Warum hält sich das Mittelhessenblog zur Zeit etwas mit Artikeln zurück? Der Grund ist relativ einfach: Die Gefahr ist groß gegenwärtig in den Strom des journalistischen Mainstream hineingesogen zu werden – die Verlockungen wären auch zu groß: Dioxinskandal auf der Verbraucherebene, das Führungsgerangel um die FDP, Schein und Sein bei diversen Jubiläen und Jahrestagen, als Hintergrundrauschen würden sich auch die im „Superwahljahr 2011“ anfallenden Wahlkampftermine eignen.
In den vergangenen Wochen, exakter gesagt seit Ende Dezember, haben sich mit Blick auf den Ansatz des Mittelhessenblogs und das Eintreten für gut recherchierte tiefer gehende Artikel mehrere Dinge ereignet, die dazu geführt haben, dass sich das Mittelhessenblog stärker der Vorrecherche gewidmet hat und ansonsten für den Brot- und Butterverdienst der klassische Zeitungsjournalismus im Vordergrund stehen musste. Das Ergebnis dieser Vorrecherchen führte letztlich zu der in der Schlagzeile gestellten Frage: „Stuttgart 21 ist überall – auch in Nord- und Mittelhessen?“ In zwei Fällen, die an das Mittelhessenblog herangetragen wurden und auf Plausibilität geprüft wurden, geht es um freizügige Interpretationen von Verwaltungsvorschriften im Umweltbereich von kommunalen und Kreisbehörden, mit heißer Nadel gestrickte Untersuchungsergebnisse eines Landeskriminalamtes im Gegensatz zu fachlich einwandfrei dokumentierten Ergebnissen zum gleichen Sachverhalt. Der eine Fall hat mit unsachgemäßer Asbestentsorgung im großen Stil zu tun, im anderen Fall hat der Protest eines Vogelschutzvereins gegen ein privates Bauvorhaben in einem ausgewiesenen Wasser- und Naturschutzgebiet nach rund drei Jahren zu einer Verwaltungsgroteske geführt, die dem Verein eine Kostennote im dreistelligen Bereich beschert hat und dieser nicht bezahlen will. Beide Fälle mögen auf den ersten Blick nicht die Dimension des Dioxin-Falls haben oder der Vorgänge um Stuttgart 21. Sie belegen aber, wie harmlose Bürgeranfragen auf dem Behördenweg in die Länge gezogen werden, garniert mit Versuchen, den fragenden Bürger mit wortlastigen Schreiben oder Verweis auf andere Zuständigkeiten zum Aufgeben zu bewegen. Das Wort „Bürger“ steht in diesem Fall als Synonym für „Verein, Bürgerinitiative“ oder andere nichtbehördlich oder nichtparteipolitisch organisierte Zusammenschlüsse von Bürgern.
Die Vorrecherchen zu beiden Fällen sind inzwischen abgeschlossen. Der Mittelhessenblogredaktion liegen in beiden Fällen gerichtfeste Schriftstücke und Aussagen vor, die Grundlage für Recherchen der nächsten Tage sein werden. Um die Recherchen vorantreiben zu können, wäre das Mittelhessenblog über die entsprechende finanzielle Unterstützung froh: Fahrten, Telefonate, Schreiben bedeuten Zeitaufwand gleich Arbeitsaufwand. Der Gesamtaufwand für beide Geschichten beläuft sich auf rund 2000 Euro zzgl. 7 Prozent Mehrwertsteuer. Hier ist die Zeit für die Vorrecherchen mit 500 Euro schon einkalkuliert. Beide Themen dürften mit Blick auf die hessischen Kommunalwahlen sicherlich interessant sein, darüber hinaus aber auch als Ansatz für das Verhältnis von Politik und Behörde auf der einen Seite zum Bürger auf der anderen Seite. Mit Blick auf die vom Mittelhessenblog im November an das Bundesinnenministerium gestellte Frage nach Umgang mit Bürgerrechten und der bis heute trotz mehrfacher Wiedervorlage noch ausstehenden Antwort ergibt sich im „Superwahljahr 2011“ aus den beiden Geschichten aus dem nord- und mittelhessischen Raum eine gute Grundlage für die Formulierung des Wählerwillens der zu den Wahlurnen gerufenen Wahl-Bürger.
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