Liegt die Nordhessenmetropole Kassel plötzlich in Mittelhessen? Ein Besuch in der Brüderkirche am Abend des ersten Tages des Verbandstags des Deutschen Journalistenverbandes vermittelte diesen Eindruck. Dank einer Plakette eines anderen Bundesverbands, dem der Architekten.
Hessen hat drei Regierungspräsidien: Kassel, Gießen, Darmstadt. Soweit klar. Kassel liegt in Nordhessen. Darmstadt in Südhessen. Gießen in Mittelhessen. Die Begriffe Nordhessen und nordhessische Region werden zweifelsohne mit Kassel in Verbindung gebracht. Rhein-Main, der Odenwald oder die hessische Bergstraße: Ganz klar Südhessen. Nur mit Mittelhessen scheint das immer wieder ein Problem zu sein.
Dass die etablierten mittelhessischen Medien je nach Lage einen unterschiedlichen Mittelhessenbegriff haben, ist bekannt. Auch die Deutsche Presseagentur dpa ordnet Gießen oder wenigstens den Vogelsberg Osthessen zu. Auch die verschiedenen Institutionen und Organisation im Gebiet des ordnungspolitischen Mittelhessen im Sinne des Zuschnitts der Regierungspräsidien stimmen mit eben diesem in ihrem eigenen Zuschnitt nicht immer überein. Verantwortlich dafür sind entweder historische Entstehungsgründe oder wie bei der jüngsten Neuordnung, der der hessischen Straßenbauverwaltung Gründe, die logisch nicht nachvollziehbar sind.
Dieses Bild eines höchst willkürlichen Umgangs mit geographischen Bezeichnungen wird nun mit einer Plakette des Bundes Deutscher Architekten (BDA) bestätigt: In der Brüderkirche in Kassel hat der BDA die dortige Architektur mit der Simon Louis du Ry 2003 ausgezeichnet. So weit gut. Nur hat offensichtlich nicht der Bundesverband diese Plakette verliehen, sondern entweder: Der BDA Kassel Mittelhessen oder die beiden BDA-Regionalverbände Kassel und Mittelhessen. Dass es offensichtlich wohl beide Verbände gewesen sein müssen, die diese Plakette verliehen haben müssen, ergibt sich aus einer Suche zur Plakette auf der BDA-Website.
Nur: Otto-Normal-Besucher wird vermutlich nicht sich erst die Mühe der Recherche machen, um herauszukriegen, was es mit der Erklärung „BDA Kassel Mittelhessen“ auf sich hat. Dort setzt sich dann vermutlich irgendwann im Unterbewusstsein fest, dass „Kassel irgendwie doch zu Mittelhessen gehört“. Vielleicht haben die Architekten 2003 ja auch nur einfach mal testen wollen, wie sich ein neuer Regionalzuschnitt anhört. Bisher sieht Mittelhessen beim BDA jedenfalls so aus: Landkreise Fulda, Gießen und Marburg-Biedenkopf, Vogelsbergkreis, den Wetteraukreis und den Lahn-Dill-Kreis. Dass Fulda eigentlich zu Nordhessen gehört (nach offiziellem RP-Zuschnitt und die Wetterau nach Südhessen, steht auf einem anderen Blatt. Auch dass im BDA-Mittelhessen der Kreis Limburg-Weilburg fehlt. Der gehört beim BDA zur BDA-Gruppe Wiesbaden. Nun denn…
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