Kindesmissbrauch, Pädophilie, überhaupt Gewalt gegen Kinder und Schutzbefohlene: Spätestens seit den großen Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche und an der Odenwaldschule ist die Öffentlichkeit sensibel geworden. Pädophilie ist eine Sache, die in der Regel immer erst einmal woanders, aber garantiert nicht im eigenen Dorf, Kiez, Stadtviertel vermutet wird. Ein heißes Thema, das so oder so Vehikel sein kann, um alte Rechnungen zu begleichen, jemand politisch zu erledigen. Ist plötzlich die eigene Nachbarschaft betroffen, kann das ein Dorf spalten. Aktuell gibt es einen solchen Fall in Mittelhessen.
Üblich ist eigentlich, erst einmal die Rechercheergebnisse vollständig zu haben und dann die Geschichte zu schreiben. Nun, die harten Grundfakten liegen bereits vor. Dennoch schickt das Mittelhessenblog erst einmal diese allgemein gehaltene Anmerkung ins Land. Namen, Orte und weitere Details werden zu einem späteren Zeitpunkt folgen. Nur soviel: Der Fall hat sich in diesem Frühsommer im Bereich der Region Mittelhessen mit ihren fünf Landkreisen ereignet, eine Region mit rund einer Millionen Einwohnern und überwiegend sehr ländlich geprägten Strukturen. Irgendwo hier hat sich diese Geschichte ereignet. In einem Dorf, das eigentlich idyllisch ist und mit den Jahren unter anderem deswegen etliche Städter dazu animiert hat, dort zu bauen, Familien zu gründen, Kinder in Kitas, Grundschule und zu sonstigen Aktivitäten zu schicken. Wie in vielen Dörfern gibt es auch in diesem Dorf die üblichen Zugezogenen, die zugezogen sind, auch wenn sie schon 40 Jahre und länger im Dorf leben. Und es gibt die Familien, die alteingesessen sind. Kommt bei einer solchen Familie dann noch ein gewisser überregionaler Bekanntheitsgrad dazu, weil man sich gesellschaftlich, kulturell, politisch, sozial entsprechend engagiert, ist das unter Umständen der Grund, wenn man einen Fehler macht, diesen nach Möglichkeit unbemerkt von anderen wieder auszubügeln – oder eben schlicht das Vorgefallene einfach auszublenden. Als wäre es nicht da. Dürfe sowieso nicht passieren und in der vorgeworfenen Schwere erst recht nicht. Frei nach dem Motto, „Das machen unsere Leute nicht…“
Genau das ist aber in diesem mittelhessischen Dorf geschehen. Bewusstes männliches Familienmitglied hatte seine auch private Bekanntheit zu Besuchskindern ausgenutzt, um von ihnen eindeutige sexuelle Handlungen zu bekommen. Die Kinder waren zum Tatzeitpunkt samt und sonders im Kindergarten- und Vorschul bzw. Grundschulalter. Die betroffenen Kinder hatten den jungen Mann vorher schon gekannt, hatten im Grunde ein vertrauensvolles Verhältnis. Dieses hat der Mann nach den vorliegenden Schilderungen und Bildbeweisen für seine Zwecke ausgenutzt. Nun wird vermutet, dass es nicht nur bei diesen Kindern blieb. Die polizeilichen Ermittlungen laufen noch, der junge Mann ist inzwischen in die forensische Psychatrie eingewiesen.
Im Dorf ist nun etwas Merkwürdiges geschehen: Anstatt auf die betroffene Familie zuzugehen, sich für das Verhalten ihres Familienmitglieds zu entschuldigen und mindestens ihr Bedauern auszudrücken, stritten die nächsten Verwandten das Geschehene rundweg ab, selbst gegenüber einem befreundeten Bekannten, dessen Tochter der junge Mann ebenfalls sexuelle Handlungen an sich vornehmen ließ. Stattdessen versuchen sie den Spieß umzudrehen und werfen nun der Familie vor, die bei der Polizei Anzeige erstattet hatte, sie wolle nur Geld haben und außerdem seien sie ja ohnehin asozial..Die Stimmung in dem Dorf ist jedenfalls zur Zeit vollkommen gekippt und die Verwandtschaft des jungen Mannes steht vollständig isoliert da.
Wie es nun weitergeht, ist vollkommen offen. Ebenfalls, ob die betroffenen Familien einen Weg finden, das derzeit vergiftete Dorfklima wieder zu entgiften. Dafür wäre, so die Schilderung Beteiligter, aber wohl erst einmal nötig, dass die nächsten Verwandten des jungen Mannes sich eingestehen, was er getan hat und Abbitte leisten. Auf der anderen Seite sollten die betroffenen Familien bereit sein, diesen Weg offen zu halten – und, so hart dies sein mag: Wenn der junge Mann nach einer erfolgreichen Therapie und gegebenenfalls Verbüßung seiner Tat wieder entlassen wird, ihm die Chance geben, sich zu bewähren. Das zumindest wäre im Sinne der Grundpfeiler eines demokratischen, zivilisierten Rechtsstaats.
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