„Gluck gluck, weg war se:“ Was wie die abgewandelte Kurzversion der Glocke von Friedrich Schiller klingt, könnte auch gut für das passen, was zur Zeit sicher nicht nur rund 100 Telekom-Kunden in Ettingshausen erleben: Leitungsausfall wegen (Hoch-)Wasserschadens.
Ettingshausen ist ein kleines Dorf in Mittelhessen, Ortsteil von Reiskirchen im Landkreis Gießen. Durch den Ort fließt ein Bach, der in normalen Zeiten eher friedlich vor sich hin plätschert als an einen randvoll gefüllten Wildwasserbach erinnert. Doch die vor wenigen Tagen einsetzende Schneeschmelze und der zusätzliche Regen haben dafür gesorgt, dass der Äschersbach wenn nicht schon für feuchte Füße bei den Anliegern sorgt, dann doch eher für eine abgesoffene Telefonleitung. Das vermutlich binnen Jahresfrist.
Denn die Anwohner der Rathausstraße, die mitten durch den alten Ortskern führt, können sich noch gut ans Frühjahr 2010 erinnern. „Da war die Leitung auch tot, eine Woche lang“, erinnert sich Edda Keil. Sie betreibt mit ihrem Mann Gunter eine Gaststätte, normalerweise reicht ein kurzer Anruf, um Plätze für Stammtische zu reservieren, Vereinsversammlungen abzuhalten, der übliche Betrieb einer Dorfwirtschaft eben. Im Frühjahr 2010 sei es anders gewesen: In direkter Nachbarschaft der Harbacher Straße habe die Telekom eine Baustelle gehabt, dicht neben dem Äschersbach. Damals sei Feuchtigkeit über die Baustelle in die Leitung eingedrungen, erinnert sich Paul Aff, der den Baustellenbetrieb damals als unmittelbarer Anlieger aus nächster Nähe miterlebte. Bank, Arzt und einige andere Geschäfte seien nicht erreichbar gewesen, von den Störungen der Privatanschlüsse ganz abgesehen. Als Notlösung seien die meisten damals aufs Handy ausgewichen. „Das geht ja richtig ins Geld, wenn man dauernd ins Festnetz telefonieren muss“, gibt Johnny Wieck zu bedenken – der nun zum zweiten Mal seine Arbeit als selbständiger Anbieter von Hausmeisterdienstleistungen improvisieren muss, wenn es darum geht, zu seinen Kunden Kontakt zu halten. Die meisten zögen es vor, lieber übers Festnetz als übers Handy bei ihm anzurufen, weswegen er auch kaum seine Handynummer im großen Stil unters Volk streue.
Doch nun denkt Wieck anders darüber, so wie es Rosine Jox von ihrer über 70-jährigen Nachbarin berichtet. Diese denke nun ebenfalls darüber nach, ihren Festnetzanschluss abzuschaffen und für ihre wenigen eigenen Anrufe ein Handy anzuschaffen. „Die Telefonleitung funktioniert momentan nur nach dem Zufallsprinzip“, schimpft Rosines Jox Ehemann Wilfried. Denn entweder gebe es im günstigsten Fall nur ein Knackgeräusch, oder eben nur die Meldung, dass gewünschte Gesprächspartner zur Zeit nicht erreichbar sei – im Gegensatz zum Handy, das auf jedne Fall funktioniere.
Die betroffenen Ettingshausener machen abermals wieder die aktuelle Baustelle zwischen der Harbacher Straße und dem Äschersbach verantwortlich: „Das sind die Leitungen garantiert wieder abgesoffen“, vermutet Wilfried Jox, der sich zusätzlich darüber wundert, dass hiervor nicht im Radio informiert wurde.
„Sicherlich können wir den Ärger der Leute verstehen“, erklärt hierzu George-Stephen McKinney. McKinneys Dienstsitz ist in Eschborn, wo der Sitz der zuständigen Regionalverwaltung der Telekom für die Bundesländer Hessen, Rheinland-Pfalz, das Saarland und Nordrhein-Westfalen ist. McKinneys Aufgabe: Als regionaler Pressesprecher über die Arbeit der Telefongesellschaft zu informieren. Gegenwärtig habe die Telekom es in der Tat „mit einem außergewöhnlichen Hochwasser zu tun“- genauso wie der vorausgegangene Frost Herausforderungen an den stabilen Betrieb der Leitungen gestellt habe. „Aber davon ist im Grunde jede Telefongesellschaft betroffen, die auch ein Netz betreibt“, sagt Telekomsprecher McKinney. „Wir haben deutschlandweit zwei Millionen Kilometer Leitungsnetz im Boden und wöchentlich haben wir es mit rund 30 Millionen Kundenmails oder Anrufen zu tun“, weist er auf die Lage aus Sicht des ehemaligen Staatsmonopolisten hin. „Bei aller Kritik möchte ich nicht wissen, wie groß diese wäre, wenn wir bei der Erledigung dieser Störungen nicht nach Prioritäten vorgehen würden, etwa öffentliche Einrichtungen wie Krankenhäuser, die Feuerwehr oder die Polizei nicht an erster Stelle betreuen würden. Zum aktuellen Fall könne er aber solange nichts sagen, wie sich damit nicht direkt ein Techniker der Telekom befasse. Nähere Informationen könne er im Lauf des heutigen Dienstags liefern.
Schreibe einen Kommentar