Liebe Mittelhessenblogleser: Fährt jemand aus Mittelhessen zufällig ins deutsch-französische Grenzgebiet am Rhein und will dort fischen oder angeln? Nun denn, dann kann man nur Petri Heil wünschen und dass nicht plötzlich ein paar knurrige Elsässer auftauchen, die sauer sind auf die Deutschen. Möglicherweise könnten französische Grenzbeamte zu einer Retourkutsche gegen deutsche Angler ausholen. In der ansonsten idyllischen Ecke am Rhein, die sogar als europäische Modellregion gilt, trübt nämlich ein Anglerkrieg die ansonsten harmonisch deutsch-französischen Beziehungen. Schuld ist möglicherweise der deutsche Hang, alles bis ins Letzte regeln zu wollen und die den Franzosen eigene Art des Laissez-faire. Das macht dann sogar vor Fischen nicht halt. Und das geht so:
In Deutschland kann man nicht einfach so seine Angelrute kaufen, die ins Wasser halten und den nächsten besten Fisch rausholen und überm Lagerfeuer brutzeln. Um angeln zu dürfen, brauchts nämlich so einiges. Als da wären: die Fischereiprüfung, die bestanden werden muss und die Frage, in welchem Bundesland man zuhause ist. Glaubt man den Diskussionen in diversen Anglerboards im Internet, so haben die bayerische und die hessische Fischereiprüfung den Ruf die härteste zu sein.
Dafür würde man aber viel lernen. In den Boards wird dann gleich auch mit einem Irrglauben aufgeräumt: Wer sich eine Angel kauft und dann in einem privaten Fischweiher sein Glück versucht, gerät genauso mit dem Gesetz in Konflikt wie derjenige, der sich ein stilles Plätzchen an einem verschwiegenem Lahn-. Fulda‑, Main‑, Rhein‑, Donau- oder Elbearm sucht oder einem einsam liegenden Waldsee, um erstes Anglerglück auszuprobieren: Kommt jemand Offizielles vorbei und ist schlecht gelaunt, droht eine Anzeige wegen Fischwilderei. Kommt es zu einer Verurteilung, können hohe Strafen drohen. Das Forum nrw-angler.de berichtet über 600 Euro, die ein glückloser Petrijünger aufgebrummt bekam, die Sächsische Zeitung spricht in ihrer Online-Ausgabe von 900 Euro, die einem rechtskräftig veurteilten Fischwilderer auferlegt wurden. Licht am Horizont des dunkeldeutschen Fischerhimmels bietet immerhin der Blick nach Mittel- und Nordostdeutschland. Die Bundesländer Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern haben das Angeln auf so genannte Friedfische ohne Angelschein seit den Jahren 2005 und 2006 auch für Erwachsene freigegeben. Einfach so angeln geht aber immer noch nicht, denn dafür braucht es einen Erlaubnisschein, den es so wie die Fischereiprüfung nur gegen die Zahlung eines bestimmten Preises gibt.“
Wie sieht die Lage in Frankreich aus? Um es kurz zu machen: Das Recht auf freies ungehindertes Angeln gilt seit der Französischen Revolution als eines der zentralen Rechte eines freien Bürgers. Wer angeln will, braucht sich nur einen Erlaubnisschein zu holen. Allerdings sollte man zwischen sich und die deutsche Grenze möglichst viel Abstand bringen.
Am besten fährt man auf die französische Seite, sucht sich einen Platz an Ufer und wirft dann die Leinen aus. Denn sonst könnte es einem wie Renald Jundt ergehen, über dessen Schicksal der Deutschlandfunk vor kurzem berichtet hatte: Der Elsässer wollte wie so oft im Rhein angeln und verließ sich auf die gefallenen Grenzbäume, auch zwischen Deutschland und Frankreich. Der Mann dachte, es sei doch eigentlich egal, wo er nun mit seinem Fischerboot auf den trägen Rheinfluten dümpelt, um zu angeln. Pech für den Mann, dass er nur wenige Meter auf deutsches Gebiet geriet und dort gleichsam in die Fänge der deutschen Wasserschutzpolizei. Die juckte es wenig, dass er gültige französische Anglerpapiere besitzt. Er hatte eben keinen d e u t s c h e n Angelschein. Seine Ausrüstung wurde beschlagnahmt, ihm der Prozess gemacht. Auf beiden Seiten des Rheins wird nun mit Spannung auf den Prozessausgang gewartet.
Wer nun auf Nummer sicher gehen und in Frankreich mit genügend Distanz zu den offensichtlich immer noch gültigen Landesgrenzen fischen will, dem sei diese Übersicht empfohlen: Die Lieux de pêches.
Detailliert bis in die kleinste Region liefert diese interaktive Karte Informationen darüber, wo man am besten welchen Fisch wo angeln kann.
Wer übrigens Angelgäste aus dem Ausland erwartet, sollte diese bei der geschilderten Faktenlage am besten gleich mit den deutschen Gepflogenheiten vertraut machen.
laura meint
Aber ich wusste gar nicht, dass es so schlimm ist. Sehr interessant vor allem.
Kai meint
Sehr interessanter Artikel: Für mich dann doch lieber in Deutschland angeln 🙂
Viele Grüße
Kai