Mischung aus Misstrauen, Zweckbündnis und zumeist weiblichem Heldenmut. Vor äußerster Bedrohung, erst durch die Sonne, dann durch zu Kannibalen mutierten Angehörigen einer Bauernfamilie, die ebenfalls ums Überleben kämpfen, wachsen die vier bislang auf der internationalen Bühne eher noch nicht zu präsenten Schauspielern über sich hinaus. Deswegen, den Film ansehen, lohnt sich. Ein gut gemachter Film, der ohne technischen Trickeffekte auskommt, sondern lediglich mit den Stimmen, Ausdrucksformen der Schauspieler arbeitet.
Rein logistisch gesehen hat Fehlbaums Film aber auch eine mittelhessische Variante: Eine Internetrecherche nach Kinos im Bereich des Regierungspräsidiums Gießen (Mittelhessen) zeigt, dass es gegenwärtig wohl nur zwei mittelhessische Städte gibt, in denen dieser Film gezeigt wird: In Marburg und in Limburg. Wer im östlichen Vogelsbergkreis wohnt, also im Einzugsbereich von Alsfeld, Lauterbach oder Schlitz, der muss sich gegenwärtig nach Fulda orientieren.
KOMMENTAR:
Ob die Konzentration auf wenige Kinoketten schuld daran ist, dass sich Kinoprogramme fast wie ein Ei dem anderen gleichen und lediglich (noch) selbständige Programmkinos Filmen eine Chance bieten, die nicht aus Hollywoods oder Bollywoods Traumfabrik herrschen, diese Frage muss sich zur Zeit noch jeder selbst beantworten. Dass es ein Film wie „Hell“ aber in die marktbeherrschenden Ketten schafft, lässt hoffen. Vielleicht hat das Publikum langsam die Nase voll von immer den gleichen an niedrige Humorreize appelierenden Klamaukfilmen oder der fünften Fortsetzung einer längst bekannten Story – etwa Mission Impossible IV, die deswegen nun Phantom heißt. Es bleibt aber auch zu hoffen, dass Nachwuchskünstler wie Tim Fehlbaum sich ihren Erfolg sichern können ohne dafür vom industriellen Massenkulturbetrieb vereinnahmt zu werden und an Niveau verlieren.
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