Ein zerschlagener Krippenweg, ein Überfall auf eine Sparkassenfiliale, eine in ihrer Wohnung eingeschlossene 83-jährige, die Opfer eines Einbruchs wurde, und auf der anderen Seite ein gefasster dummer Mietbetrüger und Gnadenerlässe für hoffentlich geläuterte Ganoven: Weihnachten in Mittelhessen oder Auweianacht?
Heiligabend, Weihnachten, alle Jahre wieder. Und das in wechselnden Formen und Traditionen seit rund 2000 Jahren. Eine lange Zeit. Wie die früheren Mittelhessen, also Römer, Kelten, Chatten um das Jahr 30, 40 die Erinnerung an Christus gefeiert haben, ob überhaupt – das ist nicht wirklich überliefert. Sondern als ständig wiederkehrende, dafür sehr effektive Sage im Buch der Bücher, der Bibel festgehalten. Gefeiert wird Jesus Christus, historisch gesehen ein Sozialrevolutionär mit einer Botschaft, die römischen Machthabern ebenso in den Ohren geklungen hat wie den jüdischen Händlern. Das Ende des Mannes ist bekannt. Nur Heiligabend feiern wir seine Geburt – jedenfalls diejenigen von uns, denen der christliche Glaube noch etwas bedeutet. Ob er allerdings noch etwas bedeutet – Zweifel beim Blick in die Schlagzeilen des aktuellen Polizeiberichts des Polizeipräsidiums in Mittelhessen kommen da schon auf. Auch beim Gedanken daran, dass vor der eigenen Haustür bislang Unbekannte einen mühevoll aufgebauten Krippenweg größtenteils zerstört haben. Nur: eine zentrale Botschaft der christlichen Lehre ist auch Hoffnung. Insofern auch die Hoffnung, dass auch Ganoven irgendwann die Erleuchtung kommt, dass es sich ehrlich am Ende doch besser lebt.
Die Geschichten hinter diesem Mittelhessenblog-Weihnachtsartikel:
Die Krippenzerstörer in Fellingshausen
Im Biebertaler Ortsteil Fellingshausen war vor vier Jahren von einem engagierten Fellingshäuser, Friedel Winter in mühevoller Arbeit ein beliebter Wanderweg zum ersten Mal mit verschiedenen Krippenstationen eingerichtet worden. Aus Tannenzapfen, Holz, Moos, Zweigen, kurz allem was in der Natur an Werkmaterial vorkommt, hatte Winter immer im Abstand von einigen Metern diese Stationen mit seinen Helfern aufgebaut. Ehrenamtlich, ohne Geld dafür zu bekommen oder zu verlangen, einfach nur, um so ein Symbol für die Adventszeit zu setzen und ein wenig etwas für die Dorfverschönerung zu tun. Nun ist das eingetreten, was Skeptiker bereits 2008 befürchtet hatten: Rund ein Drittel der mehr als 40 Stationen ist zerstört worden. Abgesehen von der Tatsache, dass sich hinter solch einem Handeln eine vollkommene Missachtung der geleisteten Arbeit steht, kommt noch erschwerend dazu, dass anscheinend die Botschaft, die mit der Adventszeit verbunden ist, ebenfalls mit Füßen getreten werden soll. Diese Tat ist insgesamt genauso unverständlich wie die Zerstörung eines Waldwohnzimmers des evangelischen Kindergartens im September 2010.
Himmlische Heerscharen und verhinderte Bankräuber in Burkhardsfelden
In Burkhardsfelden, einem Ortsteil der Gießener Ostkreis Gemeinde Reiskirchen versuchten sich zwei Männer als Bankräuber und suchten sich als Ziel die dortige Sparkassenfiliale aus. Im Polizeibericht ist davon die Rede, dass sie sich an die zwei Bankangestellten herangeschlichen hatten, als diese nach Feierabend ihre Filiale verlassen wollten. Dabei versuchten sie ihnen, von hinten den Mund zuzuhalten. Einer der Angestellten konnte sich aber befreien und um Hilfe rufen. Davon wurden die verhinderten Bankräuber in die Flucht geschlagen und werden nun von der Polizei gesucht. Wer übrigens dazu etwas sagen kann, den bittet die Polizei um Anruf (Kripo Gießen: 0641/7006–2555, die Tatzeit war am 21. Dezember gegen 18.30 Uhr).
Abgesehen davon, dass Banken heute in der Regel nur mit Zeitschlössern ausgerüstete Tresore besitzen, sind kleine Filialen ohnehin aus Sicherheitsgründen nur mit kleinen Mengen Geld ausgestattet, wie ein Bankmitarbeiter im Zuge einer früheren Recherche der Mittelhessenblog-Redaktion mitteilte. Auf die entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen würden Bankbesucher ohnehin mit Aufklebern und Hinweisschildern aufmerksam gemacht. Insofern fragt sich, welcher Teufel die beiden verhinderten Bankräuber geritten hat. Den Bankangestellten dürften sie einen ordentlichen Schrecken eingejagt haben. An der Stelle kann man ihnen nur gratulieren, dass nichts Schlimmeres passiert ist. Insofern hatten beide noch Glück im Unglück. Mit Blick auf die Adventszeit sei die Frage erlaubt, ob möglicherweise an diesem Tag ganze himmlische Heerscharen unterwegs waren, um den beiden Bankangestellten zumindest aus dieser mißlichen Lage zu helfen.
Alte Frau in Linden wird vom Angehörigen befreit
Nur weil ein Angehöriger gleich Verdacht geschöpft hat, wurde eine 83-jährige Frau in Linden, ebenfalls Landkreis Gießen, am 22. Dezember abends aus einer mehr als unangenehmen Lage in ihrer eigenen Wohnung von der Polizei befreit. Was war geschehen? Die alte Dame hatte offensichtlich nichtsahnend zwei bis drei Männern ihre Wohnung geöffnet. Die sperrten sie in ihr Badezimmer und durchsuchten anschließend ihre Wohnung, berichtet die Polizei. Was die Einbrecher erbeutet haben, stand allerdings noch nicht fest. Aber auch die 83-jährigen Frau hatte in ihrer Lage noch Glück: Wie es heißt, habe sie zwar geschwächt auf dem Badezimmerboden gelegen, im Krankenhaus seien aber keine Verletzungen festgestellt worden. Dennoch muss man auch hier feststellen, dass die Tat an sich noch ein Stück verwerflicher ist als der Banküberfall: Die Ahnungslosigkeit der Frau auszunutzen und in Kauf zu nehmen, dass sie sich möglicherweise zu Tode erschreckt – in des Wortes tiefster Bedeutung. Auch in diesem Fall bittet die Kripo Gießen um zweckdienliche Hinweise, Tatzeit 22. Dezember 2011, Linden, Am Mühlberg.
Dummer Mietbetrüger aus Dillenburg wird vom Amtsgericht Bayreuth über Weihnachten und Neujahr eingesperrt
Ein 29-jähriger Mann hat über die Weihnachtsfeiertage und Silvester Zeit, auf Staatskosten hinter schwedischen Gardinen über seine Verfehlungen nachzudenken. Zu verdanken hat er diese staatlich verhängte Denkpause dem Amtsgericht in Bayreuth. Was hat Bayreuth mit Mittelhessen zu tun? Nun: Der Mann war mit seinem Auto der bayrischen Polizei während einer Autobahnkontrolle bei Bayreuth ins Netz gegangen. Das Dumme war nur: Der Wagen war geklaut. Mit diesem Wagen war der Mann, der zuletzt im niedersächsischen Goslar im Westharz gewohnt hatte, schon seit Dillenburg unterwegs. Dort hatte sich der 29-jährige in einem Hotel eingemietet und blieb die Zeche schuldig. Das war schon vom 15. auf den 16. Dezember geschehen. Dumm nur für ihn, dass sein Name bekannt war, seine Fingerabdrücke auch und das Kennzeichen des Autos. Denn so konnte die Polizei feststellen, dass der Wagen vor kurzem erst in Appenweier am 12. Dezember gestohlen worden war. Mit diesem Auto jedenfalls hat sich mietbetrügende Autodieb dann aus Dillenburg aus dem Staub gemacht, geriet bei Aschaffenburg in eine Radarkontrolle ohne dingfest gemacht zu werden und der Polizei am Ende am 21. Dezember in Bayreuth doch ins Netz ging. Der Haftrichter schien anscheinend der kriminellen Energie des Endzwanzigers nicht wirklich amüsiert zu sein und entschloss, auch vor dem Hintergrund, dass der Mann zur Zeit keinen festen Wohnsitz hat, diesen in Untersuchungshaft zu stecken, über Weihnachten und Neujahr. Im Früjahr soll ihm dann der Prozess gemacht werden. So jedenfalls berichtet dies Polizeipressesprecher Ernst-Walter Schramm aus Dillenburg.
Hessischer Justizminister begnadigt 170 Gefangene zu Weihnachten
Für sich selbst spricht diese Meldung aus dem hessischen Justizministerium. Verblüffend ist allerdings auch die Offenheit, mit der diese Gnade zwischen den Zeilen begründet wird. Jeder Hafttag kostet den Staat und damit am Ende den Steuerzahler 105,93 Euro, insgesamt in zehn Tagen rund 180081 Euro. Bleibt nur die Frage: Werden die Häftlinge tatsächlich entlassen als Belohnung für ihre während der Haft geleisteten Arbeit oder weil es die Kassen entlastet oder weil Weihnachten ist?
Pressemitteilung des Hessischen Justizministeriums
„Im Rahmen der alljährlichen Weihnachtsgnade wurden in diesem Jahr voraussichtlich 170 Häftlinge vorzeitig entlassen“, wie Justizminister Jörg-Uwe Hahn bestätigte: „In Frage kamen Gefangene, deren Haftzeit ohnehin bis zum 05. Januar geendet hätte. Mit diesem Gnaden-Erlass, der in den meisten Bundesländern üblich ist, wollen wir den Menschen die Möglichkeit geben, die Feiertage im Kreise ihrer Familien zu verbringen. Und wir wollen Ihnen die Rückkehr in die Freiheit erleichtern.“ Im Einzelfall prüft die Staatsanwaltschaft als Strafvollstreckungsbehörde, wer sich als „gnadenwürdig“ erwiesen hat. Unterkunft und Lebensunterhalt müssen sichergestellt sein. Die Gnade ist auch eine Anerkennung für die Arbeit, die der Gefangene im Vollzug geleistet hat. Die genaue Zahl steht erst zu Beginn des neuen Jahres fest, wenn die Meldungen aller Staatsanwaltschaften vorliegen. Die „Weihnachtsgnade“ hat auch ihre wirtschaftliche Seite. Ein Hafttag schlägt mit rund 105,93 Euro zu Buche. Wenn pro Häftling zehn Tage erlassen werden, so kommen bei etwa 170 Häftlingen rein rechnerisch fast 180.081 Euro Ersparnis zusammen. In den 16 hessischen Justizvollzugsanstalten saßen zum Stichtag 30. November 4772 Häftlinge ein. Davon befanden sich 902 in Untersuchungshaft.
Eine ungewöhnliche Vorweihnachtsgeschichte? Vielleicht. Aber welcher Tatsache hat die Weihnachtsgeschichte, wie sie in vielen Krippenspielen nach der Bibel erzählt wird, ihre Entstehung zu verdanken? Am Ende der Tatsache, dass Jesus Eltern Maria und Josef auf der Suche nach einer Bleibe dank der Hartherzigkeit der meisten Herbergswirte in Bethlehem in jenem Stall landeten, wo Jesus Christus geboren wurde. Aus dieser Hartherzigkeit wurde am Ende die Religion geboren, die, wenn sie ernst genommen wird, möglicherweise den Starken darin erinnert, dass er mit seiner Stärke dem Schwachen helfen kann. Und vielleicht daran, dass wenn sich viele verbinden, sie zusammen stark sein können und so den Schwachen in ihrer Mitte vor der eigenen Haustür helfen können. Nicht nur zu Weihnachten. Sondern übers ganze Jahr verteilt.
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