„Trau schau wem“, heißt es so schön. Gestern schlug die Nachricht in die sonntägliche Netzwelt ein, füllte die Abendnachrichten und steht heute gedruckt in den Tageszeitungen: Die Plagiatsvorwürfe gegen den ehemaligen Außenminister Frank-Walter Steinmeier, jetziger Fraktionssprecher der SDP im Bundestag. Im Mittelhessenblog wurde gestern der Zeitpunkt der Veröffentlichung kritisch betrachtet, die Frage nach einem möglichen PR-Trick gestellt. Denn diese Affäre, von der noch nicht sicher ist, ob sie wirklich eine ist, berührt nicht nur den SPD-Politiker Steinmeier, der in Gießen Jura studiert und dort auch seine Doktorarbeit eingereicht hatte. Sondern sie zielt auch auf die Qualität der wissenschaftlichen Arbeit, die am Unistandort Gießen geleistet wird.
Am Abend legte der Focus in seiner Onlineausgabe nach und brachte die Reaktionen aus der Focus-Netzgemeinde. Heute schließlich kam die gedruckte Ausgabe auf den Markt. Im zweiten Onlineartikel wurde bereits nach dem Ende seiner Karriere gefragt, für den Fall, dass sich die Vorwürfe bestätigen. Das ist auffällig. Denn, wenn Journalisten daran gelegen ist, „sine ira et studio“, also mit Bedacht und Vorsicht in einer heiklen Frage zu recherchieren und dann die Ergebnisse aufgrund der zum Zeitpunkt der Veröffentlichungen vorliegenden bekannten Fakten zu präsentieren oder eben zu sagen, dass sich der angenommene Verdacht nicht bestätigt hat, dann braucht es mitunter Tage und Wochen, bis aus der Recherche eine veröffentlichte Geschichte wird.
Jetzt, in der aktuell angeschobenen Plagiatsgeschichte hat es nicht den Anschein, als ob es um eine gründlich auf Dauer angelegte Recherche geht, sondern darum, mit der Macht der Medien Politik zu machen und nebenbei noch die Auflage zu steigern, die Klickzahlen zu erhöhen. Dies bestätigen inzwischen Antworten, die Kamenz und der Focus dem Spiegel gegeben haben.
Sicher, das Mediengeschäft ist nicht einfacher geworden. Doch die Glaubwürdigkeit und die Seriösität sollten dabei nicht auf der Strecke bleiben. Die Lobby der gedruckten Medien betont wie ein Mantra immer wieder, welche Glaubwürdigkeit und Reputation die gedruckte Zeitung, die gedruckte Zeitschrift doch habe. Onlinemedien wird dabei dann immer wieder eine untergeordnete Rolle zugeschrieben. Das aktuelle Beispiel zeigt allerdings, wie Onlineauftritt und die gedruckte Ausgabe einer Wochenzeitschrift geschickt verzahnt werden können, um eine Geschichte „am Kochen“ halten zu können. Die Absicht ist klar: Es geht um Aufmerksamkeit, Klickquoten, die eigene Fangemeinde bei Laune halten und bei der gedruckten Ausgabe geht es um die Auflage. Nur, wenn der Verdacht aufkommt, es gehe darum, Politik zu machen, anstatt diese zu beschreiben und Fragen ohne Rücksicht auf Parteibucher zu stellen, wird es schwierig. Dies ist nicht unbedingt der beste Weg, insgesamt wieder etwas für die Glaubwürdigkeit der Medien zu tun.
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