Liebe Mittelhessenblogleser: Es ist „nur“ ein Ereignis in einem kleinen mittelhessischem Dorf. Nichtsdestoweniger geschieht derlei vermutlich noch öfter, ohne dass über den lokalen Medienrand hinaus Notiz genommen wird: Im Abstand von wenigen Wochen haben bisher unbekannte Täter zwei sogenannte Waldwohnzimmer in den Kindergärten der Biebertaler Ortsteile Krumbach und Fellingshausen zerstört. Was Eltern, Kinder und Verantwortliche der Kindergärten aufregt, ist weniger der zerstörte Materialwert als vielmehr die Rücksichtslosigkeit gegenüber der Zeit und der Arbeit, die mehrere Kindergartenjahrgänge in den Aufbau ihrer Waldwohnzimmer gesteckt haben. Trotz der Vermutung, dass es sich bei den Tätern um ortsnahe gelangweilte Jugendliche handeln könnte, fehlt aus nachvollziehbaren Gründen hierfür jegliches Verständnis.
„Wir werden Anzeige gegen Unbekannt erstatten“, nannte Hans Bender vom Vorstand der evangelischen Kirchengemeinde Fellingshausen eine unmittelbare Reaktion auf die Zerstörung, die sich bisher unbekannte Täter im Waldwohnzimmer der Kindertagesstätte „Zum Fuchsbau“ geleistet haben. Es ist weniger der Materialwert der zerstört wurde, sondern die Ignoranz, die hinter der Tat stehe und sich gegen die Kinder richte, die das Waldwohnzimmer letztlich in fortwährender dreijähriger Arbeit zu dem gemacht hätten, was es bis vor vier Wochen gewesen sei, erklärten die Leiterin der Kindertagesstätte, Karina Schäfer-Becker und ihre Mitarbeiterin Susanne Enzigmüller-Seitz gegenüber dem Mittelhessenblog. Aus Stämmen und von der Revierförsterei Biebertal zur Verfügung gestellten Holzklötzen als Stühle für die Kinder hatten sich im Laufe der Jahre mehrere Generationen von Kindergartenkinder dort unter Anleitung ihrer Erzieherinnen ein Refugium und gleichzeitig einen Ausgangspunkt für vielfältige Entdeckungsausflüge in den nahe gelegenen Wald am Dünsberg geschaffen. Der Waldtage finde in der Regel einmal wöchentlich statt und sei ein Fixpunkt im Kindergartenalltag, auf den sich die Kinder freuten. Aus Stämmen hatten sich die Kinder ein Tipi gebaut, ein alter vertrockneter Baum diente als immer wieder neu zu schmückender Weihnachtsbaum, zeitweise hatten die Kinder zwei Tipis, „einen für Jungen und einen für Mädchen“, wie Enzigmüller-Seitz erklärte. Trotz der Verärgerung hat die Kindergartenmitarbeiterin zumindest Ansätze einer möglichen Erklärung, die auch von Bender und dem Vorsitzenden der örtlichen Naturschutzgruppe, Rolf Gerth geteilt wird: „Wie es aussieht, waren es vermutlich Jugendliche, vielleicht sogar solche, die selbst als Kinder hier gespielt haben. Offensichtlich gibt es hier zu wenige Angebote für Jugendliche, weswegen sie aus Langeweile auf solche Ideen kommen.“. Gerth weist noch auf zwei andere Dinge hin: So wie das Waldwohnzimmer sei auch ein Insektenhotel nahezu mit Regelmäßigkeit demoliert worden, sobald es von den Kindergartenkindern hergerichtet worden war und zum anderen sei eine Ruhebank für Spaziergänger in der Nähe des Waldwohnzimmers ebenfalls spurlos verschwunden. Hier zweifelt Gerth aber, dass Jugendliche ihre Hand im Spiel haben könnten.
Dass die Kindergartenmitarbeiterin mit ihrer Vermutung hinsichtlich der Zerstörung des Waldwohnzimmers Recht haben könnte, dafür steht eine andere Episode aus dem Dünsbergdorf, das zur Gemeinde Biebertal gehört: Im Sommer hatten sich Jugendliche in einem nahegelegenen Wohngebiet eine Mountainbike-Strecke eingerichtet, nachdem sie vorher ihrem Hobby im Wald nachgegangen waren.Das war ihnen verboten worden, worauf sie in ihr Wohngebiet ausgewichen waren. Dies hatte zur Beschwerde durch einen Anwohner geführt, worauf die Gemeindepolizistin gerufen wurde und dort den Jugendlichen ebenfalls verboten hatte, mit den Mountainbikes zu fahren. Wenig später kam es nach Beschwerden seitens der Elternschaft und der Jugendlichen zu einem Ortstermin mit dem Biebertaler Bürgermeister Thomas Bender, in dessen Folge ein Kompromissvorschlag gefunden wurde, zu dem die Jugendlichen selber noch Ideen beisteuern konnten. Aktueller Stand der Dinge ist der, dass der Kompromissvorschlag immer noch nur ein Plan ist und der ehemalige Mountainbike-Hügel zur Straßenseite hin mit Holzbalken blockiert wurde. Auf Nachfrage sagte Bürgermeister Bender gegenüber dem Mittelhessenblog, dass die Jugendlichen den Kompromissvorschlag am Ende als zu weit von ihrem Wohngebiet bezeichnet hätten.
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