„Da hat alles nichts genutzt. Ich hab mit dem Bürgermeister geredet. Mit Hessenmobil. Es ist einfach nichts passiert. Wir haben in den ersten acht Wochen rund 80 Prozent unseres sonstigen Umsatzes eingebüßt. Jetzt müssen wir immer noch schuften“, regt sich Rainer Müller auf. Er ist Betreiber einer Aral-Tankstelle und Kfz-Werkstatt in Weidenhausen. Ein Ortsteil der mittelhessischen Stadt Gladenbach. Dort wird seit dem 29. Juli die Hauptdurchgangsstraße saniert. Die B255 von Marburg nach Montabaur. Offiziell sollte am 30. Oktober Schluss sein. Wie auch in Gladenbach selber. Doch beide Baustellen ziehen sich und sorgen für Ärger. Die Verantwortung sehen sowohl Betroffene wie auch die Baustellenfirma selber beim Land Hessen. Aber es gibt auch einen Vorschlag, wie öffentliche Auftragsvergaben für Baustellen besser abgearbeitet werden könnten.
In einem Punkt zumindest kann Kai-Uwe Donges Entwarnung geben: „Wenn alles mitspielt, wird jedenfalls in Weidenhausen Montag oder Dienstag nächster Woche die Straße asphaltiert.“ Die Frage, ob damit die am 29. Juli eingerichtete Straßenbaustelle wieder aufgelöst wird und der Verkehr dann wieder wie gewohnt durch den Gladenbacher Ortsteil fahren kann, bejahte der Polier des Marburger Straßenbauunternehmens, der Fritz Herzog AG. Eigentlich hätten die Bauarbeiten am 30.Oktober beendet sein sollen. Dann wurden Schilder aufgestellt, dass sie sich noch bis Mitte November ziehen sollten.
80 Prozent Umsatzverlust
Für Rainer Müller und seine Mitarbeiter dürfte die Nachricht vermutlich nur ein schwacher Trost sein. Denn wie der Tankstellenbetreiber sagt, hätten ihm die Baumaßnahmen in den ersten acht Wochen rund 80 Prozent geringeren Absatzes beschert. Seine Mitarbeiterin Martina Geist berichtete zudem, dass auch ein direkt benachbartes Restaurant auf der gleichen Straßenseite unter den Folgen der Baustelle zu leiden gehabt hätte. „Ich habe den Eindruck, dass wir als Unternehmer dem Land letztlich egal sind. Welche negativen Folgen eine solche Baustelle hat, scheint in Wiesbaden und bei HessenMobil nicht wirklich jemanden zu interessieren“, regt Müller sich auf.
HessenMobil ist der Landesdienst, der eigentlich vor einigen Jahren (2012) in seiner Struktur einschneidend verändert wurde, um das Baustellenmanagement effizienter zu gestalten. Zumindest die Wahrnehmung Betroffener an aktuellen Baustellen vermittelt indes, dass sich nicht wirklich etwas an den faktischen Auswirkungen geändert hat. „Man kommt sich ein wenig auf den Arm genommen vor, um es höflich auszudrücken“, stellt Müller fest.
Martina Geist ergänzt, dass auch die Geschäfte der Gladenbacher Innenstadt ungewöhnlich leer seien. „Sonst sind Wartezeiten, wenn man bedient wird, eigentlich normal. Jetzt kommt man überall gleich an die Reihe“. Aber im Hauptort müssen sich Geschäftsinhaber wohl noch eine Weile gedulden, bis auch der Bauabschnitt der B255 in Gladenbach Vergangenheit ist und die Straße wieder für den Verkehr freigegeben wird. Ihr eigener Arbeitsplatz, die Tankstelle in Weidenbach, sei bis zum 24. September bis auf eine kleine Zufahrt, vollständig blockiert gewesen. In dieser Zeit wurde die Straßenhälfte saniert, die aus Gladenbach Richtung Herborn und Dillenburg führt. Jetzt sei die gegenüberliegende Seite dran. „Das führt auch wieder zu Frust. Bei den Anwohnern, denn die wissen nicht, wo sie parken sollen, wenn etwas gerade etwas schwer zu schleppen ist.“ Manch einer halte dann eben mitten in der Baustelle, um seinen Wagen auszuladen.…
„Warum eigentlich nicht von Mai bis Mai Aufträge vergeben und abarbeiten?“ fragt Kai-Uwe Donges.
„Wir werden vermutlich noch bis Ende November, jedenfalls vier Wochen mit der Baustelle hier beschäftigt sein“, erklärt Donges zur großen Straßenbaustelle in Gladenbach selbst. Wegen unerwarteter und nicht dokumentierter Leitungsfunde hätten sich die Bauarbeiten verzögert, sagt der Polier. Und macht noch etwas anderes für die zeitlichen Engpässe verantwortlich, die den Baustellenbetrieb bis in den Winter dauern lassen: „Darüber klagen nicht nur wieder sondern auch die Mitbewerber:
Die Bauaufträge werden von der öffentlichen Hand in der Regel dann vergeben, wenn gemerkt wird, dass noch Geld übrig ist, das bis Ende des Jahres noch ausgegeben werden muss. Dann haben wir auf einmal Auftragsstau, müssen sehen, wie wir unsere Leute wo einsetzen können. Mehr als arbeiten können wir ja auch nicht“, sagt Donges. Der Polier, der die Baubranche gut drei Jahrzehnte kennt, sagt, dass sich die Vergaberhythmen immer wieder gleichen würden: Im Frühjahr und Sommer, wenn eigentlich eine gute Zeit wäre, um etwas Tiefbauarbeiten zu erledigen, wäre oft genug Stillstand, so dass Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt werden müssten. „Es wäre sicherlich praktischer und reeller, wenn man dies auf ein ganzes Wirtschaftsjahr legen würde, also etwa von Mai bis Mai, letztlich so, wie dies eben sonst in der Wirtschaft üblich ist“.
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