Liebe Mittelhessenblogleser: Das Garagenwunder von Bill Gates wiederholt sich – im mittelhessischen Asslar im Lahn-Dill-Kreis. Nur dass es dieses Mal nicht um Bits und Bytes geht, sondern um lästige Vertreter aus dem Reich der Spinnen: Zecken. Gegen die Plagegeister hat der 31-jährige gelernte Bürokaufmann Mike Moldenhauer ein Mittel entwickelt, das samt zugehöriger Dose zur Patentierung ansteht. Noch ist seine Werkstatt eine Garage. Das könnte sich mit der Zeit ändern. Der Mittelhesse ist aber nicht allein. In der Schweiz hat sich Thomas Hufschmid, Forscher an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften ebenfalls zum Kampf gegen die Holzböcke aufgemacht. Beide Konzepte, so unterschiedlich sie im Ansatz sind, sind rein biologisch und haben vermutlich das Zeug, gemeinsam zum Quotenrenner zu werden.
Schweiß, Kohlendioxid, Bärlauch: Das sind nur einige der Zutaten, mit denen die Schweizer Forschergruppe um Thomas Hufschmid in einem groß angelegten Feldversuch ein Jahr lang, von Mai 2009 bis Mai 2010, dem Geheimnis der Zecken auf die Schliche kommen wollten. Ziel des Projektes: Unter Ausnutzung des extrem guten Geruchssinns der Zecken diese mit ihren eigenen Waffen schlagen und sie am Ende mit einem Pilzbad zur Strecke zu bringen. Inzwischen kann Hufschmid Ergebnisse dieser Machbarkeitsstudie vorweisen. Hufschmids Forschungen wurden vor kurzem im Schweizer Fernsehen vorgestellt.
Während in der Schweiz mit einem kompletten wissenschaftlichen Apparat im Hintergrund, eben dem der ZHAW, die Suche nach den besten Zutaten für eine Zeckenfalle aufgenommen wurde, machte sich Moldenhauer zusammen mit einem Freund an die Erforschung des Problems. Im Laufe von rund zwei Jahren hat der Bürokaufmann, der lange im Außendienst unterwegs war, seine Antwort auf die Fallenfrage gefunden und ist damit nun seit dem Frühjahr 2010 unterwegs. Genau gesagt seit dem 1. April. Gemeinsam mit Bekannten, Freunde, der Familie wurden die ersten Lieferungen gefertigt, verpackt und auf den Weg zum Kunden gebracht. Neben der Idee Moldenhauers ist auch die Umsetzung spannend und erinnert an manches heute erfolgreiche Familienunternehmen: Um seinen Traum zu verwirklichen, hat der Asslarer kurzerhand seinen Wagen und noch einiges andere verkauft und der Erlös in den Aufbau seines jungen Unternehmens gesteckt. Anfangs im Bekanntenkreis wegen seiner Idee belächelt, wird er jetzt ernst genommen. Wie er sagt, seien inzwischen namhafte Ketten an ihn herangetreten und hätten versucht, ihm den Vertrieb unter ihrem Dach schmackhaft zu machen. Einhergegangen wäre das aber mit einem niedrigeren Verkaufspreis als dem, den er selber pro Packung definiert hatte. Darauf will sich Moldenhauer aber nicht einlassen. Stattdessen hat er sein eigenes Netz genutzt, das noch aus seiner Zeit als Außendienstler stammt. So kommt es, dass die Zeckenfalle aus dem mittelhessischen Asslar inzwischen in vielen Baumärkten, Apotheken und Landhandelsmärkten zu finden ist. Auch das Internet nutzt der umtriebige Jungunternehmer.
Das Motiv für Moldenhauer war eher privater Natur: Selber Vater junger Kinder und Hundebesitzer waren ihm die Plagegeister ein Dorn im Auge. Die bekannten, auf chemische Lösungen zurückgreifenden Zeckenmittel, schienen ihm allerdings nicht die richtige Lösung zu sein, zumal wenn man das Mittel dort verwendet, wo man sich draußen häufig aufhält: Im Garten. Mit seiner Zeckenfalle, die die Plagegeister mit einem Duftstoff anlockt und sich dann festkleben lässt, hat Moldenhauer nun zumindest eine erste leicht einzusetzende Antwort gefunden. Der Asslarer will seine Produktlinie mit der Zeit ausweiten. Zeckenbänder für Hunde und Katzen könnten eines der nächsten Projekte sein, an denen gearbeitet wird. Genauso aber auch die Ausweitung seines Geschäftes in andere Länder wie die Türkei, die das ganze Jahr mit den Viechern zu tun haben, wie die Moderatorin des Schweizer Fernsehens die Zecken treffend nennt.
In der Schweiz will man in maximal drei Jahren soweit sein, um auf den Markt zu gehen. Anders als Moldenhauer, der bisher jedenfalls nur an die rein private Kundschaft geht, wollen die Schweizer auch an öffentliche Plätze gehen. Ansprechpartner in diesem Fall dürften kommunale oder Landesbehörden sein.
Den Beitrag im Schweizer Fernsehen gibt es hier:
Übersichtskarte für Borreliose in Vorbereitung – Kritik an deutschen Gesundheitspolitikern
Wie schlimm sieht es überhaupt um die Zeckengefahr aus ? Wieviel davon ist echt, wieviel eher ein Geschäft mit der Angst vor Borreliose und FSME. Gegen Borreliose, wenn denn direkt darauf reagiert wird, kann man sich mit Antibiotika helfen. Vor der Virenerkrankung FSME, die im schlimmsten Fall tödlich enden kann, hilft Schutzimpfung. Gegen Borreliose sei zur Zeit außer der Antbiotika-Therapie nach einem Biss immer noch kein Kraut gewachsen. Das stellte Irmtraut Hartmann aus Dillenburg-Eibach fest, die gemeinsam mit Tanja Ressel aus Schöffengrund die Borreliose-Selbsthilfe-Gruppe Mittelhessen leitet. Zur Zeit, so Hartmann, werde an einer Karte für den mittelhessischen Raum gearbeitet, auf der die Borreliose-Verbreitung sichtbar gemacht werden soll. Wie Hartmann sagt, würden Menschen mit Verdacht auf Borrelioseerkrankungen aus dem gesamten mittelhessischen Raum vom Gießener Land über den Lahn-Dill-Kreis und aus dem Limburg-Weilburger Raum bei ihr anrufen. Die Tendenz nehme zu.
Eine Übersichtskarte habe auch der Dachverband, der Borreliose- und FSME-Bund Deutschland (BFBD) in Vorbereitung. Ute Fischer, die Vorsitzende des Patientenbundes, hatte sich 2009 bereits über eine Falschimformation aus dem Bundesgesundheitsministerium aufgeregt. Ihre Pressemitteilung hatte es mit dieser Kritik in Teli geschafft, ein Blog, das sich kritisch mit den Grenzfeldern zwischen Journalismus und Wissenschaft auseinandersetzt. Fischer warf dem Ministerium vor, mit einer Broschüre die Gefahr der Zeckenverbreitung zu verharmlosen. Das Ministerium habe lediglich Baden-Württtemberg und Bayern als Gebiete miz Zeckenrisiko dargestellt. Dies, so Fischer, sei falsch. Viele Betroffene in Deutschland lebten auch in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hamburg, Berlin und in den neuen Bundesländern. In einer aktuellen Pressemitteilung auf der Internetseite des BFBD wiederholt Fischer diese Kritik und wirft dem aktuellen Gesundheitsminister, dem promovierten Arzt Philipp Rösler, vor, die Gefahr zu verharmlosen. Fischers Kritik an der deutsche Gesundheitspolitik mag ihre Berechtigung haben. Im Falle der Vogelgrippe war im Nachgang bekannt geworden, dass die Gefahr sehr aufgebauscht worden war, infolgedesssen ein millionenschweres Impfschutzprogram angeschoben wurde. Dessen Kosten, so räumten die verantwortlichen Gesundheitspolitiker hinterher ein, hätten wesentlich niedriger ausfallen können.
Im Falle der Borreliose-und-FSME-Erkrankten vermutete die deutsche BFBD-Vorsitzende einen zu großen Lobbyeinfluss der Pharmaindustrie auf die Gesundheitspolitik , wenn es um die vorbeugende Bekämpfung der von Zecken ausgehenden Gefahr geht. Zudem sorge die unzureichende Diagnose für zahlreiche Fehlbehandlungen.
Die EU, so Fischer, wolle noch in diesem Jahr, also 2010, eine europaweite Meldepflicht für Borrelioseerkrankungen einführen. Deutschland habe bislang keine aktuellen Zahlen vorgelegt. Die jüngsten stammen, so Fischer, von 1999.
Helena meint
Auch in Hessen leben Betroffene und ich bin eins davon. Ich wurde in Hessen gestochen und dort gibt es sehr viele Zecken. Hessen ist, wie Sie wissen, ein waldreiches Bundesland und auch in den Weinbergen am Rhein sind Zecken eine Gefahr.