Die Schlacht ist geschlagen: Tanja Kleinhens kann sich wieder den normalen Dingen ihres Alltags zuwenden: Die Vorsitzende des Obst- und Gartenbauvereins Krofdorf-Gleiberg hatte in den vergangenen sechs Wochen Ausnahmezustand. Gemeinsam mit Ulrich Hellmann, Roger Bender und anderen Vereins- und Vorstandsmitgliedern wechselte sie sich beim Keltern an der vereinseigenen Kelter- und Pasteurisierungsanlage ab.36000 Liter sind es 2016 gewesen. Die Arbeit rund um den Apfel hört aber nicht auf: Ein Apfelbaumkataster soll in Angriff genommen werden.
„Wo bekomme ich meinen Apfel her und bleibe ehrlich..?“ Wer keine eigenen Bäume hat, steht da ohne vernünftige Informationen mitunter vor einem Problem. „Die Daten können wir Ihnen nicht einfach so herausgeben. Aber wir können uns gerne mit den Eigentümern in Verbindung setzen und Ihnen dann Bescheid sagen“, lautet die ständig wiederkehrende Auskunft bei den einschlägigen Ansprechpartnern in den Kommunen. In der Regel sind es die Umweltbeauftragten, die sich darum kümmern. Doch stoßen auch diese auf unvorhergesehene Hindernisse: Wenn die Einträge, wem welcher Baum gehört oder verpachtet ist, veraltet sind.
„Wenn Sie es genau wissen wollen, müssen Sie zum Grundbuchamt gehen. Dort sind die jeweils gültigen Eigentümer eingetragen“, kommt der Ratschlag vom Nabu Hessen in Wetzlar. Doch, so Pressesprecher Dr. Berthold Langenhorst, der dort unter anderem für Natur- und Umweltbildung verantwortlich ist, dieser Aufwand würde sich nur dann lohnen, wenn nicht nur mal eben spontan Äpfel ernten will, sondern das durchaus jährlich machen möchte.
Denn trotz allen Ärgers über ungenutzt herabfallende und verrottende Äpfel, den Apfelfans ohne eigene Bäume empfinden: Mal eben locker Äpfel klauen, wie vor bald 100 Jahren 1917 das Hamburger Brüdertrio Ludwig, James und Leopold Wolf dies in seinem Lied „An de Eck steiht’n Jung mit’n Tüdelband“ besingt, das geht nicht. Nämlich, streng juristisch angewandt, handelt es sich heute eigentlich um Diebstahl und noch strenger, um Hausfriedensbruch, wenn man einfach so auf eine Wiese läuft, um das Obst aufzulesen.
„Wir stellen durchaus fest, dass die Lust auf den selbst gekelterten Saft wächst. In den vergangenen fünf Jahren auf jeden Fall“, sagt Kleinhens. Und ebenso wachse die Strahlkraft des Vereins aus dem Wettenberger Ortsteil, weit über die engeren mittelhessischen Grenzen hinaus. Aus dem Vogelsberg, der Limburg-Weilburger Gegend, aus dem Südkreis Marburg-Biedenkopf kämen inzwischen ebenfalls Familien und einzelne, die ihr Obst nach Krofdorf bringen.
Damit es künftig einen besseren Überblick über die Obstbaumbestände rund um Krofdorf gibt, soll nun bis nächstes Jahr ein Obstbaumkataster erstellt werden, so Kleinhens. Dafür müsse akribisch erforscht werden, wem welcher Baum gehört, damit künftig Fragen nach Apfelbäumen besser beantwortet werden könnten. Auch diese Arbeit geschehe wie der Betrieb der Kelteranlage rein ehrenamtlich.
In der jetzt beendetet Saison habe der Verein über das Amtsblatt der Gemeinde Eigentümer gebeten, mitzuteilen, ob sie Bäume besonders für junge Familien zum Abernten hätten. „Das Echo war da schon enorm“, sieht die Vorsitzende Chancen für das wieder steigende Interesse am Selberkeltern.
Schreibe einen Kommentar