Liebe Mittelhessenblogleser: Mitunter lebt Gott nicht in Frankreich sondern macht einen Ausflug nach Mittelhessen: Der rührige Kunst- und Kulturkreis aus dem mittelhessischen Wettenberg, kurz KuKuK, hatte vor einigen Wochen eine Reihe mit Malerei, Literatur und Chanson rund um die französische Metropole und Kapitale Paris begonnen, die nun mit der stimmgewaltigen Veranstaltung „C’est Paris“ ihren Abschluss fand. Für, die es noch nicht wissen, hinter dem Kunst-und Kulturkreis Wettenberg verbirgt sich ein lockerer Zusammenschluss kunstliebender und kunstschaffender Menschen. Vor dem Hintergrund, dass im Jahr seines 70. Geburtstags am 13. März 2010 mit Jean Ferrat einer der ganz großen Chansoniers Frankreichs gestorben war, gewann der Abend der Wettenberger Kunstfreunde in Kooperation mit der Deutsch-Französischen Gesellschaft Wettenberg für Chansonliebhaber eine ganz besondere Note.
Interpretiert von der Sopranistin Barbara Yeo-Emde (Wettenberg), begleitet von der diplomierten Musik-Pädagogin Daniela Werner (Staufenberg-Mainzlar) und moderiert von KuKuK-Vorsitzendem Dieterich Emde erwachte für rund zwei Stunden die Atmosphäre der Stadt in der kleinen Mittelhessengemeinde, die schon zu Cäsars Zeiten als Lutetia schon einen Zauber auf die Menschen ausübte.
Einiges zum Hintergrund der vielbesungenen Stadt: Paris steht für manche historisch weltbewegende Impulse: Angefangen von römischen Begehrlichkeiten über mittelalterliches Machtzentrum und Heimat der Sorbonne, eine der bekanntesten kontinentaleuropäischen Universitäten, Schauplatz eines der ersten Glaubenspogrome gegen die Hugenotten oder Calvinisten (Bartholomäusnacht 1572) über eine jahrhunderte lange Rivalität zur preußisch-deutschen Machtzentrale Berlin (Louis XIV: Wir lieben Deutschland so sehr, dass wir uns freuen, dass es mehr davon gibt) bis hin zum modernen deutsch-französischen Doppelgespann als Schrittmacher der EU – auch wenn diese Beziehung heute hin und wieder Sprünge durch die Eskapaden des aktuellen f ranzösischen Präsidenten Nicolas „Sarko“ Sarkozy hat.
Heimat und Wahlheimat zahlloser Künstler, Autoren und Intellektueller von Weltruf ist die Stadt, die beim Blick vom Eiffelturm mitunter nur wie ein graues Stein- und Betonmeer aussieht, dennoch ein Magnet, der kunstsinnige Menschen immer wieder anzieht und empfangene Impulse in Bilder und Töne verwandeln lässt. Kurzum: Paris mit seinen tausendfach immer wieder wechselnden Gesichtern in aller Vollständigkeit erfassen zu wollen, wäre ohnehin ein Unding. Der Kulturabend im mittelhessischen Wißmar war nun sehr individuell geprägter Versuch einer Frau, die selber im Grunde schon als Allegorie steht für den Versuch eines berühmten Landmanns ihrer Heimat. Barbara Yeo-Emde stammt wie George Gershwin aus den USA und Paris war die erste Stadt Europas, die sie fünf Jahre nach dem Beginn der von Paris ausgehenden Studentenrevolten 1968 besuchte, 22 Jahre nachdem Vincente Minelli sein Musical „Ein Amerikaner in Paris“ genannt nach George Gershwins gleichnamigem Orchesterstück von 1928, der Weltöffentlichkeit vorgestellt hatte. So stellte nun eine „Amerikanerin aus Paris“ ihre persönlichen Pariserinnerungen in musikalischer Form vor.
Mit ihrer ausgebildeten Sopranstimme verlieh sie Bildern vom Trocadero, der Welt eines Jaques Offenbach im Moulin Rouge, dem in den 68-ern von Studenten und heute von Touristenströmen gestürmten Quartier Latin, das ehemals intellektuelle Heimat von Emile Zola (Der Bauch von Paris), Ezra Pound oder Ernest Hemingway aber auch Gabriel Garcia Marquez war. Mit Liedern von Andre Bernheim (Paris) (langjähriger Direktor eines der berühmtesten privaten Theater in Paris, dem Theatre de la Madeleine) , Tango- und Valses von Größen wie Astor Piazolla oder „Sous le Ciel de Paris“ von Hubert Girauld und Jean Drejac oder Leo Ferres Spaziergang durch Saint Germain des Pres.
Ihre Stimme, die für den mit 80 Zuhörer gut gefüllten Veranstaltungsort zum Teil schon fast zu gewaltig schien, ergänzte sich dabei mit den Tastentänzen am Klavier und auf dem Akkordeon von Daniela Werner, die selber mit ihrer Musik bereits in den 90-er schon mit dem ersten Preis beim Deutschen Akkordeon-Wettbewerb geehrt wurde.
Die freiberufliche Musikpädagogin hatte diesen Preis mit dem Shocking valse von Claude Thomain gewonnen, ein Stück, das sie auch während des künstlerischen Paris-Spaziergangs mit dem Wettenberger KuKuK virtuos vortrug. Mit Piazollas Liber Tango setzte sie ein weiteres Zeichen – sowohl für die eigene Virtuosität wie für den Tango, der neben dem Valse ebenfalls mit der Stadt an der Seine in Verbindung gebracht wird. Der Argentinier Piazolla selber, so erläuterte Dieterich Emde, war erst durch seine Musikprofessorin während seines Studiums an der Sorbonne dazu angeregt worden, sich stärker dem Tango zu widmen.
Weiterführende Links:
Wettenberger KuKuK, Barbara und Dieterich Yeo-Emde, Daniela Werner, Theatre de la Madeleine,
Leo Ferre
Redaktionelle Anmerkung: Die in diesem Artikel gezeigten Videos stammen aus einschlägigen Youtube-Quellen und dienen der akustisch-optischen Begleitung.
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