POLITIK und WIRTSCHAFT/BLICK nach BRÜSSEL/POLITISCHE KULTUR
Es wirkte wie Balsam auf die Seele einer Partei, die auf bundespolitischer und landespolitischer Ebene nach der Serie der jüngsten Landtagswahlen, zuletzt in Berlin, fast zur politischen Bedeutungslosigkeit zur verkommen scheint. In Gießen war eine Veranstaltung mit dem wirtschafts- und finanzpolitschen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Hermann Otto Solms zum aktuellen Thema der Euro-Rettung und der FDP-Position so stark überlaufen, dass noch eigens Stühle geholt werden mussten. Der Infoabend fand im Versailles-Zimmer der Kongresshalle statt. Ein Raum, der voll besetzt rund 50 Leute fasst.
Zu der Veranstaltung hatte der Gießener Ortsverband der FDP eingeladen. Dessen Vorsitzender, Dr. Martin Preiß war überrascht, „dass heute doch so viele Leute gekommen sind“. Er habe angesichts der gegenwärtigen Stimmung im Land gedacht, dass das Echo weitaus geringer ausfallen würde. Im Zuge der Veranstaltung sollte klar werden, was die rund 60 Gäste wissen wollte: Wird die FDP ihre Stimme geben zur Zustimmung für die geplante Erweiterung des Euro-Rettungsschirms und wie steht die FDP-Führung zur Position des FDP-Parlamentariers Frank Schäffler? Um es vorweg zu nehmen: Solms bezeichnet Schäffler als Puristen, der auf dem Holzweg sei.
„Unordentlicher Haushalt“
„Griechenland hatte ja schon immer Schwierigkeiten einen ordentlichen Haushalt zu haben. Das ist ja eigentlich nichts neues“, machte Solms an diesem Abend einen Sprung in die Antike. Schon vor 2950 Jahren habe Solon in Athen die Lastenabschüttelung durchgesetzt. Zur Information: Solms Rückgriff in die Geschichte ist keineswegs abwegig: Dem athenischen Staatsmann ging es 594 unter dem als „seisachtheia“ bekannt gewordenen Verfahren darum die hoffnungslose Lage der Kleinbauern zu verbessern, von denen die meisten bis über beide Ohren verschuldet waren und aus dem Schuldenturm nicht mehr herauskamen. Das bewertete Solon als insgesamt schädliche für den Wirtschaftskreislauf seiner Zeit und setzte durch, dass die Gläubiger der Kleinbauern auf ihre Ansprüche verzichteten. Solon wird auch zugeschrieben, die Schuldsklaverei abgeschafft zu haben (Näheres zum Thema: Wikipedia.) Das Beispiel des athenischen Politikers greift unter anderem auch die Schweizer Wochenzeitung in dem Artikel „Von den Griechen lernen“ von Elmar Altvater vom 6. Mai 2010 auf . Wie Solms sagt, sei es aber das einzige Mal gewesen, dass Griechenland zu diesem Mittel gegriffen habe. Finanzielle Probleme hätten das Land immer begleitet.
Seit dem Artikel in der Schweizer Zeitung ist allerdings mehr als ein Jahr vergangen und Griechenland hatte insofern sich die Sympathien in der Öffentlichkeit verscherzt, als es trotz der desolaten Finanzlage nicht die nötigen Sparmaßnahmen einleitete, die von der EU als Vorbedingung für den Schlupf unter den Rettungsschirm gestellt wurde. Aus deutscher Sicht hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel die Positionen 2010 schon festgeklopft. Ihr ging es damals klar darum, den Euro als Währung nicht sterben zu lassen. Zwischenzeitlich hatte der Europäische Rat im Dezember 2010 beschlossen, mit einem permanenten Stabilitätsmechanismus das nachzuliefern, was im Grunde schon 1992 mit dem Abschluss des Maastrichter Vertrag mit Blick auf eine künftige gemeinsame Währung hätte beschlossen werden müssen. Nur, und dies stellte, Solms in Gießen heraus, daran hatte es damals gefehlt. Das einzige was beschlossen wurde, war, dass ein Mitgliedsland, das in eine finanzielle Schieflage gerät, nicht auf die Hilfe der anderen Staaten hoffen durfte, die so genannte No-Bail-Out-Klausel. Hintergrund der Klausel war, dass sich der einzelne Staat, der seine haushaltspolitischen Aufgaben nicht gemacht, zurücklehnen und darauf hoffen könnte, dass die anderen finanzstarken Mitglieder schon aushelfen. Solms verglich diese Lage mit dem Länderfinanzausgleich in Deutschland, der dazu führe, dass ein Land wie Hessen ständig zu den Geberländer gehöre und damit die Lücken finanziere, die andere Landesregierungen mit ihrer Politik reißen würden.
Insoweit war Solms die Zustimmung unter den erschienen Gästen sicher. Der Schnitt kam mit dem zweiten Teil der Veranstaltung, dem Frage- und Antwortspiel zwischen Solms und den Gästen. Gefragt, ob er nun mit für den Euro-Rettungsschirm in seiner neuen Fassung stimmen würde, sagte Solms, er sähe keinen Grund mehr, warum er dies nicht tuen solle. Bei der ersten Abstimmung hatte sich Solms enthalten. Er verwies dabei auch auf das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts.
Das hatte in seinem Urteil vom 7. September 2011 eine Klage wegen fehelnder Verfassungsmäßigkeit der geplanten Euro-Rettung in Teilen zurückgewiesen. Das BVG hatte festgestellt, dass die Rüge wegen drohender dauerhafter Autonomie des Bundestags im Zusammenhang mit der Einführung des Rettungsschirmes zulässig ist. Oder im Klartext: Die Bundesregierung kann nicht, ohne dass der Bundestag Kontrollmöglichkeiten hat, einfach über die Teilnahme Deutschlands am Rettungsschirm entscheiden und dauerhaft wichtige Entscheidungsbefugnisse aus der Hand geben und an eine übergeordnete europäische Instanz abtreten.
Sturkopf Schäffler
Die Befürchtung, die FDP-Fraktion würde nun ohne jeglichen Widerstand und ohne, dass nachverhandelt würde, dem europäischen Rettungsschirm zustimmen, hatte ihrerseits Widerstand ausgelöst, der vom FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler ausgelöst wurde. Schäffler selber, der als geradliniger Vertreter eines klassischen liberalen Kurses gilt, hatte nun insbesondere durch Unterstützung von FDP-Mitgliedern und FDP-Sympathisanten unter anderem über Facebook für seine Position geworben. Ein Ergebnis ist unter anderem die Sammlung von Unterschriften, mit der die Mitglieder gegen die Einführung des permanenten Euro-Rettungsschirmes eingeschworen werden sollen. Als „Euro-Rebellen“ sind Schäffler, der sich damit offen gegen die FDP-Parteiführung in Stellung gebracht hat und seine Mitstreiter damit bekannt geworden. Aus Mittelhessen ist es unter anderem Jörg Behlen aus der Gemeinde Ebsdorfergrund, der Mitglied des Kreistags Marburg-Biedenkopf ist und Vorsitzender der FDP-Kreisverbandes. Behlen kritisiert offen die Berliner FDP-Positionen. In Gießen stellte dafür Dr. Solms fest, dass er Schäffler gut kenne. „Aber er ist ein Westfale. Und Westfalen können stur sein. Schäffler ist Purist. Damit kommt man in der realen Politik aber nicht unbedingt weiter. Außerdem liefert er nur Kritik ohne selber mit Lösungen zu kommen. Ich gehe davon aus, dass die Mitglieder unseren Kurs unterstützen“, umriss Solms seine Position. Mit dieser Position kennzeichnete er in Gießen den Kontrast zu den Parteifreunden im benachbarten Landkreis Marburg-Biedenkopf.
Peter meint
Da hat die FDP bei 6 Landtagswahlen in Folge massive Verluste eingefahren und was passiert bei der Führung? Nichts. Es sollte doch wohl jedem Parteistrategen klar sein, dass mit einen Mann wie Rösler das so bleiben wird. Der stellt doch nichts dar. Mit dem weiter so wird die FDP immer mehr in den Abrund fahren und langsam sage ich, selber schuld.
Susi meint
Für die Kanzlerin war es wie eine Regierungserklärung vor Millionenpublikum: Mit einem Auftritt bei Günther Jauch hat Angela Merkel die Euro Schicksalswoche eingeläutet, in der über den vergrößerten Rettungsschirm abgestimmt wird. Ihre Botschaft: Die Lage ist ernst, aber unter Kontrolle. Sodele, warum sollten wir das glauben. Wurde uns nicht auch versichert, dass wir nicht für die Schulden anderen zahlen sollen. Und nun zahlen wir für die Griechen, Italiener, Spanier, und und und. Ich glaube den Politikern nichts mehr.
FrankW meint
Bitte teilt den Aufklärungslink gegen den ESM-Vertrag mit euren Freunden, Bekannten auf Facebook (an die Pinnwand des Freundes posten), per Mail und so weiter – die Zeit wird knapp, umso mehr sich darüber informieren, um was es sich bei diesem diktatorischen Ding handelt, umso besser!
Hier der Link zu dem Video auf YouTube
http://www.youtube.com/watch?v=d6JKlbbvcu0