Nein, Aldi Süd schließt seine Filiale im Oberlachweg in Gießen nicht. Und auch nein: Bisher hat Aldi keine rechtlichen Schritte gegen das Portal Netzplanet.net eingeleitet. Obwohl das Portal seine Falschmeldungsgeschichte vom Dienstag noch am gleichen Tag vom Server genommen hatte, kursiert die Geschichte weiter. Nicht nur als Schlagzeile im Cache der Suchmaschinen.
Die Meldung über die angebliche Schließung hatte die Kollegen der Gießener Allgemeinen Zeitung veranlasst, darauf auf ihrer Facebook-Seite hinzuweisen. Netzplanet nun beansprucht für sich, eine Seite zu sein, die zwar kritisch sei, aber einen moderaten Stil pflege. Dem Portal wird indes von Kritikern vorgeworfen, dass es mehr oder minder offen zur Volksverhetzung beitrage. Sich selber versteht sich das Portal eher als aufklärerisch. Kritiker sind in der Regel die „linken Gutmenschen“. Das Portal hat keine nachvollziehbare realen Ansprechpartner in der Redaktion. Das Impressum gibt ebenfalls keinen Aufschluss. Zusätzlich liegen die Hauptserver des Angebots in San Francisco, mithin dem Geltungsbereich US-amerikanischen Rechts.
Der Artikel, der am Dienstag von einem Autoren namens „Rene G.“ als Gastbeitrag auf Netzplanet gebracht wurde, provozierte indes selbst auf NP soviele Protestkommentare, dass sich die Redaktion offensichtlich gezwungen sah, sich in einem „Update“ für diesen Beitrag zu entschuldigen. Zwischenzeitlich hatte sich vorrangig auf Facebook eine Diskussion entwickelt, wie man derlei publizistischen Tendenzen beikommen könnte.
Mit dem rechtlichen Problem des Spannungsfeldes zwischen Art 5. GG, der die Grundlage für freie Meinungsäußerung und die Pressefreiheit darstell und dem §130 StGB (Volksverhetzung) hatte sich bereits das Fachportal Djure befasst und insbesondere dabei eine Entscheidung des Bundesverfassungsgericht vom 9. November 2011 vorgestellt. Darin ging es um die Verfassungsbeschwerde eines Mannes, der sich gegen eine Entscheidung des Landgerichts Mühlhausen aus dem Jahr 2007 zu Wehr setzte.
Der Mann hatte in einer Gastwirtschaft seinerzeit Thesen verbreitet, wonach der Überfall Deutschlands auf Polen ebenso eine Lüge sei wie der Ermordung der Juden. Dafür war der Mann wegen Volksverhetzung verurteilt worden. Das sah er als Verletzung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung und bekam im Grundsatz Recht. Der Fall wurde zur Neuverhandlung dann zurückverwiesen.
Im aktuellen Fall schildert „Rene G.“ vorgeblich chaotische Zustände in der Aldi-Filiale im Oberlachweg in Gießen in der Nähe zur Zweigstelle des Hessischen Erstaufnahme Lagers. Angeblich habe sich Aldi Süd wegen Diebstählen, Belästigungen von Kunden etc zur Schließung entschlossen. In seinem Orginaltext schreibt G: „Nun hat Aldi beschlossen, die Konsequenzen zu ziehen und die Gratisbewirtung der sogenannten Flüchtlinge einzustellen: Kurzerhand wurde die Filiale im Oberlachweg geschlossen!“
Dass dies eine reine Erfindung ist, bestätigte die Unternehmenskommunikation von Aldi Süd noch am Dienstag in Stellungnahmen, die auf der Facebookseite der Gießener Allgemeinen zitiert wurden sowie direkt vom Social-Media-Team von Aldi Süd auf dem persönlichen Profil des Mittelhessenblog-Leiters Christoph v. Gallera eingestellt wurden.
Wörtlich heißt es unter anderem:
„…Gerüchte über eine Schließung der Filiale entsprechen nicht den Tatsachen. Unsere Filiale am Oberlachweg wird nach wie vor für Sie geöffnet sein. Wir möchten zudem ausdrücklich betonen, dass wir die Flüchtlinge der Landesaufnahmestelle gerne als Kundinnen und Kunden in unseren Filialen begrüßen. Ihr ALDI SÜD Team „.Hinsichtlich der Veröffentlichungen auf Netzplanet und der späteren Löschung des Artikels verneinte Kirsten Geß, Leiterin der Unternehmenskommunikation des Discounters indes gegenüber dem Mittelhessenblog, das Aldi deswegen keine rechtlichen Schritte angedroht habe. Offensichtlich hat die NP-Redaktion mit der schließlichen Löschung auf den Druck reagiert, der sich zwischenzeitlich im Netz aufgebaut hatte.
An einer anderen Stelle indes ist der vollständige Text von Rene G. nachwievor abrufbar: Über die Seite „brd-schwindel.org“.
Diese Seite zeichnet sich durch vergleichbare technische und redaktionelle Details aus wie netzplanet.net: Serversitz außerhalb des deutschen und europäischen rechtlichen Geltungsbereichs, keine nachvollziehbaren Angaben im Impressum. Gibt sich NP den Anschein, zumindest teilweise echte Augenzeugenberichte zu bringen, so disqualifiziert sich die Seite „brd-schwindel.org“ durch das Fehlen jeglicher nachprüfbarer und belegbarer Fakten. Wie ALDI-Süd damit umgehen wird, bleibt abzuwarten.
Thomas N. meint
Komisch woher kam denn überhaupt die Falschinformation, die von Netzplanet geschrieben wurde? Das ist ja schon eine heftige Schlagzeile gewesen.
Michael meint
Das ist einfach rechts-radikale Propaganda…
hier der gleiche Scheiß unter anderer Domöne…
http://brd-schwindel.org/aldi-in-giessen-kapituliert-vor-fluechtlingen-zu-viele-diebstaehle/