Mitunter fügen sich Dinge zusammen, die auf den ersten Blick nicht zusammengehören. So scheint es wohl mit Georg Büchner, der aktuellen Antwort der Stadt Gießen auf die Frage nach der Unterstützung baustellengeschädigter Unternehmer, der Wut der Limburger auf den verflüchtigten Bischof Tebartz-van Elst und dem bayerischen Kabarettisten und politischen Bänkelliedsinger Konstantin Wecker und Stoersender.tv zu sein. Der ruft mit Prinz Chaos auf dem Kanal zur Revolte mit Herz und Hirn auf.
[Red. Anmerkung: Als diese Glosse entstand, platzte plötzlich die Nachricht vom Tode Dieter Hildebrandts herein. Noch frisch war die unwesentlich ältere Nachricht, er wolle gegen seinen Krebs kämpfen. Dieter Hildebrandts letztes großes Projekt ist der Stoersender, Plattform für kritische, kabarettistische Stücke. Sprich, ohne Hildebrandt hätte es letztlich nicht diese Glossenvorlage gegeben: Der große Zug von Büchner über eine Reaktion der Stadt Gießen hin zum Revoltenaufruf von Konstantin Wecker auf Stoersender.tv. Es wäre sicher nicht im Sinne Hildebrandts gewesen, deswegen die Glosse zu ändern. ]
Ob Georg Büchner nun zu Recht d e r Literat und Revolutionär sei, diese Frage stellte das Mittelhessenblog vor wenigen Tagen. Mit zwei Veröffentlichungen auf tango publishing und im Mittelhessenblog. Klar, habe er diesen Ruf zu Recht verdient, lautete eine Antwort in einem Kommentar und in einem zweiten dieser Tenor: Auch junge Rebellen können altern. Erfolgreich der automatisch einsetzenden Altersweisheit trotzen. Also: Büchner lebt immer noch. So die Botschaft. Das wohl eher verfeinert, raffiniert, subtil, in politischen Kabarett‑, Comedyformaten.…..
Hin und wieder hat man auch in Gießen, Wetzlar oder anderen mittelhessischen Kommunen die Gelegenheit Kabarett zu erleben. Durch Auftritte von echten oder unfreiwilligen Kabarettisten und Komödianten. Mitunter handelt es sich wohl um Galgenhumor. Mitunter kommen die Vorlagen aus der Politik
Ob das nun mit der Antwort der Stadt Gießen auf die Frage nach der Entschädigung von Baustellenopfern auch so ist, wer weiß. Um eines vorwegzunehmen: Die Kritik richtet sich nicht gegen die Pressesprecherin der Stadt Gießen. Claudia Boje hat nicht lange auf sich warten lassen. Die übermittelte Botschaft war aber klar: Kein Geld für unverschuldete finanziell oder noch schlimmer existenziell gefährdete Baustellenopfer. Zum besseren Verständnis: Gemeint sind die von der öffentlichen Hand angestoßenen und umgesetzten Bauvorhaben. Von Beeinträchtigungen durch private Baustellen ist nicht die Rede.
Es ist ein merkwürdiges Bild, das sich da abzeichnet: Hier werden Millionen ausgegeben, um die Stadt Gießen schön zu machen. Für das Großereignis Landesgartenschau. Gewiss. Kurzzeitig wirkt das sicher als wirtschaftsfördernde Finanzspritze für die Firmen, die damit beauftragt wurden, diese Arbeiten voranzubringen.
Dort die schulterzuckende Feststellung: „Ei, wenns das eine oder andere Unternehmen zerlegt, dann ist das sicher traurig, wir können aber nix machen“. Merkwürdig ist dies schon. Und es ist nur ein Ausschnitt einer Reihe von Merkwürdigkeiten.…..
Mit Merkwürdigkeiten haben es die Katholiken in Limburg zu tun. Es geht um den jetzt sich ins Kloster verflüchtigt habenden Bischof Tebartz-van Elst. Dass er die 20000 Euro Strafzahlung akzeptiert hat, die ihm das OLG Hamburg auferlegt, zeigt immerhin: Der Mann hat zumindest zugegeben, dass er nicht richtig gehandelt haben könnte, was seine Journalistenauskünfte wegen seiner Flugreise betrifft. Nur die Flugreise hat im Vergleich zu den verbratenen 31 Millionen in der Limburger Bischofsresidenz einen vergleichsweisen Peanutscharakter. Alles zusammen hat aber die Limburger Katholiken rebellisch gemacht. Sie sind auf die Straße gegangen, haben sich aufgeregt und eine kleine Reformation in Gang gesetzt.…
Mit den Merkwürdigkeiten im großen Stil hat sich ein, wenn nicht d e r Urvater des politischen Kabaretts im politischen Nachkriegswest- und später Einheitsdeutschland befasst: Dieter Hildebrandt. Ihm ist die Existenz des Internetsenders Stoersender.tv zu verdanken – als Plattform für einen unabhängig kritischen Kabarettjournalismus. Auf dieser Plattform hat nun Konstantin Wecker gemeinsam mit Prinz Chaos II einen Aufruf zur Revolte unters Volk gebracht. Wer als Zitatgeber dort einen Platz findet: Georg Büchner mit seinem „Friede den Hütten! Krieg den Palästen“ – aus dem hessischen Landboten. Der Kreis schließt sich also: Wecker und Prinz Chaos rufen zur einer Revolte mit Herz und Hirn auf. Durchaus mit der Absicht, dass sich dieser Geist auch in der Region fortsetze.
Ein kleiner Aufkleber an der Freitreppe des Bahnhofvorplatzes in Gießen scheint da zumindest etwas zu versprechen. Er macht Werbung für das „Cafe Deutschland“. Ein Stück der Frankfurter Musiker Guido Braun und Simon Reverb. Im Refrain heißt es: „du bist gefangen im cafe deutschland wo sich gedanken verlaufen bis der kopf explodiert“.
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