Liebe Mittelhessenblogleser:Es ist das Jahr 1961: Hessen ist ein Land mitten im Wirtschaftswunder, die Bevölkerung gewachsen um diejenigen, die in dem Land zwischen Kasseler Herkules und dem bald südlichsten Zipfel Hirschhorn am Neckar eine neue Heimat gefunden hatten, Frontstaat in direkter Nachbarschaft des Eisernen Vorhangs: In Alsfeld sollte es sein, dass der damalige Ministerpräsident Georg August Zinn (SPD) den ersten Hessentag eröffnete, mit dem Ziel, dass sich alle in ihrer Identität als Hessen in dem jungen Bundesland erkannten. Galt Zinn als Landesvater, will 50 Jahre später dieses Gefühl nicht aufkommen, wenn der jetzige hessische Ministerpräsident in Berlin dort Sparpläne einfordert, wo die Hessen-Agentur für den Hessentag 2010 mit Hessen als Land der „Dichter und Denker“ wirbt.
Für seine Gedanken hat Koch zwar sich inzwischen von seiner Parteichefin nun öffentlich eine Rüge eingehandelt, desgleichen von seiner Parteifreundin Bundesbildungsministerin Annette Schavan. Diese Kritik mag ehrlich sein. Ob die hessische Politik ehrlich ist, bleibt abzuwarten. Richtig ist, dass die hessische Landesregierung Millionen in den technologischen Ausbau der Region steckt. Augenblicklich steht Mittelhessen als medizintechnische Schwerpunkt Region im Mittelpunkt. Was in dieses Bild aber nicht passt: Wieso will die hessische Landesregierung ausgerechnet dort den Rotstift ansetzen, wo eigentlich das einzige Kapital eines Landes liegt, das weder mit ausgeprägt überregional anziehenden Touristikschwerpunkten nachhaltig punkten kann noch das es über Bodenschätze verfügt, die in nennenswerter Weise genutzt werden könnten. Was bleibt, ist das Wissen, das an Schulen grundlegend und spezialisierend an den Hochschulen des Landes vermittelt wird. In die Förderung einer privaten Hochschule zu investieren, wie es Kochs Wissenschaftsministerin im FAZ-Interview gesagt hat, kann letztlich nicht den Erhalt und den Ausbau des Wissens an den staatlichen Hochschulen ersetzen. Besonders eigenartig wirkt es, wenn das gleiche Bundesland für sein aktuelles Länderfest, den 50. Hessentag in Stadtallendorf im Landkreis Marburg-Biedenkopf, mit dem Slogan wirbt: „Wir sind das Land der Dichter und Denker – An Hessen führt kein Weg vorbei.“ Im gleichen Werbeblock im Infoheft für den Hessentag 2010 heißt es weiter: Erfolgstrainer für die Jugend haben in Hessen Tradition. Angesichts der aktuellen geplanten hessischen Bildungspolitik mögen an dieser Aussage Zweifel angebracht sein. Auch daran. wieviele angesichts dieser Politik sich wirklich als Hesse fühlen oder nur auf Abruf in Hessen leben. Der hessische Ministerpräsident wird sich daran messen lassen müssen, ob er tatsächlich ein Präsident ist, der es schafft, einerseits einen verantwortbaren Wirtschaftskurs zu fahren und andererseits die berechtigten Forderungen von Forschung, Lehre und Familien nach besserer Finanzausstattung für Kindertagesstätten, Schulen und Hochschulen so zu berücksichtigen, dass diese nicht vor den Kopf gestoßen werden.
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