Es wäre der dritte Anlauf einer Gemeindefusion in Hessen seit den Gebietsreformen in den 70er Jahren, sagt Thomas Beck (SPD). Er ist Bürgermeister der Gemeinde Angelburg. Sie liegt wie Steffenberg im äußersten Westen des Landkreises Marburg-Biedenkopf. Und beide Gemeinden haben mit den gleichen Problemen zu kämpfen wie viele andere hessischen Gemeinden. Um dringend gemeinsame Aufgaben zu schultern, hatten die Gemeindevorstände beider Gemeinden schon 2014 die Bürgermeister beider Gemeinden beauftragt, eine mögliche Fusion zu prüfen. Am Sonntag sollen die wahlberechtigten Bürger beider Kommunen darüber abstimmen. Hartmud Schaad vom hessischen Steuerzahlerbund stellte gegenüber dem Mittelhessenblog fest, auf die Wähler würde am Sonntag eine ganz besondere Verantwortung fallen. In den zwei Gemeinden würden Weichen für ganz Hessen gestellt…
Das Wetter am Freitag vor diesem speziellem Wahlsonntag ist symbolträchtig: Keine goldene Oktobersonne sondern grauweiße Regennebelwolken bestimmen die Atmosphäre. Manches taucht nur schemenhaft auf, blickt man auf halber Strecke nach Gönnern und nach Niedernhausen.
Gönnern ist Sitz des Angelburger Rathauses, Niedereisenhausen das der Gemeinde Steffenberg. Während das Angelburger Rathaus eher einen repräsentativen Eindruck macht, wirkt das Steffenberger Rathaus eher nüchtern, Stil Zweckbau der 70er, 80er Jahre.
Auf den Sitz der Gemeindeverwaltung wird mit eben diesem Schild hingewiesen: Gemeindeverwaltung. In Gönnern heißt es dagegen „Rathaus“ , darunter der Hinweis auf das Standesamt im gleichen Haus.
Thomas Beck, Bürgermeister von 3530 Bürgern (Stand 31. Dezember 2014), würde eine Fusion begrüßen. Beck ist seit 15. Juni 2011 im Amt. In der Nachbargemeinde ist es der parteilose Peter Pfingst, der seit 1998 als Bürgermeister höchster Kopf der Verwaltung des 4032 Einwohner zählenden Steffenberg ist (Stand 31. Dezember 2014). Pfingst ist regulär noch bis Mai 2016 im Amt. Er würde ohnehin aus dem Amt scheiden, weil er nicht mehr kandidieren möchte.
Ziel der Fusion, so erklären dies übereinstimmend Beck, Schaad und ein Infoblatt im Internet, sei es Kosten einzusparen, auch mit dem Ziel, die Bürger vor zusätzlichen Belastungen zu schützen, wie sie mit der derzeit diskutierten Erhöhung der Grundsteuer B befürchtet werden. Hier war die Mittelhessen-Gemeinde Biebertal vorgeprescht, deren Bürgermeister Thomas Bender eine Erhöhung um 1000 Prozent ins Spiel gebracht hatte…
Sollten die Angelburger und Steffenberger am Sonntag mit einem Ja für die Fusion stimmen, würde dies im besten Fall eine Entlastung jährlich von 530000 Euro bedeuten, im schlechtesten Fall eine Entlastung von 413000 Euro. Zurzeit haben beide Gemeinden mit Defiziten von 1,7 Millionen Euro (Steffenberg) und 2,2 Millionen Euro (Angelburg) zu kämpfen. Würden beide wie bisher versuchen, ihre Probleme alleine zu stemmen, so müssten sich die Bürger auf eben die Erhöhung der Grundsteuer B einstellen, die Erhöhung von Kindergartengebühren, möglicherweise auch Erhöhung der Friedhofsgebühren und anderer kommunaler Gebühren. Ebenso stünde die Zukunft des Schwimmbads in Eisenhausen in den Sterne, die des Unterhalts manches Dorfgemeinschaftshauses ebenfalls, von der Sanierung schlaglochgeschädigter Straßen zu schweigen.…Anders dagegen, wenn der Entscheid positiv ausfiele. Dann, so Beck, hätte diese neue Gemeinde, deren Rathaus dann in Niedereisenhausen wäre, wären dies auf einen Schlag ab 2017 dann mehr als 7500 Einwohner, was erhöhte Zuweisungen vom Land bedeuten würde. Außerdem würde Hessen dann 2 Millionen Euro der Defizite übernehmen.
„Sicher wäre eine Fusion nicht verkehrt“, meint Markus Bartnick. Ortsvorsteher von Gönnern. Wie er sagt, sei die Stimmung aber uneinheitlich. Das Angelburger Rathaus, das er persönlich für repräsentativer als das in Niedereisenhausen hält, wäre im Fall einer Fusion nach den bisherigen Plänen allerdings als Verwaltungssitz der neuen Gemeinde dann aus dem Rennen. Dass der Sitz der Verwaltung dieser neuen, jetzt noch namenlosen Gemeinde, in Niedereisenhausen sein soll, sei schon beschlossene Sache, so Beck. Das deswegen, weil im anderen Gebäude einfach mehr Platz sei. Das bisherige Angelburger Rathauses könnte dann aber zumindest noch positiv zum Haushalt dieser neuen Gemeinde beitragen: Durch Verkauf oder Vermietung.
Nur vor alledem stehen jetzt erst einmal die Wahlen der Angelburger und Steffenberger Bürger über die weitere Zukunft ihrer beiden Gemeinden. Die Wahl kann live über diese Website der Gemeinde Angelburg verfolgt werden. Fällt die Abstimmung am Sonntag negativ aus, wären die Pläne dann für die nächsten drei Jahre auf Eis gelegt, so Beck. Zur Wahl sind 6000 Bürger aufgerufen. Stimmen von diesen über 25 Prozent mit Ja, wird es ab 1. Januar 2017 eine neue Gemeinde mit einem neuen Namen geben. Und im ersten Halbjahr 2017 wäre dann wieder eine Wahl: Die des neuen Bürgermeisters und die eines neuen Gemeindeparlaments.
Der hessische Steuerzahlerbund jedenfalls gab schon am heutigen Freitag ein klare Position bekannt: „Angelburger und Steffenberger, stimmt mit „Ja“ für die Fusion“. Zwar gibt es schon seit einigen Jahren interkommunale Zusammenarbeit, um Kosten zu sparen. Der Schritt in Angelburg und Steffenberg wäre aber ein konsequenter Schritt zur vollständigen Fusion und so „leider bisher noch nicht selbstverständlich“. Das Kirchturmdenken müsse zum Besten der Bürger überwunden werden.
Neben den geplanten Kosteneinsparungen wäre mit dieser neuen Gemeinde allerdings auch ein Kuriosum verschwunden: Der namensgebende Berg von Angelburg liegt selber auf dem Gebiet von Steffenberg. Das sich heute wie ein Dreiviertelring um die kleinere Gemeinde Angelburg legt.
Schreibe einen Kommentar