Liebe Mittelhessenblogleser: Am 11. Juni kam eine verwertbare Reaktion auf das Bilderbergtreffen, in der vorliegenden Form so erwartet aber insgeheim anders erhofft: Die Pressestelle der SPD teilte am Freitag kurz mit, dass Olaf Scholz „wie andere europäische Sozialdemokraten“ auch an dem Treffen teilgenommen habe, das aber dem reinen Gedankenaustausch diene und keine Beschlüsse fasse. Im übrigen wird für weitere Neuigkeiten auf die Website der Bilderberger verwiesen. Immerhin: Von der SPD kam eine Antwort. Überhaupt gar nicht erst gelesen wurde die an alle hessischen EU-Abgeordneten versandte Frage von Thomas Mann. Zumindest kam per Mail die Nachricht ebenfalls am 11. Juni, dass die Mail nicht gelesen wurde. Es bleibt zu hoffen, dass der hessische CDU-Mann dem Motto seiner Website treu bleibt und doch antworten wird. Zumindest lassen die Kommentare den Schluss zu, dass er offenes Ohr für die Bevölkerung habe.
Im Folgenden der Originalmail-Wechsel zwischen dem Mittelhessenblog und der Pressestelle der SPD:
Sehr geehrter Herr Gallert,
hier das gewünschte Statement von Olaf Scholz:
Herr Scholz hat wie auch andere europäische Sozialdemokraten an der diesjährigen Bilderberg Konferenz teilgenommen. Bei der Konferenz handelt sich um einen Gedankenaustausch, Beschlüsse werden auf diesen Tagungen nicht gefasst. Wie Sie der Internetseite der Veranstaltung entnehmen können (www.bilderbergmeetings.org), dient die Veranstaltung der gegenseitigen Verständigung. Auf der Konferenz wurde zum Teil sehr kontrovers über unterschiedliche Themen diskutiert. Wir gehen davon aus, dass eine Themenübersicht demnächst im Internet unter genannten Seite verfügbar ist. Dort finden Sie auch weitere Informationen zu der Veranstaltung.
Im Auftrag von Karin Nink
Beste Grüße
Catherine Worrmann
Pressestelle SPD-Parteivorstand
Willy-Brandt-Haus,
Wilhelmstraße 141
10963 Berlin
Tel: 030 25991 300
Fax: 030 25991 507
Mail: pressestelle@spd.de
—–Ursprüngliche Nachricht—–
Von: Christoph von Gallera [mailto:christoph.v.gallera@mittelhessenblog.de]
Gesendet: Sonntag, 6. Juni 2010 23:06
Betreff: Teilnahme am Bilderberg-Treffen 2010
Wichtigkeit: Hoch
Sehr geehrter Herr Scholz, sehr geehrter Herr Schäfer-Gümbel,
das Bilderberg-Treffen beschäftigt seit seinem Bestehen politisch
denkende und interessierte Menschen. Um das Treffen ranken sich Mythen
und Legenden. Zum ersten Mal in der Geschichte dieses Treffens wurden
nun vorab Ausschnitte der Themen und die Liste der aktuellen Teilnehmer
veröffentlicht.
Die Kritik an diesem Treffen, zieht man einmal diverse
Verschwörungstheorien ab, ist vor allem diese: Wie kann es sein, dass
ein Treffen der höchsten wirtschaftlichen Vertreter der westlichen
Industrienationen unter anderem gemeinsam mit Vertretern der deutschen
Politi quer durch die Parteien und Funktionen unter hermetischem
Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden kann? Welchen Einfluss das
Bilderberger-Treffen tatsächlich auf die strategische und aktuelle
Politik hatte, wurde lediglich dank der Arbeit investigativ tätiger
Journalisten mosaikweise bekannt. Die jüngste Offenlegung wird in
Medienkreisen als mögliche „Flucht-nach-Vorn-Reaktion“ interpretiert, um
dem Treffen den Ruch der Geheimbündlerei zu nehmen.
Zumindest aus der Endzeit des 19. Jahrhunderts und dem ersten beiden
Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts ist die Praxis der Geheimkabinette
bekannt. Fraglich ist, inwieweit diese Praxis in eine
Gesellschaftsordnung passt, die vorgibt, auf dem Boden einer
freiheitlich-demokratisch verfassten Grundordnung zu stehen, vornehmlich
eine Gesellschaft wie die der alten Bundesrepublik Deutschland und deren
Nachfolge seit 1990.
Nicht nur die Leser des Mittelhessenblogs dürften die Motive deutscher
Politik interessieren, sich dem Primat einer, wie es zumindest das
Selbstverständnis der Urheber des Treffens erscheinen lässt,
Zusammenkunft unterzuordnen, die in erster Linie nicht vom Primat der
Politik, sprich vom Primat der gewählten Volksvertreter, dominiert wird.
Es wäre sicherlich dem Rückgewinn des Vertrauens in die Arbeit der
Politik und dem Vertrauen in funktionierende demokratische Strukturen
westlicher Lesart förderlich, wenn gerade von Vertretern der
Sozialdemokratischen Partei Deutschlands eine persönliche Stellungnahme
über Gründe und Erwartungen für eine solche Teilnahme käme, genauso eine
ungefilterte Würdigung der aktuellen Inhalte und Ergebnisse der
Bilderberg-Konferenz 2010.
Mit den besten Grüßen und meinen Dank für eine zeitnahe, umfassende Antwort.
Ein Hinweis: Ich werde diese Anfrage genauso wie Ihre Antworten (oder
Nicht-Antworten) im Mittelhessenblog dokumentieren. Sie werden diesen
Link ebenfalls zugesandt bekommen. Ihre Emailadressen bleiben aus
Schutzgründen verborgen. Eine Kopie dieser Anfrage geht in diesem Fall
aus Dokumentationsgründen auch per Fax an das Bürgerbüro von Thorsten
Schäfer-Gümbel.
Christoph von Gallera
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