Liebe Mittelhessenblogleser: Wieder ein Thema, das nicht originär mittelhessisch ist aber doch auch Mittelhessen berührt. Denn die diversen Druckerzeugnisse, die das Haus Springer verlassen, werden sicherlich auch unter den 1,5 Millionen Mittelhessen zwischen Haiger und Lauterbach, Biedenkopf und Langgöns-Espa gelesen. Welt-Kompakt auch. Womit wir bei des Pudels Kern wären.
Denn die soll es am 1. Juli auch geben. Vollkommen kostenlos hergestellt, jedenfalls was die Inhalte betrifft. Sie müssen am Kiosk aber vermutlich wie gewohnt etwas bezahlen. Oder Sie versuchen, die Zeitung so mitzunehmen. Vermutlich bekommen Sie dann eine Diebstahlsanzeige. Wohlgemerkt: Ich fordere Sie hier nicht auf, das tun. Dann würde ich mich strafbar machen. Wegen Anstiftung zu einer Straftat. Im moralischen Sinn tut das aber gerade die Springer AG. Und das geht so:
Stellen Sie sich vor, Sie sollten mal eben für einen Tag in der Bäckerei die Brötchen backen, in der Herrenabteilung Anzugkäufer beraten oder meinetwegen auch für einen Tag die Geschicke der Stadt Gießen, Marburg, Herborn oder Alsfeld lenken. Sie bekommen dafür kein Geld, sondern nur eben die Spesen bezahlt. Gut soweit. Aber gesetzt den Fall, Sie sind selber Bäcker, Fleischer oder gehen sonst einer selbständigen oder freiberuflichen Tätigkeit nach. Vermutlich fänden Sie es dann auch nicht witzig, wenn plötzlich die Handelskette XY oder der Discounter Z oder die überregional arbeitende Wirtschaftsprüfergesellschaft plötzlich einen Aufruf an alle Hobbybäcker, Freizeitschneider oder Zahlenfreaks losließe: Passt mal auf Leute, wir machen da mal ein Experiment und Ihr dürft einen Tag mal die Brötchen backen, die Wurst machen oder Bilanzen prüfen. Wir zahlen Euch die Anfahrt, Übernachtung und das Essen, Außerdem gibts noch ne geile Party.“ Sie als Freiberufler, Selbständiger, Gewerbetreibender oder mittelständischer Unternehmer würden angesichts dieses Experiments wahrscheinlich nich besonders druckreife Gedanken haben. Und vermutlich würden die Zeitungen in Ihrer Region darüber schreiben und darauf hinweisen, welches schlechte Signal von einem solchen Experiment für die Wirtschaft ausginge, wenn es sich denn als Wiederholungstat entpuppen würde. Die Aufregung geschähe zu Recht. Denn am Ende stünden unter Umständen Einkünfte, Existenzen auf dem Spiel.
So weit so gut.
Aber genau dieses Szenario entwickelt gerade die Springer AG. Mit ihrem Versuch, namhafte und weniger namhafte bloggende Journalisten, Blogger und sonstige Medienmenschen einzuladen und für einen Tag das „Internet zu drucken“ wie es mittlerweile in Netzkreisen heißt.
In der Bloggerszene oder Blogosphere werden in dieser Sache bereits intensive Debatten ob des Sinns oder Unsinns geführt.
Springer will nur die Kosten des Aufenthalts der Teilnehmer übernehmen, aber kein Honorar zahlen. Dafür soll aber ein professionelles Produkt entstehen, das auch verkauft werden soll. Vor dem Hintergrund seien die jüngsten Urteile zum Gebaren der Springer AG gegenüber freien hauptberuflichen Journalisten erwähnt. Die Springer AG wurde darin aufgefordert, angemessene Honorare zu zahlen. Das Urteil hat Signalwirkung für das gesamte Bundesgebiet, für Berlin genauso wie für Hessen, NRW oder Bayern. Vor dem Hintergrund sollte man das Weltkompakt-Experiment mit anderen Augen sehen.
Im folgenden der Verweis auf ein mögliches Kostenbeispiel, das als Kommentar des Mittelhessenblog bei Gefühlskonserve erschienen ist
Daniel Schultz meint
So wie ich das verstanden habe, ist man auf Grund des Wirbels zurückgerudert und biete jetzt doch ein Honorar an. Was aber an der ursprunglichen Intension nichts ändert.
Christoph von Gallera meint
Lieber Daniel Schultz,
herzlichen Dank für den Kommentar. Ich bereite gerade eine offene Anfrage vor, die ich an den Pressesprecher der Springer AG per Mail senden werde. Die Anfrage und eine wie auch immer ausfallende Reaktion oder Nichtreaktion werde ich hier ebenfalls online stellen.
Christoph v. Gallera
Mittelhessenblog
Daniel Schultz meint
Dann drück ich mal die Daumen! Christoph Keese hat am Montag erst einen Termin mit Kai Biermann und mir platzen lassen:
http://www.presseschauer.de/?p=1180