Ein Mann springt vom Himmel und bannt weltweit die Menschen vor Fernseher und Bildschirme. Als lokales und regionales Medium darauf eingehen oder zur Tagesordnung übergehen? Sinnvolle Sache oder doch nur gigantischer Werbegag? Wie denken die Leser darüber? Zwei mögliche Positionen in 500 Worten stellen hier Christoph v. Gallera vom Mittelhessenblog und Jürgen Brückmann von „Die Stadtredaktion“ aus Heidelberg vor. Beim Mittelhessenblog geht der Daumen für Baumgartners Aktion eher in die Höhe. Jürgen Brückmann sieht die Aktion eher kritisch. In beiden Redaktionen ist man nun auf die Leserkommentare gespannt.
Pro
Was treibt einen Mann dazu, sich 39 Kilometer in die Tiefe zu stürzen? Die Sucht nach dem immer größeren Kick? Oder der Wille, zu zeigen, was ein einzelner Mensch leisten kann, wenn er über sich selber heraus wächst? Felix Baumgartner ist 43 Jahre alt. Hat sich fünf Jahre auf sein Ziel vorbereitet. Verrückt ist das mit Sicherheit nicht. Dass er Partner dafür brauchte, war klar. Finanzieller Partner war Red Bull. Das ist legitim. Die 50 Millionen Euro hätte man sicher auch anders anlegen können. Aber Baumgartner hat so zeigen können, dass es sich lohnt, auch in Technik und Wissenschaft zu investieren, die dem Menschen helfen kann, sich seine planetare Nachbarschaft zu erschließen. Es ist eine Frage der Zeit und wir werden diese Technik brauchen. Felix Baumgartner hat durch seinen Verzicht, auch den Rekord des längsten freien Falls eines Menschen zu brechen, noch etwas anderes gezeigt: Respekt vor seinem 84-jährigen Mentor Joe Kittinger. Dieser Respekt ist etwas, das leider in unserer Zeit trotz aller Sonntagsreden und offizieller lokalpolitischer Termine immer mehr in Vergessenheit gerät. Für sich hat Felix Baumgartner einen Traum erfüllt, für die Erfüllung des Traumes geworben, gekämpft und Förderer gefunden. Hat sich selber körperlich und seelisch darauf vorbereitet. Das war nicht die verrückte Tat eines einsamen Spinners. Sondern wohlüberlegt. Ob eine Vision damit verbunden ist? Keine Ahnung. Aber er hat anderen Menschen gezeigt, was ein einzelner Mensch zu leisten vermag, wenn er an sich glaubt. Bis zuletzt. Das ist mehr als gut!
Contra
Die Menschen brauchen Helden – und den Hype. Aber zuerst zum Helden: Felix Baumgartner, der gestern ausgerüstet mit seinem neuen wundersamen Raumanzug einen Sturz aus der Stratosphäre mit knapp 1100 km/h überlebte. Tolle Leistung, viel Mut. Respekt. Taurinkönig Mateschitz hat prima in seinen gestandenen Schützling und seine Nahrungsergänzungslimonade investiert und so richtig was für alle rausgeholt. Ich glaube nicht, dass 50 Mio. als Investment ausreichten – egal, er hat für seine Marke eine unglaubliche Werbemehrleistung zurück erhalten und den Markenwert international immens gehoben. Und Baumgartner ist nicht nur für seinen Traum geflogen; seine Lebensversicherungsgesellschaft hatte vor diesem Sprung auch dezent um eine Erhöhung der Beiträge gebeten. Aber es passte halt alles: Die Marke. Das Fliegen. Die Sensation. Die gesunde Landung. Aber dann diese Predigten danach um das Hinauswachsen über sich selbst – und schnell sind wir ganz beim ebenso künstlich hergestellten Hype, der so unglaublich altmodisch ist und dessen Mechanismus immer gleich gut funktioniert. Denn schon seit ca. 2012 Jahren hieß, es könne jemand übers Wasser gehen. Und so sind auch viele Reaktionen nach diesem Sprung zu lesen, die in pseudoreligiöser Art und Weise den Sprung und Baumgartner glorifizieren, daraus generalisierende und überinterpretierte Sinnsprüche für das Ziel und die Zukunft und den Frieden der Menschheit allüberall über den Tannenspitzen definieren und dabei vergessen, dass eigentlich überhaupt niemand auf so etwas gewartet hat. Kleine Ursache, große Wirkung – alle haben gewonnen. Wirklich? So schnell wie der Zuckergeschmack aus der Limodose ist dieser Sprung verpufft. Was bleibt? This was no giant step for mankind.
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