Ist die Wüste plötzlich grün – oder liegt das mittelhessische Kirchvers plötzlich in einer arabischen Landschaft? Keineswegs. Natürlich war die Nachricht über den Wadi ein Aprilscherz. Aber mit einem wahren Kern.
Der „Wadi“ ist in Wirklichkeit Teil einer Wiesenabbruchkante im Gebiet des Oberen Verstal zwischen dem Lohraer Ortsteils Kirchvers und des Biebertaler Ortsteils Frankenbach. Frankenbach liegt noch im Landkreis Gießen, Kirchvers schon im Landkreis Marburg-Biedenkopf. Die beiden Orte sind immer wieder Stationen für Wanderer und Radfahrer, führen doch etliche Wanderwege wie der Elisabethpfad durch das Gebiet. Eine, gerade bei trockenem Frühlings‑, Frühsommer- oder Herbstwetter, ideale Wandergegend.
Der „Wadi“, den wir am 1. April vorgestellt haben, liegt oberhalb eines asphaltierten Wirtschaftswegs, der Frankenbach und Kirchvers verbindet, in einer Wiese. Auf einem Teil ist die Erde auf einer Länge von rund 20 Metern abgebrochen und bildet eine stellenweise bis zu 60 Zentimeter hohe Abbruchkante. Von Gelände oberhalb drückt eine Quelle Wasser in die Wiese, das sich an der Oberfläche weiträumig seinen Weg bahnt und weiter unten dann am Fuß der Abbruchkante eine mehrere Quadratmeter große, flache, derzeit mit Algen bewachsene Wasserstelle bildet. In der Wasserstelle selber bilden einige kleinere Erdhügel Landeplätze für kleinere Wasser liebende Vögel. Das zumindest verraten Spuren im Ufermatsch und kalkige Kotspuren auf den Erdhaufen.
Wie entsteht der Eindruck, es handele sich um eine größere, seenartige Wasserfläche oder eben einen Wadi? Es ist immer eine Frage der Perspektive und des Aufnahmewinkels. Was die optische Täuschung begünstigt: Manche Strukturen sehen sich zum Verwechseln ähnlich, so wie fraktale Strukturen ‑die sich sowohl in uns kaum vorstellbaren kleinsten oder großen Formen immer wieder gleichen können.
Das Obere Verstal gehört noch zu Biebertal und ist eines der sogenannten Natura 2000 oder FFH-Gebiete. Laut Katalogisierung des Bundesamtes für Naturschutz ist es rund 85 Hektar groß, ist Heimat unter anderem von Pfeifengraswiesen oder so genannter feuchter Hochstaudenfluren. Die wiederum, so das BfN, seien in unserer Region einerseits noch häufig, aber andererseits doch durch Faktoren wie Grundwassserabsenkung oder Verbuschung und Aufforstungen gefährdet. Phänomene wie Quellstellen oder so genannte „Hangwasseraustritte“ gehören laut BfN in einem solchen Gelände zu ganz normalen Erscheinungen.
So gesehen ist der Mittelhessenblog-Aprilscherz also einer mit einem hohen „Wahrheitskern“.….
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