Der Plastiktüte soll es an den Kragen gehen. Das ist beschlossene EU-Sache. Bis 2017 soll der knisternde, oft mit Werbebotschaften bunt bedruckte Knautschbeutel der Vergangenheit angehören. Doch Alternativen zu dem auf Erdölbasis hergestellten Beutel gab und gibt es schon länger: Die Jutetasche. Im Gegensatz zum Erdöl kann man deren Rohstoff sogar auch essen und trinken. Und man bekommt ihn mitten in Mittelhessen.
Wer auf der Suche nach Juteexperten im gewerblichen Bereich für den mittelhessischen Raum ist, wird bei verschiedenen Onlinesuchen dabei auf das Stoffhaus Kepper in Herborn verwiesen. Die Geschichte der Faserpflanze beginnt eigentlich in Indien, wo sie gleichzeitig als Kochgemüse u n d als Faserquelle für den täglichen Hausgebrauch entdeckt wurde. Heute ist Bangladesh das weltweit größte Anbaugebiet. Nach Europa kam die Pflanze im 19. Jahrhundert zuerst nach Schottland und dann nach Deutschland als erstem Land auf dem Kontinent.
Wer sich hier in Mittelhessen mal eben auf die Schnelle über die Faserpflanze informieren will, stößt zumindest im Internet schnell auf Grenzen: Die Seite der Uni Gießen einschließlich des Botanischen Gartens spuckt zu diesem Ergebnis genau „0 Treffer“ aus. Auch die Seite der THM geht auf der Suche nach Hinweise zur Jute ohne Ergebnis in die Knie. Fündig wird man dann bei der Uni Marburg, die dann direkt auf den Botanischen Garten und die Abteilung Nutzpflanzen auf ihrer Webseite verweist.
Dort wird die Pflanze aber direkt als Nutzpflanze wie der Hanf eingeordnet. Von einer kulinarischen Nutzung keine Rede.
Auf die stößt man dann eher in Gießen. Im Geschäft der Familie Turhan etwa. Dass es Jute ist, um die es geht, klärt sich allerdings erst beim Blick auf die deutschsprachige kurze Übersetzung der Packung – die ansonsten verrät, dass ihre eigentliche Heimat Ägypten ist. Um langkapselige Jute geht es, die in Ägypten und anderen Staaten des Mittleren Osten Molokia, Malachija oder Nalta heißt. In Ägypten zähle die Pflanze als vielseitig verwendetes Nationalgericht: Gekocht als Gemüse, aufgebrüht als Tee. Auf jeden Fall sei sie sehr gesund, unter anderem auch wegen ihres hohen Eiweißgehalts.
Zudem, so will das Hannah Punitha auf der Seite medindia.net verstanden wissen, enthalte die in Deutschland eher als Beutel bekannte Pflanze mehr Eisen, Kalzium, Magnesium, essentielle Mineralien als etwa Spinat und Brokkoli. Sie sei eine wahre Wunderpflanze, die Jute. Punitha hatte dies 2007 geschrieben. Medindia ist das derzeit bekannteste und größte Gesundheitsnetzwerk in Indien.
Auf dem Portal informiert Punitha noch, dass der Name Molokhia oder Molokia vom arabischen Wort für König stammt: molouk. Einer Sage nach habe ein Arzt einst einen König mit Jutesuppe geheilt. Daher rühre der Name.
Tatsache sei, dass die Wirkungsweise bereits vor 5000 Jahren bei den Ägyptern bekannt gewesen sei. Später habe Plinius darüber berichtet und die durchschlagende vitalisierende, zum Teil erotisierende Wirkung der Jute habe im 11. Jahrhundert zum Verbot durch einen islamischen Herrrscher geführt: al-Hakim Bi-amr Allah („Herrscher durch Gottes Befehl“ oder auf arabisch الحاكم بأمر الله ‚) auch besser bekannt als al Hakim, der einerseits als großer Förderer der Wissenschaft gilt, andererseits durch seine Politik gegen die Christen als Auslöser der Kreuzzüge gesehen wird.
al-Hakims Jute-Verbot hatte mit der Sorge zu tun, dass deren Genuss Männer und Frauen zu einem ausschweifenden Leben verführen könnte.
Heute jedenfalls, so Punitah, wecke die Jute heimatliche Gefühle bei Ägyptern, die mit Libanesen und Syrer darin wetteifern, wer wohl das beste Jute-Gericht kochen könne. Jedenfalls habe die Pflanze ihren Siegeszug um die Welt angetreten. Sie sei in Japan, dem australischen Sydney oder dem kalifornischen Los Angeles zu haben. Das war vor acht Jahren, als Punitha dies feststellte. Nun, acht Jahre später, sieht es danach aus, dass neben der bekannten Verwendung als Packtasche die Pflanze auch als Nahrungsmittel in Mittelhessen angekommen ist. Die man sowohl als Gemüse zubereiten kann wie auch als Tee.
*—-Jute-Links—–*
1.) Internationale Jute-Studien-Gruppe
2.) Jute-Team Deutschland
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