Heute ist der 31. Oktober. Ein ganz normaler Werktag. Wirklich? In Hessen: Klar. Oder. Damit auch in Mittelhessen. Stimmt nicht ganz. Denn schon ein paar Kilometer weiter östlich ist der 31. Oktober ein Feiertag. In Thüringen. Zu wessen Ehren? Zu Ehren eines Mönches, der der katholischen Kirche einheizte. Sein Name: Martin Luther. Denn eigentlich ist heute Reformationstag.
Den Geist der Reformation gab es in diesen Wochen und Tagen auch in Limburg zu spüren. Dafür gesorgt hat ein katholischer Bischof, der jetzt weg ist. Auf der anderen Seite steht etwas zuerst durchaus weltliches: Halloween. Ein Spaßfest, wo es zuallerst ums gruselige Verkleiden geht. Auch am 31. Oktober. In Deutschland allerdings erst seit Ende der 90er Jahre so richtig modern geworden.
Ob Limburg wohl die Keimzelle einer neuen Reformation sein könnte, hat das Mittelhessenblog gefragt. Nun, im Sinne Luthers, Zwinglis oder Calvins – das wird sich zeigen. Luther hatte dafür gefochten, dass der einfache Gläubige an sich mehr Mitwirkungsmöglichkeiten hat, die Bibel hat er aus der Expertensprache Latein ins Deutsche übertragen. Damals ein unerhörter Vorgang. Konnte sich doch nun jeder Gläubige selber Gott erklären.
Knapp 500 Jahre später geht es auch wieder um Transparenz, Offenheit, um Bescheidenheit. Und Auslöser ist wieder die katholische Kirche. Um es genauer zu sagen: Die Unzufriedenheit der Limburger Katholiken mit ihrem Bischof. Ob der Geist des Widerstands, der sich da in Limburg regte, nicht doch eigentlich sehr evangelisch sei, lautete die Frage an den Geschäftsführer der Limburger Caritas, Michael Schwarzer. Nun, ein richtiges Ja kam naturgemäß nicht. Aber auch kein überzeugtes „Ist auf gar keinen Fall so!“.
Ohne Kirchengemeinde keine Auslandsfreizeiten
Scherz beiseite: Egal ob Katholiken oder Evangelische: Beide Konfessionen haben dieser Tage ihren schweren Stand. Die Mitglieder laufen weg. Entweder weil es Missbrauchsskandale sind (katholische Kirche) oder schlichtweg Indifferenz, die mangelnde Bereitschaft, die Kirche mit der Kirchensteuer zu unterstützen. Dabei leisten die Kirchen soziale Hintergrundarbeit. Etwa wenn es um Freizeiten geht. In der engeren mittelhessischen Region sind es etwa die Sommerfreizeiten, die der evangelische Jugendkirchenkreis Braunfels gemeinsam mit der evangelischen Kirchengemeinde Biebertal anbietet. Eine Kooperation auf Dekanats- und Kirchenkreisebene zwischen der evangelischen Kirche im Rheinland, zu der Braunfels gehört, und der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, zu der Biebertal gehört. Zusätzlich dazu bietet die Kirchengemeinde Biebertal Herbst- und Teenfreizeiten an. Zum ersten Mal im Jahr 2006.
Seither hätten die Zahlen kontinuierlich zugenommen, erklärt der evangelische Biebertaler Gemeindepädagoge Christoph Schäufler, dessen Stelle zu verschiedenen Anteilen von den Kirchengemeinden und dem Dekanat getragen wird. Wie er sagt, werden etwa die gemeinsamen Sommerfahrten pro Teilnehmer mit 50 Euro bezuschusst. Die Ziele in den vergangenen Jahren waren etwa Schottland, Irland oder Schweden. Bei den Sommerfahrten, die jährlich immer in zwei Gruppen stattfinden, fahren immer rund 40 Teilnehmer mit. „Wir sind bei den Angeboten offen. Da kann jeder mit. Wir weisen aber immer darauf hin, dass, wer teilnimmt, sich dann auch darauf einlassen muss, dass Kirche auch eine Rolle spielt“.
Wie Schäufler sagt, wären diese Angebote kaum möglich, wenn die Gelder nicht über die Kirchengemeinden und die Kirchensteuer bezahlt werden würden. Die Kirchengemeinden wiederum können am Ende nur dann etwas geben, wenn es auch noch genug Mitglieder gibt.
Stellt sich also die Frage, ob es sich nicht doch lohnt, den 31. Oktober, wenn man ihn denn nicht als Feiertag hat, dann doch mit etwas anderen Augen betrachtet als durch die Umrisse eines ausgehöhlten Kürbis. Denn auch dieser ist im Grunde ein Einwanderer. Denn hierzulande waren es eher die Dickwurz, die von Kindern ausgehöhlt wurden. Allerdings, der Brauch ist laut des Onlinelexikons Wikipedia eher in katholischen Gegenden zuhause und nicht in evangelischen. Eine Hochburg war Irland. Von dort wurde der Brauch in die USA transportiert und schwappte in den 90ern des vergangenen Jahrhunderts nun wieder nach Europa und Deutschland zurück. Ob dieser Brauch nun tatsächlich etwas mit den Kelten zu tun haben soll oder nicht, ist inzwischen ebenfalls umstritten. Fes steht jedenfalls, dass der 31. Oktober inzwischen zu einem Datum geworden ist, bei dem die Menschen sich, soweit sie evangelisch sind, eigentlich klar werden müssten, was ihnen eigentlich wichtiger ist: Sich an Luther und die Reformation zu erinnern oder unter Auslassung dessen dann gleich zur Halloween-Party durchzustarten.
Susanne von Dietze-Pollak, die im Vogelsberg als Pfarrerstochter aufgewachsen ist und heute in Israel lebt, zieht Vergleiche zwischen Deutschland, den USA und Israel. Sie sei durchaus in einem toleranten Elternhaus großgeworden. Dennoch seien Bräuche wie Halloween, Mutter‑, Vater‑, selbst der Valentinstag als Sitten bewertet worden, die von ihrer Tradition her in andere Länder gehören und deswegen dort gut aufgehoben seien. Dass diese nach Deutschland kamen, sei von ihrem Vater als Marketing angesehen und deswegen in der Familie abgelehnt worden. „Was da in den USA abgeht, ist etwas ganz anderes als in Deutschland“. In Israel gebe es Halloween nicht. „Zum Glück“, so ihre persönliche Einschätzung.
Schreibe einen Kommentar