Es sind diese Gebäude, die immer wieder für Aufsehen sorgen und Stoff für Geschichten liefern: Burgen, Schlösser, Rittergüter, alte Wirtshäuser, Galgenberge und Zollstationen. Entweder hoch auf Bergen, an Flussläufen, versteckt in idyllischen Tälern oder eben von weitem sichtbar. Und manchmal ist es ein Symbol, das neugierig macht. Im alten Grenzland zwischen Preußen und dem Großherzogtum Hessen gibt es ein solches Gebäude: Die Gastwirtschaft „Eiserne Hand“ an der Zollbuche bei Erda an der L 3047. Der Straße, die an Gießen vorbei über Wettenberg an Frankenbach und Erda vorbei nach Gladenbach führt.
Genau 180 Jahre sollte die „Eiserne Hand“ Fernfahrern, Handelsleuten, später Jagdgesellschaften und Wanderern als Treffpunkt dienen und als Zollstation. 183 Jahre später ist die „Eiserne Hand“ in Dornröschenschlaf verfallen und wird von ihren Eigentümern Karl-Heinz und Barbara Märker aus Kirchvers davor bewahrt, nicht endgültig zu verrosten – im wortwörtlichen Sinn. Seit 2009 suchen beide nach einem Pächter, besser einem Käufer für die alte Zollstation. Der Gasthof war als Erbschaft nach dem Tode Robert und Erna Benders an sie gekommen. Karl-Heinz Märker fährt nahezu täglich zur Gastwirtschaft, um zu kontrollieren, ob alles in Ordnung ist.
Wer das Gebäude kaufen will, würde eines bekommen: Ein riesiges Areal mit dazu gehörenden Wiesenflächen, eine zentrale Lage mitten in der Natur und doch wieder direkt an einer leicht erreichbaren Durchgangsstraße. Und leicht erreichbare Freizeitmöglichkeiten dazu: Ein Stausee mit Segelmöglichkeit, Surfschule, Seeschwimmbad und Rundweg für Skater, Radfahrer und Spaziergänger: Der Aartalsee, dessen Anliegergemeinden Hohenahr und Bischoffen sind. Drei Burgen, die angefahren werden können: Die Burgruinen Gleiberg (Gemeinde Wettenberg), Vetzberg und die rund 2000 Jahre alten Wallanlagen der Kelten am Dünsberg (Gemeinde Biebertal), die Jugendburg Hohensolms in der Heimatgemeinde Hohenahr, deren Hauptortsteil Erda ist. Und in direkter Nähe: Wald, Feld, Wanderwege.
Nur, wer die Immobilie pachten oder kaufen würde, müsste sich auch um dieses kümmern: Das Innenleben des Gasthofes, in dem, wenn man die Zeitepochen durchwandert, das Haus vom Erdgeschoss bis in den ersten Stock Zeitzonen bis 1992 zu bieten hat. Damals, so erinnern sich Karl-Heinz und Barbara Märker, wurde noch eine komplette Wohnung eingerichtet. Sonst sind es Gästezimmer, die im Charme der 60’er und 70’er Jahre stehen geblieben sind. Was aber den Gästen, die zuletzt noch aus den Ballungsgebieten der alten Bundesrepublik gekommen waren, nichts ausgemacht habe, erinnert sich Karl-Heinz Märker. Es waren Jagdgesellschaften oder einzelne Jäger, die noch bis in die 80’er Jahre gekommen waren. Dann, weil sein Onkel und dessen Frau immer älter wurden, wurde der Übernachtungsbetrieb irgendwann eingestellt. Was blieb, waren regelmäßige Veranstaltungen der Jäger, der örtlichen Hegegemeinschaften . Außerdem, so erzählen die Märkers, war die Gastwirtschaft seit jeher immer ein Ausflugsziel gewesen. Während des ersten Mais, zu Pfingsten oder sonst an Wochenenden und Feiertagen. Für ihre Gäste habe sich Erna Bender fast noch bis kurz vor ihrem Tod ins Zeug gelegt. Barbara Märker zeigt Bilder, die Erna Bender im Einsatz in der Küche zeigen, während sie sich mit Gästen unterhält
„Ja das ist schade, dass es den Betrieb da oben nicht mehr gibt“, findet auch Michael Brück aus Hohensolms. Brück ist Vorsitzender der gleichnamigen Hegegemeinschaft Eiserne Hand, die sich ihren Namen nach der Gastwirtschaft gegeben hatte. Wie er sagt, hätte das Gastwirtspaar für eine urige Atmosphäre gesorgt, habe sein Auskommen dort gehabt. Und wer kam, habe tatsächlich das Gefühl gehabt, eine Reise in eine längst vergangene Zeit zu unternehmen. Das Mobiliar, die Küche, kurz alles stand dafür – und der sehr persönliche Service des Wirtsehepaars. In ruhigen Minuten nahm sich Robert Bender schon einmal Zeit, seinen Gästen die Geschichte der Eisernen Hand zu erzählen. Noch 2006 konnte sich der Schreiber dieser Zeilen davon überzeugen – als die Gastwirtschaft Ziel nach einer Wanderung mit dem eigenen Sohn war. Die Aufklärung zur Geschichte der Eisernen Hand hat inzwischen eine Informationstafel am direkt benachbarten Rad- und Wanderweg nach Erda übernommen.
Doch wie soll es mit der Immobilie weitergehen? Wer sie übernehmen will, sollte nach Möglichkeit Visionen für ein gutes touristisches Konzept mitbringen. „Wenn ich es machen würde, dann wäre das etwas mit Pferden, Streichelzoo für Kinder, etwas in der Richtung“, denkt Barbara Märker laut nach und lässt ihren Blick vom Gasthof quer übers Tal zur Jugendburg schweifen. Mit einfacher Küche, die zu Wandertouren passt. Möglich wäre auch ein Treffpunkt für Biker (Motorradfahrer). In ähnlicher Richtung kommen Vorschläge auch von Michael Brück, der aber in dem Punkt meint, dass hier vielleicht der Bürgermeister der Gemeinde Hohenahr gefragt sei. Dieser habe immer recht gute Ideen für Nahtourismuskonzepte.
Potenzial steckt auf jeden Fall in dieser „Eisernen Hand“. Eine Möglichkeit wäre ja, vielleicht die alte Zollstation als touristisches Ereignis wieder aufleben zu lassen. Eine Frage, die vielleicht von den verschiedenen Nachbarkommunen als gemeinsames Projekt über drei Kreise in Angriff genommen werden könnte. Immerhin stoßen im Dunstkreis der Eisernen Hand auch heute drei Grenzen aufeinander: Die des Landkreises Gießen, des Lahn-Dill-Kreises und die des Landkreises Marburg-Biedenkopf.
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