Für den einen war es ein Trip aus dem Südwesten der Republik, für den anderen ist es ein dreitägiger Aufenthalt. Bis die Messe rund um Jagen, Reiten, Fischen und Offroad in den Hessenhallen an der A 5 bei Alsfeld am Sonntag wieder die Tore schließt. Der eine ist Gast, der andere Aussteller in Sachen Lederhosen und Messer. Ihr gemeinsames Ziel. Nicht Nürnberg in diesen Tagen, sondern eben die Messe in der kleinen Landstadt im nördlichen Vogelsberg. Im namensgebenden Vogelsbergkreis, dem östlichsten der fünf Landkreise in Mittelhessen.
Die Frettchen sind immer dabei
„Ich bin hier schon seit 9 Uhr. Aus Saarlouis heraufgefahren“, erzählt Wilfried Wils. Angler sei er. Wolle sich ansehen, was es in Alsfeld gibt. Rund um sein Hobby. Aufmerksamkeit hat er aber schon wegen etwas ganz anderem. Selig vor sich hinschlummernd liegt ein kleines Pelzbündel auf seinem linken Oberarm. Ein Frettchen. Acht Monate alt. Um die Schulter hat er einen Stoffbeutel hängen, eher einen Stoffsack. „Da, da ist noch einer drin, zwei Monate alt“. Das Licht ist zu dunkel, man kann nur ahnen, dass da drin wie in einer Höhle das junge Frettchen den Tag verdösen wird, während Wils mit ihm über die Messe wandern wird. Ob er sie zur Jagd einsetzen wird? „Nein, die laufen im Haus herum. Sind eben Haustiere“. sagt er. Und ob er Angst hat, dass sie, wenn sie größer sind, Kabel anfressen. Sie gehören zu den Mardern. Und an manchem Auto, das plötzlich nicht mehr starten will, sollen Marder die Schuld tragen. „Nein, garantiert nicht“, lacht Wils. Um mit den Frettchen jagen zu können, müsste er einen Jagdschein haben. Das sieht das Bundesjagdgesetz vor. Für ihn als Angler deswegen sowieso nur ein rein hypothetischer Fall. Wie Frettchen etwa für die Kanichenjagd eingesetzt werden, darüber berichtet eine Reportage des HR über den Frettchenjäger Axel Seidemann. Ein ehemaliger Pressefotograf, der umgesattelt hat und mit den Frettchen in Frankfurt Kanichen jagt. Das Thema Frettchen als Jagdtier spielt auf der Jagdmesse in Alsfeld allerdings keine Rolle.
Wolfsmanagement für Hessen
Dafür spielte ein anderes Raubtier eher eine Rolle. Zur Messeeröffnung erklärte der Vorsitzende des hessischen Landjagdverbandes, Dr. Jürgen Ellenberger, worum es geht: Der Wolf. Dieser sei bereits in den Nachbarbundesländern Niedersachsen und Thüringen gesichtet worden.
Um darauf vorbereitet zu sein, wenn der Wolf nun langsam nach Hessen einwandere, habe der hessische Jagdverband nun zwei Wolfsbeauftragte benannt. „Vom Aussetzen der Wölfe aus Wildgehegen halten wir nichts. Diese haben ihre Scheu vor dem Menschen verloren. Wenn sie dagegen in freier Natur zuwandern, begrüßen wir das. Es geht definitiv nicht darum, einen Wolf zu erschießen, wenn er gesehen wird“, sagte Ellenberger auf Nachfrage. Für Hessen hält Ellenberger die Erarbeitung eines Wolfsmanagements für sinnvoll, wie es etwa bereits in Sachsen-Anhalt existiert. Das sollte gemeinsam mit dem Umweltministerium und den betroffenen Interessensverbänden erarbeitet werden. Im Rahmen dessen sollten dann auch die Aufgaben der Wolfsbeauftragten definiert werden. „Mit den rund 23000 Jägern haben wir sicherlich die einzige Bevölkerungsgruppe, die flächendeckend genau beobachten, was in Feld und Wald geschieht. So könnten wir feststellen, wo möglicherweise ein Wolf auftritt, dies dann festhalten und melden“, sagte Ellenberger in Alsfeld.
Hessische Jäger lehnen einseitige Berichterstattung des ZDF über die Jagd ab
Der promovierte Jurist nutzte die Gelegenheit, um die aus Sicht der Jäger verzerrende Darstellung der ZDF-Ausstrahlung „Jäger in der Falle“ vom 19. Januar zu kritisieren. „Wir haben nichts gegen kritische Berichterstattung. Nur geht es nicht, wenn sie einseitig wird.“ Dies sei bei diesem Beitrag der Fall gewesen. Deswegen unterstütze der DJV (das ist der Deutsche Jagdverband) auch eine Onlinepetition, die sich gegen die „tendenziöse Berichterstattung des ZDF“ wende. Diese brauche eigentlich 50000 Zuschriften, diese seien alleine mit den Stimmen aus Deutschland schon längst vor Ablauf der Frist erreicht. Die Frist für diese Petition läuft am 11. März ab. „Wir stellen immer wieder fest, dass es bei der Zustimmung zur Jagd einen Unterschied zwischen der veröffentlichten Meinung und der tatsächlichen Meinung gibt. Durch unsere Kontakte mit der Bevölkerung wissen wir, dass gut 90 Prozent der Jagd positiv gegenüberstehen. In den Medien wird dies häufig anders dargestellt“, sagte Ellenberger. Auf die Kritik der Jäger hatte das ZDF inzwischen reagiert. Nach Ansicht des Leiters der Umweltredaktion des ZDF, Volker Angres, sei mit diesem Beitrag eine „längst notwendige Debatte“ angestoßen worden. Das ZDF hatte auf die Vorwürfe der Jäger damit gekontert, dass der Bitte um Hilfe bei der Recherche etwa von offizieller Seite des DJV und des Bayerischen Jagdverbandes Dreharbeiten bei einer Drückjagd „aus Sicherheitsbedenken“ nicht zustande gekommen seien. Der hessische Landesjagdverband, das zeigen Erfahrungen vergangener Jahre, reagierte im Umgang mit kritischen Fragen offener und lud wiederholt Fernseh- und Printjournalisten zur Begleitung von Jagden ein.
„Vegetarier haben häufiger Krebs als Fleischesser“
Dass es bei einer Messe rund ums Jagen und Fischen natürlich auch um die Verwertung von Hirsch, Wildschwein oder Zander, Hecht und Forelle geht, ist naheliegend. Vor diesem Hintergrund dürfte dann die Erwähnung einer Studie, die Vegetarier als krankheitsanfälliger bezeichnet als es Menschen sind, die nicht auf Fleisch verzichten, denn auch unter Gedanken „ist klar, war nicht anders zu erwarten“, abgehakt werden. Auf eine solche Studie hatte Ellenberger hingewiesen. Diese habe allerdings in einer Apothekenzeitschrift aktuell gestanden. Weil er den Artikel gerade kurz vor der Eröffnung der Messe gelesen habe, habe er ihn deswegen mitgebracht, um im Zuge der Diskussion darauf hinzuweisen. Diese sei seines Wissens nicht von einem Fachverband in Auftrag gegeben worden. Sie stamme aus Österreich. Die Studie in dem von Ellenberger erwähnten Artikel ist tatsächlich akademischen Ursprungs. Sie wurde von Nathalie Burkert vom Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie der Medizinischen Universität Graz betreut. Grundlage war eine repräsentative Erhebung des österreichischen Marktforschungsinstitutes IFES, wonach sich 10 Prozent der Österreicher vegetarisch oder vegan ernähren. Burkert fand gemeinsam mit ihren Mitarbeiten unter 1320 befragten Menschen in Österreich heraus. dass Vegetarier oder Veganer häufiger unter Allergien, Krebserkrankungen und psychischen Erkrankungen wie Depressionen leiden als dies Menschen tun, die sich mit einer ausgewogenen Mischkost ernähren. Die Universität hatte die Studienergebnisse in einer am 27. Februar bekannt gemacht.
„Das ist hier eigentlich original Schrottplatz“
Egal ob nun Vegetarier oder nicht, um Essen zuzubereiten, reichen Handkantenschläge vielleicht nur in einschlägigen Martial-Arts-Slap-Stick-Streifen. Als normaler Mensch braucht es dafür Messer. Dass auf einer Outdoor‑, Fischerei- und Jagdmesse Messer angeboten werden, ist zunächst ebenfalls nicht so außergewöhnlich, dass man darauf näher eingehen müsste. Wenn Recycling ins Spiel kommt und der Spruch „Schwerter zu Pflugscharen“ plötzlich den umgekehrten Weg nimmt, dann lohnt vielleicht doch ein näherer Blick. Und wenn es um einen Schwaben geht, den es in die Gegend um Hamburg verschlagen hat, der nun Mittelhessen als einen lohnenden Vermarktungsstandort entdeckt hat, lohnt das Hingucken vielleicht noch mehr. „Nein das dürfen Sie hier nicht fotografieren. Bitte nicht. Lassen Sie das“, war Roland Danneckers erste Reaktion. „Warum nicht? Sieht doch gut aus“. „Weiß ich, ob Sie meine Messser kopieren wollen“, kam der Konter. Erst der Blick auf den Presseausweis beruhigte Dannecker. „Die Leute kommen immer wieder und versuchen das, deswegen sind wir da vorsichtig geworden“, so der Schwabe, der seit gut dreißig Jahren bei Hamburg lebt. Eigentlich sind sein Hauptgeschäft Lederhosen. Ins Auge fallen an seinem Stand aber eine ganz besondere Art Messer.
Stellenweise funkeln sie wie glattpolierte Panzerplatten. So ganz anders als die Messer, die man nun kennt. Ob die von Herbertz, Laguiole oder anderen sind. „Sind das selber geschmiedete“. „Na ja umgeschmiedet“, verrät sein Mitarbeiter. „Für näheres fragen Sie am besten den Chef. Das war seine Idee, das so zu machen“. Was da wie Panzerplatten aussieht, nur eben anders geformt, mit Griff, sind in Wirklichkeit ehemalige Bremsscheibe, Stahlfedern, Teile aus dem Eisenbahnbetrieb. „Das haben wir teilweise tatsächlich vom Schrottplatz geholt und dann umgearbeitet“, erklärt Dannecker. Eingeschmolzen? „Nein, heiß gemacht und dann umgeformt und scharf gemacht“. Sagts, greift sich ein halbrundes Messer. „Das verwenden die Inuits so schon ewig. Zum Abhäuten, schneiden schaben, alles mögliche“.
Und daneben steckt ein Gerät im Demobaumstamm, das aussieht wie eine plattgequetschte Axt. „Das ist so wie in China. Wenn Sie das mal in einem chinesischen Restaurant beobachten. Die verwenden ein Messer auch für alles: Hacken, Schneiden, Schaben und wenns geht, auch noch zum Servieren“. Wie Dannecker sagt, gäbe es vielleicht noch ein oder zwei„ die diese Technik des Stahlrecyclings beherrschen. Ansonsten gäbe es eben eine Reihe von Kopisten, die sich versuchen würden – die Ideen abkupfern.
Dass er nach Alsfeld gegangen ist, anstatt auf die zeitgleich stattfindenden Outdoor-Messe in Nürnberg, erklärt er mit der günstigen Lage. Er sei inzwischen zum vierten Mal da. Noch bis Sonntag. So wie die anderen 200 Aussteller auf den rund 6000 Quadratmeter Ausstellungsfläche.
Auch wenn man kein Jäger ist, dürfte sich ein Abstecher zu dieser Messe rund um Jagd, Fischen, Reiten und Offroad also lohnen. Das komplette Programm für die Jagdmesse gibt es hier.
Angelausrüstung meint
Sehr cooler Artikel!
Verena meint
Obwohl meine Tante ebenfalls Vegetarierin ist, fand sie die Jagdmesse total interessant. Sie konnte dort vieles über die neueste Wärmebildtechnik lernen. Ich selbst interessiere mich eher für die Fischerei und war sehr erstaunt, wie viel ich darüber auf der Messe erfahren konnte.