Liebe Mittelhessenblogleser: Ihr Dorf heißt Roßbach? Dann gibt es das in Deutschland gleich 14 mal, in Österreich zweimal und in Tschechien einmal. So steht es zumindest in der Wikipedia. Was aber nicht darin steht ist dieser Aufruf: Schauen Sie doch einmal zur Haustür hinaus sehen Sie sich Ihre Straße an. Ist die gerade frisch saniert worden? Oder sammeln sich nach einem plötzlichen wolkenbruchartigen Schauer die Regenfluten und bilden ein vorübergehendes Refugium für Molche, Enten und sonstiges Wassergetier? Wie auch immer. Im mittelhessischen Roßbach, einem Ortsteil der Gemeinde Bischoffen, regt sich seit kurzem ein Protest eigenwilliger Art.
„Streetgolf , the next 2,7 Kilometer“ weist das Schild jeden Autofahrer auf die möglicherweise sich ums Eck bietende sportliche Beeinträchtigung hin. Doch mit der erwarteten Sportart hat das Schild nichts zu tun. Eher mit landespolitischen Zwängen.
Etwas weiter oberhalb sieht man das reguläre Warnschild, mit dem sich die Kommunen und Landkreise angesichts der knappen Kassenlage aus der Schlinge der versicherungsrechtlichen Frage ziehen, wer denn nun eigentlich für den Schaden aufkommt, wenn im günstigsten Fall ein Achsschaden auf den Schlaglochpisten entsteht, die eher etwas von verflossenem DDR-Charme als einer ehemals westdeutschen Landstraße haben. „Uns wurde gesagt, das wird auf jeden Fall gemacht“, berichtet eine junge Mutter, die an der L 3287 wohnt. Sie ist erst seit kurzem ins das kleine Dörfchen gezogen. Die Straße ist die Verbindungsstraße zwischen dem Naherholungsgebiet Aartalsee und der Bundesstraße 255 auf der einen Seite und der L 3047, die als Umgehungsstraße von der A 480 bei Gießen beginnend den Verkehr zur B255 lenkt. Die B 255 führt auf der einen Seite weiter Richtung Montabaur, auf der anderen Seite nach Marburg. Dem kleinen Sträßchen, der L 3287 kommt also für diejenigen, die eine große Ecke auf dem Weg vom Aartalsee kommend Richtung Gießen und A 480 abschneiden wollen, eine gewisse Bedeutung zu. Insofern meint denn die junge Mutter auch, dass die sich über 2,7 Kilometer besonders heftig hinziehenden Schlaglöcher eine gewisse verkehrsberuhigende Wirkung haben. „Aber so richtig toll ist das dann doch nicht“, so die junge Frau.
Das Schild in dem Bischoffener Ortsteil zeigt eines: Die Menschen dort haben Galgenhumor. Denn von dem einstmals als Finanzspritze aufgelegtem Konjunkturprogramm in Hessen mussten über 70 Straßenbauprojekte gestrichen werden. Es ist gerade etwas mehr als ein Jahr her, das verkündete die hessische Landesregierung nocht, dass aus dem vollen geschöpft und über 200 neue Projekte aufgelegt werden sollten. Auch Straßen sollten saniert werden. Das berichtet der Hessische Rundfunk am 17. März 2009. das Logistikportal DVZ.de berichtet aktuell von über 70 Projekten, die in Hessen verschoben werden sollen. Der hessische Wirtschafts- und Verkehrsminister Dieter Posch (FDP) wird darin zitiert, ein Kilometer Straßenbau könne schon einmal verschoben werden, Bildung dagegen nicht. Von den Sparmaßnahmen seien die Bauprojekte bei den Landstraßen betroffen, nicht aber die Autobahnen, die unter Bundesregie fallen. Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) spricht in einer Presseerklärung zwar von einem grundsätzlich richtigem Schritt, lobt auch das Signal, das von Hessen mit dem Stopp des Ausbaus der Autobahn A4 ausgeht. Aber, die Nabuleute sprechen auch von jahrelangen straßenbaupolitischen Fehlinvestitionen, die sich nun in den maroden Landes- und Kommunalstraßen rächen. Es ist demnach kein rein hessisches Problem. In den Roßbachs dieser Republik kann es also durchaus auch so aussehen. Ob es so ist, das zu bestätigen oder zu dementieren: Hier sind Sie, liebe Mittelhessenblogleser gefragt. Hinterlassen Sie einfach am Ende des Artikels einen Kommentar.“
Das mittelhessische Staufenberg hatte insofern Glück: Von politischer Prominenz konnte die Stadt profitieren. Dort wurde in einem in seltener parteiübergreifender Einigkeit von SPD (Stadt) und CDU (Land) das erste Teilstück einer Ortsumgehung vom künftigen hessischen Ministerpräsident Volker Bouffier eingeweiht. Gleichzeitig wurde in Aussicht gestellt, dass die restliche Strecke 2012 ebenfalls eröffnet werden könne. Insgesamt ist die Strecke 1,64 Kilometer lang und die Kosten des Baus des ersten Teilstücks von 600 Metern beliefen sich auf rund 4,3 Millionen Euro. Die Frage ist, wieviel würde die zumindest winterfeste Sanierung des 2,7 Kilometer langen Teilstücks der L 3287 im Bischoffener Ortsteil kosten. Und die weitere Frage, welche Prioritäten in der Sanierung der maroden Straßen spielen eine Rolle. Im mittelhessischen Staufenberg war es neben dem jahrelangen Drängen einer Bürgerinitiative für den Bau der Umgehung, sicherlich auch die Nähe der Didierwerke, die Garant für einen Weiterbau sein dürften.
Doch wie sieht es in Roßbach. Bischoffen aus? Gibt es dort ebenfalls einen prominenten Politiker, der aus der Region stammt? Gibt es ein international agierendes Werk? Das Mittelhessenblog wird in gewohnter Strategie offene Anfrage an das hessische Wirtschaftsministerium, an das zuständige Amt für Straßen-und Verkehrswesen und an die Bischoffener Kommunalverwaltung stellen und die Reaktionen ebenso offen dokumentieren.
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