POLITIK und WIIRTSCHAFT/JOURNALISMUS und INTERNET/UMWELT/KOMMENTAR
Das Mittelhessenblog ist die nicht die Heute-Show. Und der Schreiber dieser Zeilen ist nicht der cholerische Gernot Hassknecht. Aber eine Wut könnte einen doch anfallen, wenn man sieht, wie Medien sich willfährig instrumentalisieren lassen, um jede noch so abstruse oder abseitige Politikerbotschaft unters Volk zu streuen. Je abstruser die Idee, umso mehr setzt man dabei anscheinend auf die materialarme so genannte Saure-Gurken-Zeit. Dann wenn sowieso Materialmangel in den Redaktionen herrscht und der Großteil der Kollegenschar sich an irgendwelche Ort verdrückt, wo nach Möglichkiet keine Nachrichten so schnell hingelangen. Das jüngste Medienstück könnte den Titel tragen: „Wir wollen unsere alte Birne wieder haben“.
Der heimliche Star des Stücks ist die gute alte Glühbirne. Gewiss, man ist sie gewöhnt. Aber war es nicht so, dass Mitte der 80-er Jahre die ersten Energiesparlampen auf dem Markt auftauchten. Und sind nicht seit dieser Zeit mehr als 20 Jahre verstrichen, in der man sich eigentlich mit Dingen wie umweltverträglicher Konzeption hätte befassen können? Anscheinend nicht. Denn wie anders ist es zu verstehen, dass mit dem Vorsitzenden des EU-Industrieausschusses, Herbert Reul, und der Vizepräsidentin des EU-Parlaments es zwei Politiker schaffen, mit einem an und für sich längst abgehandelten Thema quer durch die Republik Aufmerksamkeit mit ihrem Vorstoß erreichen, das 2009 von der EU beschlossene Glühbirnen-Verbot kippen oder mindestens aussetzen zu wollen. Sie stützen sich dabei auf eine Studie, die das Umweltbundesamt zur Gefährlichkeit von Energiesparlampe bei Fraunhofer in Auftrag gegeben hatte. Obwohl die Reihe noch längst nicht abgeschlossen ist, ergreift der bekennende „Freund der Industrie“ Reul, sekundiert von Koch-Mehrin als besorgter Mutter die Gelegenheit beim Schopf und verkündet kreuzzugartig von seinem Kampf für die Rückkehr der von allen Deutschen „heiß geliebten Glühbirne“. Die Energiesparlampe wird als Sondermülllösung bezeichnet. Brav greifen die meisten Medien angefangen von Afp über heute online, den Spiegel und zahlreiche regionale Tageszeitungen die Standpunkte der beiden Politiker auf. Einzig die Kollegen der Frankfurter Rundschau wagen unter den etablierten Blättern und Sendern Deutschlands noch am gleichen Tag einen kritischen Blick auf die Äußerung der beiden. Einmal mehr scheint sich zu bewahrheiten, dass Rotstiftpolitik in den führenden meinungsbildenden Redaktionen genauso wie in vielen regionalen Zeitungsverlagen dieser Republik und zunehmender Personaldruck sich unmittelbar auf die Qualität der Nachrichten auswirkt und somit gesteuerten Lobbynachrichten Tür und Tor öffnet.
Freie Kollegen und Kolleginnen, die an verschiedenen Orten dieser Republik mit dem Aufbau unabhängiger freier journalistischer Blogs und Informationsportale beschäftigt sind, könnten angesichts dieser Lage frohlocken. Was aber bei den Schwächen der etablierten dabei auf der Strecke bleibt, ist ein glaubwürdiger Journalismus, der ohne quoten- und auflagensteigernde Schnellschüsse auskommt. Darunter leidet letzlich die gesamte Branche. Umso mehr gilt es, dass guter, kühl recherchierender und analysierender Journalismus in Deutschland wieder ein Fundament bekommt, finanziell wie personell, in den etablierten wie bei den neuen Medien. Das insgesamt hätten die Bürger dieses Landes verdient.
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