Wäre da nicht Cody Wilson gewesen, wäre das Thema 3‑D-Drucker vermutlich immer noch nur ein Thema, das Technikfans begeistern dürfte. Seit der ehemalige Jurastudent im August 2012 aber die Pläne für seinen Liberator ins Netz stellte, macht das Thema so langsam Medienkarriere. 2011 war es, da gründete ein anderer junger Mann ebenfalls ein Unternehmen, weniger martialisch, weniger in den großen Schlagzeilen, inzwischen aber auch gut ausgelastet. Erst in Gießen, inzwischen in Wiesbaden. Und zwei Jahre ist es ebenfalls her, als die Technische Hochschule Mittelhessen (THM) begann, mit dem Einsatz von 3D-Druckern Erfahrung zu sammeln. Trotz des Medienhypes, der sich so langsam im Netz breitmacht, waren sich die, mit denen das Mittelhessenblog sprach, aber einig: Noch sind die 3D-Drucker nicht wirklich tauglich für den Privatgebrauch. Mal eben schnell einen Ersatz für eine zerbrochene Lieblingsbrille zaubern, ist demnach eher noch etwas für Technikfans.
Im Grunde ist die Sache mit den 3D-Druckern ein alter Hut. Alter Wein in neuen Schläuchen. Denn mit der Technik der 3D-Druckerei hatten sich schon in den 50er Jahren die Amerikaner beschäftigt. Damals hieß das, und eigentlich heute auch noch: „Digital Fabricator“ – also ein Gerät, mit dem sich computergesteuert Gegenstände herstellen lassen. Milling machine hießen die Geräte. um die es in den 50ern ging, Fräsen. Jetzt im März 2013, hatte das Massachusetts Institute for Technology während einer Veranstaltung zur „Wissenschaft über die Digitale Fabrikation“ darauf hingewiesen.
Fällt das Wort Fräse, sind für Eingeweihte die Worte CNC- und CAD nicht weit entfernt. Egal ob Schunk, Heyligenstaedt oder andere Formen herstellende und verarbeitende Betriebe aus dem Metall oder Kunststoffbereich: In irgendeiner Form werden Vorlagen, Negativabdrücke, Rohlinge und sonstiges hergestellt, die wiederum weiterverarbeitet werden. Was früher von Hand gezeichnet und dann übertragen wurde, entsteht heute schon längst am Bildschirm. Wer Renderingprogramme auf seinem Rechner installiert hat und selber mit 3‑D-Zeichen-Programmen Figuren am Rechner entwirft, hat im Grunde schon das Rohprinzip für die Schaffung eines 3‑D-Objekts am heimischen Rechner. Nur wenn diese Zeichung ausgedruckt wird, kommt sie zweidimensional auf einem Blatt Papier oder einer Folie aus dem Drucker..
2011 hatte Fabian Strohschein die Idee gehabt, sich mit dem Thema, mit dem er sich vorher schon aus Interesse befasst hatte, selbstständig zu machen, ein Unternehmen zu gründen. Zuerst in Gießen. „Im Grunde spielt es in Zeiten des Internets ja eigentlich keine Rolle. Die Kundenanfragen kommen übers Internet, via Telephon und wir verschicken die fertige Ware dann“, sagt der ehemalige BWL-Student, der jetzt Inhaber und Geschäftsführer von 3D-Activation ist. Inzwischen ist der Unternehmenssitz in Wiesbaden. Seine Kontakte in die Unistadt an der Lahn hat der Jungunternehmer aber noch. Einige der ersten Kunden kommen aus dem Gießener Umland. Von Fabian Strohschein schließlich stammt letztlich auch der Tipp, es mal für ein Foto-Shooting an der Technische Hochschule Mittelhessen zu versuchen. Denn er selber könne damit leider nicht dienen. „Wir haben es mit Aufträgen aus der Industrie zu tun. Deswegen wäre es etwas heikel, wenn da Aufnahmen an die Öffentlichkeit geraten würden“ erklärt Strohschein. Er wisse aber, dass die THM selber mit 3D-Drucker gerade ihre Erfahrung sammele
Zum Hype, den die 3D-Drucker gerade auslösen und der Hoffnung, dass sich mancher Haushalt seine Ersatzteile für angeschlagene Tassen, zerbrochene Haken oder andere beschädigte Alltagsgegenstände selber druckt, hat Strohschein eine kritische Stellung: „Sicher sind die Preise gefallen, aber ein brauchbares Gerät, das über mehr als bloße Liebhaberei oder Interesse für Thema hinausgeht, das dürfte für den Privathaushalt sich eher noch nicht lohnen. Außerdem spielt auch das Material, das man verwendet, eine Rolle. Da gibt es Billiglösungen und Kunststoffe, die ganz spezifische Forderungen erfüllen“, so der Unternehmer.
Eher etwas für Tüftler sind Druckerbausätze wie dieser in diesem Kurzvideo;das in der THM entstanden ist.
Konkrete Zahlen gibt es an der THM. Dort lassen Ulf Mäder und Philip von Voigts-Rhetz Blicke hinter die Kulissen zu – mit dem Hinweis, zum Thema etwas aus Anwenderperspektive sagen zu können. Beide arbeiten als wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut für medizinische Physik und Strahlenschutz im neu gebauten Anwendungszentrum der THM in der Gutfleischstraße in Gießen. Im „Druckerraum“ stehen drei Geräte. Vom „Billigbausatz“ bis zum „Highendgerät“. Dementsprechend auch die Preisunterschiede bei Anschaffung und Materialkosten. „Den Bausatzdrucker hatte ich für damals 800 Pfund bestellt. Das Material, das wir zum Drucken brauchen, kostet 50 Euro je zwei Kilo“, erklärt Voigts-Rhetz, während er den Drucker vorführt.
Profigerät für 60000 Euro
Nach einer kurzen Vorwärmzeit zieht der Drucker von einer Spule einen Plastikfaden in ein Gefäß, das auf dem Drucker in einem Schlitten angebracht ist. In dem Gefäß wird der Kunststoff erhitzt und über eine Düse Schicht für Schicht auf die Unterlage gespritzt. Mit der Zeit baut sich aus den so entstehenden Schichten dann das gewünschte Objekt auf, das vorher am Bildschirm entworfen wurde. Die Schichten sind grobgerastert. Direkt gegenüber steht eine Fortentwicklung dieser Technik. „Das
entspricht mehr dem heutigen Standard, liegt aber in der Anschaffung schon bei rund 2000 Euro. Die Materialkosten sind dieselben“, sagt Diplomingenieur von Voigts-Rhetz. Auf dem Tisch stehen mehrer Modelle herum. Zwei Torsi eines Frauenkörpers. Einer grob gerastert und weiß, innen hohl. Er stammt aus dem Bausatzdrucker. Daneben ein grüner. Die Schichten schon feiner. Das ganze massiv. Und größer. Die Figur wurde mit dem 2000-Euro-Gerät gedruckt. Der dritte Drucker schließlich ist ein 60000-Euro-Gerät. „Hier wird das Drucken richtig teuer. Da kosten 2 Kilo 700 Euro“, rechnet Mäder vor. Wie er sagt, werde dieser 3D-Drucker auch von einer im Haus ansässigen Firma genutzt. „Hier einen Probedruck machen? Zu Demonstrationszwecken? Das wäre zu teuer. Das müsste ich Ihnen in Rechnung stellen“, sagt Mäder. Deswegen wird der 800-Euro-Drucker angeworfen, um zu zeigen, wie der Drucker arbeitet. „Vom Prinzip her gleicht sich die Technik ja“, stellt er fest.
„Markt ist noch zu unübersichtlich“ – Kampfpreis kommt aus Kanada
Ob die 3D-Drucker etwas für den privaten Hausgebrauch sind? Um mal eben die Lieblingstasse zu kreieren oder Weihnachtskugeln auszudrucken? Rein technisch ginge das, erklärte Fabian Strohschein. Nur in entsprechender Qualiät würde sich das für den Privatmann kaum rechnen. THM-Mitarbeiter Mäder bestätigt diese Einschätzung. Zumindest nach seinen Erfahrungen „würde ich mir gegenwärtig für mich privat keinen 3D-Drucker anschaffen. Der Markt ist viel zu unübersichtlich“, so Mäder.
Seine Einschätzung wird vom Mitarbeiter einer bekannten Elektronikkette geteilt. Der Mann, der aus Sorge um seinen Arbeitsplatz lieber ungenannt bleiben möchte, sagt: „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt würde ich mir einen 3D-Drucker noch lieber selber bauen. Das habe ich mir sogar überlegt, ob ich das nicht vielleicht für mich selber mache. Das Zubehör bekommt man günstig. Da muss man keine 400, 500 oder 600 Euro ausgeben. Mit etwas Glück kommt man mit 100, 150 Euro hin. Das geht auch“, sagt der Mann, der in dem Filialbetrieb Kunden unter anderem im Druckerkauf berät.
Die Preise für Bausätze schwanken von rund 235 Euro des amerikanischen Startups RigidBot bis zu etwas mehr als 1400 Euro wie sie etwa über die Versandkette Conrad angeboten wird. Im Kampf um die Kunden hat indes ein Kanadier zusätzlichen Druck in den Preiskessel gebracht: Mit rund 100 kanadischen Dollar will Rylan Grayston mit seinem Peachy Printer in den Markt bringen. Auf der Unterstützerseite Kickstarter wirbt Grayston für seine Idee. Wie RigidBot.
BKA zögert erst und prüft dann Gefährlichkeit
Spätestens mit den Internetveröffentlichungen für die Baupläne seines Liberators hatte Cody Wilson die Sicherheitsbehörden aufgeschreckt. Ihm selber hatte das laut Wired den Ruf eingebracht, weltweit einer der 15 gefährlichsten Männer zu sein. Auf Nachfrage des Mittelhessenblog hatte das BKA 2012 noch auf die Zuständigkeit der regionalen Aufsichstbehörden bei Land hingewiesen. Aus einschlägigen Kreisen wie Jägern und Jagdwaffenverkäufern war indes vorher direkt der Verweis auf das BKA gekommen: „Hier bei uns gilt die Waffenscheinpflicht ‑ohne Schein gibt es keine Waffe“, so die Einschätzung. Doch inzwischen hatte die Bundessfraktion der Linken in einer Kleinen Anfrage wissen wollen, wie es um die Gefährlichkeit der Pistolen aus dem Drucker steht. Dazu hat das BKA inzwischen Testreihen laufen und will bis Ende des Jahres Ergebnisse vorstellen. Unter anderem werde auch der Einsatz für eigene Zwecke geprüft.
Wo geht die Zukunft hin?
2014 dürfte in Sachen 3D-Drucker ein spannendes Jahr werden. Nicht nur für Medizintechniker oder Autozulieferer. Auch Pizzabäcker könnten künftig Konkurrenz bekommen. Denn im Auftrag der NASA wird gerade an 3D-Druckern geforscht, die aus Algen und Insekten leckere Druckpizzen machen. Damit wird sozusagen der Kreis zur verfilmten Science Fiction in der Star-Trek und Raumschiff-Enterprise-Saga geschlossen: Dort zaubert ein Replikator Getränke, Mahlzeiten und andere Dinge. Die Idee hatte sich Gene Rodenberrry einfallen lassen. Heute nun ist die Weltraumforschung der NASA Auslöser für den „replicator“.
Hinweis: Zum Thema gibt es ebenfalls eine Veröffentichung des Mittelhessenblog bei Tango Publishing.
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